Klub Hannah mit Yasmina Abd Elrahman

Yasmina riss uns mit ihrem Vortrag mit Foto: Dorothee Elfring
Warum male ich, was ich male?
Im Oktober war die Künstlerin Yasmina Abd Elrahman, auch bekannt unter ihrem Künstlernamen MinaJoe, bei uns im Klub Hannah zu Gast. Die in Aachen geborene Künstlerin war mehrere Jahre eine engagierte Sonderschullehrerin in München, bevor sie ihrem inneren Ruf folgte, alles hinter sich ließ und nach Barcelona ging, um sich ganz der Kunst zu widmen. Ihre Arbeiten kreisen um Authentizität, Weiblichkeit und das Sichtbarmachen innerer Wahrheit – geprägt vom Kubismus und ihrer Kundalini-Yoga-Ausbildung.
Zu Beginn ihres Vortrags stellt sie zwei Fragen, die ihren Lebensweg prägen: Warum male ich, was ich male? Und warum habe ich meinen sicheren Job aufgegeben?
Schon im Referendariat in Bayern – eigentlich nicht ihr Wunschort – begann eine leise Verschiebung. Ihre kunstbegeisterte Ausbilderin erkannte früh ihr Talent und bestärkte sie darin, selbst kreativ zu arbeiten. In dieser Zeit wurde ihr das Malen zum nächtlichen Ausgleich, zum Raum für Zweifel, Müdigkeit und Identitätssuche. Sie begann, ihre Farben auf jede Reise mitzunehmen.
Ein Schlüsselmoment entstand auf einer Kroatienreise: Am Strand malte sie ihre ersten nackten Frauen – roh, verletzlich, echt. Das Motiv überraschte sie selbst. „Das, was du bist, bist du, wenn du nackt bist“, dachte sie. Und sie fragte sich, warum weibliche Nacktheit so automatisch sexualisiert wird. Warum Frauen sich so oft anpassen müssen – an Blicke, Erwartungen, Ideale. Also malte sie ihre Frauen anders: mit Haaren, schiefen Körpern, mit Merkmalen fernab des Schönheitsfilters. Wahrhaftig.
Ihre künstlerische Arbeit wurde begleitet von intensiven Farbstudien – in ihrer Abschlussarbeit über Paul Klee und August Macke, mit ihrer Schulklasse im Morgengrauen, auf Reisen durch Frankreich, Spanien und Marokko. Farben wurden zu ihrem inneren Kompass.
Auch als Pädagogin lernte sie enorm viel von ihren Schülern, die durch Kunst eigene Blockaden lösten. Und irgendwann sagten sie zu ihr: „Du sagst uns immer, wir sollen unserem Herzen folgen. Dann mach du es doch auch.“
Dieser Satz traf sie tief. Das Beamtenleben wurde zur Komfortzone ohne Resonanz. Die Schule zehrte an ihren Kräften, während die Kundalini-Yoga-Ausbildung sie immer stärker zu sich selbst führte. 2020 fasste sie Mut und kündigte ihre Beamtenstelle – sehr zur Irritation ihrer Vorgesetzten. Den Kindern erklärte sie, dass auch sie selbst lernen müsse, auf ihr Herz zu hören.
Barcelona wurde ihr Ziel – eine neue Sprache, ein Neuanfang. Doch die ersehnte Stelle an der Deutschen Schule ließ auf sich warten. Übergangsjobs, Unsicherheit, Eisbaden gegen die Angst: Sie blieb dran. Kurz bevor sie alles infrage stellen wollte, bekam sie doch das Angebot. Doch auch dort war ihre Zeit knapp, ihre Energie am Limit.
Freunde sagten schließlich: „Bringe deine Kunst auf die Straße.“ Und sie hörte zu.
2023 beobachtete sie nahe dem Picasso-Museum einen Künstler, der am helllichten Tag eine Wand bemalte. Sein Mut inspirierte sie. Sie kaufte Farben, fand eine Leiter, und plötzlich halfen Fremde – als sei es das Selbstverständlichste der Welt. So entstand ihre erste Wand. Danach bemalte sie Türen, Tore und Persianas, mittlerweile über vierzig. Die Straße wurde zu ihrem Atelier.
Für sie ist Streetart der demokratischste Ort für Kunst: Offen, im Dialog mit allen. Natürlich stößt sie mit ihren nackten Frauenfiguren auch auf Widerstand, besonders in der männlich dominierten Graffiti-Szene. Doch genauso erlebt sie Solidarität, Unterstützung und immer wieder Momente, die Mut machen. Ihr Leben bleibt voller Ungewissheiten. Aber eines weiß sie sicher: Ihre Stimme ist die Kunst. Ihr Wunsch: Dass Menschen in ihrer Kunst ein Stück von sich selbst entdecken.
Heute schreibt sie für unseren TaschenSpiegel über Streetart und porträtiert junge Künstlerinnen und Künstler. (s. S. 21)
Von Ina Laiadhi, November 2025
Kontakt
Instagram: @minajoe.art
E-Mail: info@minajoe.com
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Klub Hannah im Januar
mit Linda Osusky, Investigativjournalistin und Dokumentarfilmemacherin mit Fokus auf Sozial- und Umweltthemen.
Termin wird noch bekannt gegeben
Goethe Institut Barcelona
Carrer de Roger de Flor, 224, Barcelona
Schlagwörter: Frauen
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