Zum Jahresende hin werden die Spanier feierfreudig.

Festlich geschmückt werden alle Gassen, Foto: laiadina
Viele Feiertage geben Raum, um sich in weihnachtliche Stimmung zu bringen.
Begonnen wird der Reigen mit der Puente de Diciembre, der „Dezemberbrücke“, die sich aus zwei nicht verbundenen Feiertagen zusammensetzt und alle Jubeljahre dazu führt, dass man in einer Woche nur jeden zweiten Tag arbeiten muss.
Der erste dieser beiden Feiertage ist der Día de la Constitución, der Tag der Verfassung am 6. Dezember. Dieser Tag erinnert an den 6. Dezember 1978, als das spanische Volk nach langen Jahren der Diktatur für die Verfassung stimmte, die noch heute in Kraft ist. Im Jahr 1983, also zu ihrem fünfjährigen Bestehen, wurde per Gesetz bestimmt, dass dieser Tag ein Nationalfeiertag wird. Für die Kinder ist es besonders schön, da sie auf diese Weise am Nikolaustag keine Schule haben und mit der ganzen Familie zuhause bleiben können.
Der zweite Brückentag ist der Día de la Inmaculada Concepción, der Tag der unbefleckten Empfängnis am 8. Dezember. Wer vom Weihnachtstag zurückrechnet, kommt schnell drauf, dass es sich nicht um die Empfängnis des Jesuskindes handelt, sondern eine Generation vorher um die unbefleckte Empfängnis der Gottesmutter Maria (Geburtstag überliefert mit 9. September, passt). 1854 proklamierte Papst Pius IX, dass Maria gänzlich frei von der Erbsünde sei, ihre Mutter Anna sie folglich auch unbefleckt empfangen haben müsse. Seitdem ist der 8. Dezember ein hoher katholischer Feiertag, also auch in ganz Spanien arbeitsfrei.
Der nächste festliche Höhepunkt, ist Nochebuena, Heiligabend auch Víspera de Navidad genannt. Der 24. Dezember ist in Spanien wie auch in Deutschland kein offizieller Feiertag. Viele Arbeitgeber geben aber stillschweigend bereits den Nachmittag frei. Der Brauch ist, dass sich am Abend die Familie zusammenfindet, um gemeinsam zu essen. Hierbei ist es üblich, Speisen zu servieren, die keinen großen Aufwand benötigen, Meeresfrüchte, Wurst und Schinken. In Katalonien wird Heiligabend weniger zelebriert. Hier trifft man sich auch gerne nur mit Freunden. Ein traditionelles Gericht gibt es trotzdem, die typische Escudella i Carn d’olla. Das ist eine deftige Weihnachts- oder Wintersuppe aus Brühe mit Fleischeinlage – gern auch mit Butifarra – Möhren, Zwiebeln, Kichererbsen und den großen Galets genannten Nudeln. Beim Nachtisch sind sich alle wieder einig, es gibt Turrons, Marzipan und Polvorones. Eine Tradition ist es, sich dabei vor dem Fernseher zu versammeln und die Weihnachtsansprache des Königs anzuhören.
Der 25. Dezember, Navidad, ist wieder ein nationaler Feiertag. Er wird traditionell in Familie gefeiert und je nach familiärer Prägung erhalten die Kinder schonmal ein paar Geschenke. In Spanien gibt es im Gegensatz zu Deutschland nicht den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag, sondern nur einen Weihnachtstag. In diesem Jahr leitet er ein langes Weihnachtswochenende ein, zumindest hier in Katalonien und auf den Balearen.

