Preisgekrönte Architektur in einem afrikanischen Dorf
Der Pritzker Architekturpreis, so etwas wie der Nobelpreis unter den Architekten ging in diesem Jahr an Diébédo Francis Kéré aus Burkina Faso. Er ist der erste Afrikaner, der mit diesem Preis geehrt wird, den auch schon Toyo Ito und Jean Nouvel erhielten. Beide haben sich in Barcelona verewigt, so wie die Erschaffer der Elbphilharmonie in Hamburg.
Kéré ist dafür bekannt, mit ortsüblichen Materialien und traditioneller Technik zu arbeiten. Seine Bauwerke sind trotzdem immer individuell innovativ und auf die Bedürfnisse abgestimmt.
Wer Kéré zuhört, wenn er seinen Werdegang erzählt, dem geht das Herz über. Geboren im kleinen Dorf Gando wurde er mit 7 Jahren in die nächstgrößere Stadt geschickt, um als erster eine Schule zu besuchen. Er konnte nur in den Ferien zu seiner Familie zurückkehren. Immer wenn er sich wieder auf den Weg zurück zur Schule machte, wurde er von allen Frauen des Dorfs verabschiedet, die ihm ihren letzten Penny zusteckten. Seine Mutter erklärte ihm, dass sie auf diese Weise in seine Zukunft investieren.
Diese Geschichte ist sehr bewegend, denn getreu dem afrikanischen Sprichwort: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen, hatten alle Anteil an seiner Entwicklung. Dieses Grundgefühl hat er tief verinnerlicht. Er bekam ein Stipendium für eine Schreinerlehre in Deutschland, bewältigte an der Abendschule das Abitur und schloss ein Architekturstudium an. Während dieser Zeit gründete er ein Fundraising. Damit gelang es ihm tatsächlich, in sein Dorf zurückzukehren und eine Schule nach seinen Vorstellungen zu bauen, mit Licht und Luftdurchlässigkeit, um der drückenden Hitze zu begegnen. Er arbeitete mit vorhandenen Materialien unter der Mithilfe der gesamten Dorfbevölkerung. Er vermittelte auf diese Weise praktisches Wissen an seine Mitmenschen, die weder lesen noch schreiben können und keine Vorstellung von Bauzeichnungen haben. Dieses Wissen können sie jetzt von Dorf zu Dorf weitergeben, damit ihren Lebensunterhalt verdienen und ihre Kinder in die Schule schicken.
Kéré hat unter anderem das Operndorf Afrika nach Schlingensiefs Vorstellungen konzipiert und teilumgesetzt. Mittlerweile unterrichtet er an renommierten Universitäten, wie der TU München, der Yale School of Architecture und der Bauhaus-Universität Weimar, doch immer wieder kehrt er zu seiner Dorfschule zurück, wo sein Herz verwurzelt ist.
Von Kati Niermann, Mai 2022
Schlagwörter: Kultur, Moderne Welt