Und ewig lockt das Brot
3200 Brotspezialitäten backt das Bäckerhandwerk. Fotos: D.GreinerEs hat sich gerade von mir schmieren lassen, dick mit Butter, so liebe ich mein Frühstücksbrot. Offensichtlich bin ich nicht die Einzige. Das bestätigen 1.700.000 Tonnen Brot, die im Jahr 2021 in deutschen Haushalten eingekauft wurden. Dabei geht es um jede Menge ganz verschiedener Brotsorten. Man sprach mal von 300 Sorten, aber das ist längst vorbei. Inzwischen sind 3.200 verschiedene Brotspezialitäten beim deutschen Bäckerhandwerk aufgelistet.
Wer eine deutsche Bäckerei betritt, hat die Qual der Wahl. Der Anblick der vollgepackten Regale macht es einem echt schwer. Da gibt es runde, eckige, längliche, kleine, große, helle, dunkle , gelbe, schwarze, mit und ohne Körnern, mit harter oder weicher Kruste, Steinofenbrot, Mischbrot, Knäckebrot, Schwarzbrot; auf welche Sorte passt besser Wurst und Käse, auf welche unsere beliebte Erdbeermarmelade. Das will beim Einkauf alles gut überlegt sein. Die vielen Brotnamen dazu kann sich eh keiner merken. Also ist es kein Wunder, dass das Brot mit dem Namen „das da“ besonders oft verkauft wird.
Wie kommt es, dass gerade Deutschland Weltmeister in der Brotsortenvielfalt ist? Es hat sicher etwas mit dem Klima und der Bodenbeschaffenheit zu tun. Bekanntlich gedeiht im Norden der Roggen sehr gut, im Süden wächst der Weizen besser. Dinkel ist etwas anspruchsloser und wächst in verschiedenen Gebieten. Gerste wird nur als Zusatz bei einigen Brotsorten verwendet und wird dennoch in Bayern in großen Mengen angebaut. Logisch, dort braucht man sie fürs Bier. Aber unsere eigentlichen Getreidesorten sind Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Mais, Hirse und Dinkel. Daneben gibt es noch viele Unterarten. Aber die vielen verschiedenen Brotsorten bestehen aus den sogenannten Brotgetreiden: Weizen, Dinkel, Roggen und den daraus entstehenden Mischungen. Dazu kommen die vielen Dinge, die dem Mehl zugesetzt werden wie Malz, Kartoffeln, Quark, Leinsamen, Nüsse, Samen und vieles mehr. Alles geht und macht unser Brot noch reicher an Vitaminen, Mineralstoffen und Eisen.
Brot hat eine sehr lange Tradition. Schon vor 6.000 Jahren backten die Ägypter ein mit Sauerteig hergestelltes Brot. Es war wohl mehr ein Brei, auf den man einen heißen Tontopf stülpte und dadurch so eine Art Fladenbrot erhielt. Mit den Römern kam das Brot nach Europa. Das wildwachsende Getreide von damals hat kaum noch etwas mit unserem heutigen Getreide zu tun. Züchtungen und Kreuzungen haben immer wieder zu Veränderungen geführt. Dadurch wurde es ertragreicher oder auch resistenter gegen Ungeziefer und Klimaschwankungen. Auch heute forscht und kreuzt man eifrig weiter, um die Ähren noch größer und die Halme noch stabiler zu machen.
In Deutschland gibt es ein Brotregister und am 18. Mai wird jedes Jahr der Tag des Brotes begangen. Natürlich gibt es auch eine Brotumfrage: Welches Brot essen Sie am liebsten? Dieses Mal steht das Toastbrot an erster Stelle. Kaum zu glauben: dieses wattige, weiße Viereck, das doch erst durch Toasten überhaupt sowas wie Geschmack bekommt, soll unsere Leidenschaft in diesem Jahr sein? Was haben wir Deutschen in den verschiedenen Auslandseinsätzen eigentlich immer am meisten vermisst? Klar, Schwarzbrot! Wenn man es bekam, war das Seeligkeit pur und ja, ein Gefühl von Heimat.
Viele schleppten es im Koffer aus Deutschland mit. Auch nach Spanien, denn hier liebt man das Weißbrot. Man benutzt es beim Essen als Schieber, tunkt die Soße damit auf, genießt es als pan con tomate, belegt es als tapas mit Variationen, die fast so abwechslungsreich wie unsere Brotsorten sind. Und alles schmeckt durchaus lecker. Aber auch in Spanien ändert sich im Lauf der Zeit der Geschmack und heute findet man in vielen Bäckereien eine große und sehr schmackhafte Auswahl an dunklem Brot: von Mischbrot über Dinkel-, Roggen-, Nuss- und Körnerbrot aller Art. Es aus Deutschland hierher zu schleppen, hieße heute Eulen nach Athen tragen.
Während junge Spanier die neue Brotvielfalt durchaus genießen, haben ältere Leute, vor allem auf den Dörfern, noch ein Problem damit. Dunkles Brot wird immer noch zu sehr mit Krieg und Armut in Verbindung gebracht. Viele kleine Dorfbäckereien würden gerne mehr Brotsorten anbieten, aber noch stellte es sich oftmals als Verlustgeschäft heraus.
Weshalb wir unser Brot so lieben und es in all seiner Vielfalt so toll finden? Es gibt praktisch keine Gelegenheit, zu der man es nicht verwenden könnte: morgens, mittags, abends, belegt, bestrichen, heiß oder kalt, süß oder salzig, an kalten oder heißen Tagen, bei Festen genauso wie beim Picknick, es schmeckt einfach immer!
Von Dixi Greiner, Juli 2022