Der 2. Weihnachtsfeiertag wird nämlich in Katalonien als Sant Esteve oder San Esteban gefeiert. Anlass ist die Ehrung des Heiligen Stefan, eines der ersten christlichen Märtyrer. Als autonomer Feiertag in Katalonien geht er auf das 9. Jahrhundert und die Zugehörigkeit der katalanischen Gebiete zu den Karolingern zurück. Im Gegensatz zum Rest von Spanien, der dem Bistum Toledo unterstand, gehörte Catalunya zum Bistum Narbonne. Da die Karolinger sehr auf die Einigkeit der Familie bedacht waren, auch wenn diese sehr verstreut wohnte, nahm man kurzerhand den Día de Sant Esteban als arbeitsfreien Reisetag zu den Weihnachtstagen hinzu. In Zeiten des schnellen Reisens wird der Feiertag als Erholungstag vom Weihnachtsstress genutzt. Dazu gehört auch das traditionelle Essen der Canelones: flache Nudeln, die mit den Resten des gestrigen Festessens gefüllt, gerollt und mit Bechamelsoβe und geriebenem Käse überbacken werden.
Der Tag der Unschuldigen, Día de los Inocentes, am 28. Dezember ist mal kein Feiertag, hat aber eine besondere Tradition. Eigentlich gilt er dem Gedenken an die unschuldigen Kinder, die im Auftrag des Herodes ermordet wurden, weil dieser in dem Neugeborenen Jesus eine Bedrohung sah. Heute hat der Tag im spanischsprachigen Raum allerdings eine humoristische Konnotation. An diesem Tag werden Späßchen betrieben und Anekdoten kreiert, wie bei uns zum 1. April. Diese Inocentadas sind allerdings rein freundschaftlich gemeint.

Die letzte Nacht des Jahres wird zünftig verabschiedet. Nochevieja, alte Nacht heißt Silvester hierzulande, das kommt wahrscheinlich aus dem alten Rom, das den Gott Janus, Herr über Beginn und Ende, mit einem zweigesichtigen Kopf darstellte, das alte Gesicht blickte auf das Ende, das junge auf den Neuanfang. Daher heißt der erste Monat im Jahr auch nach Janus Januar. Das Böllern und Knallern haben die Katalanen ja schon mitten im Jahr an Sant Jordi erledigt, so feiert man den Jahreswechsel einfach nur ausgelassen mit Freunden. Um Mitternacht werden in ganz Spanien Weintrauben gegessen. Zu diesem Zweck wird aus Madrid von der Puerta del Sol spanienweit der Glockenschlag übertragen. Zu jedem Glockenschlag eine uva verspeist, Glück und Segen für das Neue Jahr verheißt. Wenn dann der erste Schritt in den Januar mit dem rechten Fuß gesetzt wird, kann nichts mehr schief gehen.
In der Nacht zum 6. Januar kommen die Heiligen drei Könige. Der 6. Januar Reyes ist ein hoher katholischer Festtag und also auch ein spanienweiter Feiertag. Am 5. Januar landen die Könige Gaspar, Melchior und Balthasar in Küstenstädten wie Barcelona per Schiff (schon mal vormerken: 16.30h Portal de la Pau). Später im Dunkeln zieht dann die Cabalgata de Reyes ähnlich spektakulär wie die Karnevalsumzüge in Deutschland durch die Stadt. Von den großen Festwagen werden Süßigkeiten geworfen. Einen Plan für den Umzug in Barcelona gibt es unter www.barcelona.cat/nadal/ca/els-reis-dorient/la-cavalcada-de-reis, los geht’s um 18h. Wer da etwas sehen möchte, muss sich allerdings deutlich früher einen Platz sichern oder eine Leiter mitbringen.
Am 6. Januar versammeln sich die Familien, es gibt die langersehnten Geschenke, ein Festessen und zum Nachtisch den Roscón de Reyes, einen ringförmigen Kuchen, der zwei Überraschungen bereithält. Eine kleine Figur krönt den Finder in dessen Kuchenstück sie auftaucht, zum König für ein Jahr, eine eingebackene Bohne bestimmt, wer den Festschmaus bezahlen darf.
Von Kati Niermann, November 2025
Schlagwörter: Barcelona, Kultur, Traditionen
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