Fortschritt braucht Kreativität!
Es geht also um nichts anderes als darum, etwas nie Dagewesenem zum Leben zu verhelfen, es geht um eine schöpferische Neuschaffung.
Von Klaus Christ
Betrachten wir alle Erfindungen dieser Welt, dann stellen wir fest, dass dahinter meist Menschen standen, welche über ihr Fachgebiet hinaus weitreichende Interessen hatten. Nehmen Sie als Beispiel Albert Einstein. Er war ein sehr neugieriger Mensch, er blickte immer über den Tellerrand seines Fachgebietes und verknüpfte seine Gedanken zum Beispiel auch mit philosophischen und künstlerischen Fragen.
Wissenschaftliche Untersuchungen stellten fest, dass Kreativität nicht mit der Höhe der menschlichen Intelligenz korreliert, also je höher der IQ, desto kreativer ist der Mensch. Mitnichten. Überhohe Intelligenz ist meist eine Scheuklappen-Intelligenz und hat den Autismus zur Nachbarschaft. Deutlich zeichnen sich Kreative dadurch aus, dass sie Gegensätze wie Fantasie und Realitätssinn, spielerisch und gleichzeitig diszipliniert sein, in sich vereinigen können. Dadurch unterscheiden sie sich von Tagträumern oder Spinnern, welche nur in den „Wolken leben“.
Der Begriff der Kreativität lässt sich letztendlich nicht vollständig definieren, wie andere Begriffe. Nicht umsonst streiten Fachleute aus Psychologie und Hirnforschung seit Jahrzehnten über die genauen Grenzen des Begriffs. Er ist eher zu umschreiben. Das ist auch leicht einsichtig, denn Definition heißt auch begrenzen und Kreativität als solche lässt sich nicht festlegen, sie lässt sich nicht einsperren. So kann man eher sagen welche Faktoren Kreativität fördern und welche sie hemmen, welche Umgebung Kreativität braucht, welche Dinge und Verhaltensweisen kreative Menschen benötigen.
Entwicklung verläuft in Zyklen von Aufbau und Abbau. Neue Geschäftsideen werden geboren und gehen wieder unter, es sei denn, man ist bereit für Neues, offen, kreativ, bereit, Zukunft zuzulassen. Der bildende Künstler als Beispiel lebt ständig in solchen Schaffensprozessen von Neugestaltung und Loslassen von Dingen, welche er bereits geschaffen hat. Mit hoher Risikobereitschaft, mit Mut und Ausdauer verwirft er Altes um Neues hervorzubringen: Er kann und will sich nicht ausruhen auf alten Lorbeeren, er ist neugierig, was da als Neues auf ihn zukommt, wenn er im Arbeitsprozess ist. Verliert er diese Neugier, dann wird er zum Wiederholer, zum Kopisten und er ist am Ende. Dann geht es ihm vielleicht nur noch um die Geldvermehrung. Dafür gibt es ja auch Beispiele. Ein echter Künstler bleibt Zeit seines Lebens neugierig, hat diesen inneren Antrieb, diese innere Motivation, unabhängig von äußeren Gegebenheiten.
Mag auch das Schaffen des Künstlers ein Urbild des kreativen Menschen sein, so hat doch jeder Mensch in sich das Potential kreativ zu sein. Die meisten Menschen verbieten es sich, kreativ zu sein, und wenn ich in meinen Seminaren nachfrage, woher das kommt, diese inneren Barrieren zu haben, dann kommt oft zur Antwort, dass irgendein Erwachsener zu ihm als damaliges Kind sagte: „Stell Dich nach hinten, du kannst nicht singen!“ oder: „So sieht kein Baum aus, schau, so musst du den Baum malen!“ In der üblichen Erziehung haben wir viele solcher „Kreativitätskiller“ und die Menschen werden als Kinder „begradigt“, wie ehemals mäandernde Flüsse, sie werden „effektiv“ gemacht. Solche negativen Glaubenssätze tragen die meisten Menschen ihr ganzes Leben mit sich herum und sie können nicht ihr in ihnen schlummerndes Potential entwickeln. Wird das bewusstgemacht und man versetzt sich einmal in die Lage, wie ein 4-5 jähriges Kind, welches ungehemmt spielen darf, welches ungestört phantasievoll sein darf, ohne dass jemand hinter ihm steht und sagt „Mach dich nicht schmutzig, benimm dich“ usw., dann geht plötzlich ein Knopf auf und der Mensch getraut sich, kreativ zu sein. Und er erkennt sogar, dass es immer wieder Situationen in seinem Leben gab, wo er kreativ handelte, oder handeln musste, um etwas in seinem Leben oder in einer beruflichen Situation zu verändern.
So sagt z.B. Picasso: „Jeder Mensch ist ein Künstler (Kreativer). Die Frage ist nur, wie es einer bleiben kann, wenn er aufwächst.“ Auf gesellschaftliche Veränderungsmöglichkeiten hin orientiert sagt Ähnliches auch Joseph Beuys.
Was fördert Kreativität?
Neugierig sein, vertiefte Wahrnehmung (genaues Hinsehen), Mut entwickeln Grenzen zu überschreiten, Spontaneität, Fehler machen dürfen, aktives Problembewusstsein, gesundes Selbstwertgefühl, für seine Überzeugungen einzustehen, Durchhaltevermögen, eine Idee in die Tat umzusetzen, Freude am eigenen Tun, ein angstfreier Raum, eine flache Hierarchie, sich Zeit und Muße nehmen, Interesse für angrenzende Gebiete, Identifikation mit dem eigenen Tun, Spaziergänge in der Natur…
Was sind Kreativitätskiller?
Zeitdruck, Angst zu versagen, alte negative Glaubenssätze, Bedenkenträger wie Sicherheitsexperten oder Rechtsberater, welche neue Ideen schon im Keim ersticken, negative Kritik, autoritäre Chefs, pyramidale Unternehmensstrukturen, Nervösmacher wie zu viel Fernsehen oder zu viel Input durch digitale Medien, keine Zeit haben, aber auf der anderen Seite Zeit vergeuden, starre Lösungswegfixierung, Leistungsdruck, Konformitätsdruck, negative Lebenseinstellung, Perfektionsdruck…
Kreativität kann man also nicht auf Knopfdruck erzeugen oder abrufen. Was man tun kann, ist aber einen äußeren und inneren Raum zu schaffen, wo Kreativität entstehen kann.
Natürlich gibt es viele Kreativitätstechniken, wie
- Brainstorming
- Walt-Disney Strategie
- Perspektivwechsel- Methode (Edward Bono)
- Methode 365
- Mind Mapping
usw.
Für mich ist für das „Kreativwerdenwollen“ das Wichtigste, die Bereitschaft, sich zu entwickeln, sich auf Neues einlassen zu wollen und dafür braucht es auch das tägliche Üben, z.B. einmal einen andern Weg zur Arbeit nehmen, sich seine Gegend genauer anschauen, seinem Kollegen mal ohne feste Vorstellungen und eher neugierig begegnen, sich wechselnd Gegenstände vornehmen und damit spielen im Sinne von: was kann ich denn damit noch tun als den festgelegten Zweck… Es gibt tausende individueller Möglichkeiten, Dinge einfach einmal anders zu tun und sich dabei zu beobachten, was dies bei einem selbst hervorruft. Tut man dies mit etwas Beharrlichkeit, so wird man die positiven Auswirkungen in all seinem Tun erleben können.