Das „Museu Maritim de Barcelona“
Die „Drassanes Reials de Barcelona“, die königliche Schiffswerft von Barcelona, ist ein herausragendes Beispiel der gotischen profanen Architektur in Katalonien. Sie umfasst heute 18.000 m² und entstand ab dem Ende des 13. Jahrhunderts, erst mit zwei offenen Hallen und um 1620 schon aus 19 überdachten Hallen. Bis in das 17. Jahrhundert wurden dort Schiffe gebaut. Später…
Wurde die Drassanes Reials für unterschiedliche militärische und gewerbliche Aufgaben verwendet. 1935 übergab die Armee das Gelände der Stadt Barcelona, die dort 1941 das Schifffahrtsmuseum eröffnete. Den Grundstock bildeten Modellschiffe und Schifffahrtsinstrumente der ‚Escola Nautica de Barcelona’. Aus Anlass einer grundlegenden Sanierung des Gebäudes, die 2014 abgeschlossen war, wurde das Museumskonzept erneuert. Es entstand ein interaktives und multimediales Zentrum für die maritime Kultur Barcelonas.
Bei einem Rundgang durch die ständige Ausstellung des Museums, bekommt man einen guten Überblick über die maritime Geschichte Barcelonas vom Aufstieg zur Seemacht im 13. Jahrhundert bis heute. Es wird deutlich, dass die Geschichte der Stadt durch die Werft geprägt wurde.
Die Könige von Aragon erkannten die strategische Lage Barcelonas am Mittelmeer und ließen hier ihre Galeeren bauen. Ein Höhepunkt des Museums ist der maßstabsgetreue Nachbau der königlichen Rudergaleere ‚La Real’. Das Original wurde auch hier gebaut und mit ihr besiegte Johann von Österreich am 7. Oktober 1571 die Osmanen in der Seeschlacht von Lepanto. Diese Galeere war 60 Meter lang und wurde von 236 Ruderern bewegt. Es wird aber nicht nur die handwerkliche und künstlerische Gestaltung der Galeere demonstriert, sondern es wird auch ausführlich auf die unsäglichen Lebensbedingungen der Ruderer eingegangen.
Mit der Entdeckung Amerikas und dem Aufbau von Handelsbeziehungen wurden neue Schiffstypen benötigt, um die enormen Entfernungen zu bewältigen. Segelschiffe bestimmten die Weltmeere. Es entstanden Handelsgesellschaften und Schifffahrtsschulen. Im Museum kann man die technischen Erfordernisse der Zeit erkunden sowie den Umgang mit Sextanten und Chronometern erlernen. Dem Warenaustausch – Wein, Schnaps und Tuch in die Neue Welt und Zucker, Kakao und Tabak aus der Neuen – Welt wird eine eigene Abteilung gewidmet. Es bleibt nicht unerwähnt, dass nicht nur Waren, sondern auch viele Sklaven transportiert wurden, was ein sehr dunkles Kapitel in der Geschichte ist.
Im 19. Jahrhundert kam mit der Industrialisierung und der Erfindung der Dampfmaschine die nächste große Veränderung. Dampfschiffe lösten nach und nach die Segelschiffe ab. Barcelona veränderte sich wie viele andere große Städte auch. Durch die Industrialisierung prägten zunehmend rauchende Schlote das Stadtbild. Züge brachten Güter zu den Häfen. Die Welt wurde immer stärker in Produzenten und Konsumenten unterteilt. Mit den Dampfschiffen wurde auch der Personentransport, besonders in die Neue Welt, im großen Stil begonnen.
Und heute – heute drängen sich Kreuzfahrtschiffe und Containerschiffe im Hafen von Barcelona. Das Meer wird kommerziell für Handelsrouten und die Fischerei genutzt, aber auch für Sport, Spaß und Freizeit. Die Folgen des ausufernden Massentourismus, der immer grösser werdenden Kreuzfahrtschiffe, aber auch des unkontrollierten Konsums und des daraus resultierenden Warenverkehrs mit immer größeren Containerschiffen sind heute nicht mehr absehbar. Luft- und Umweltverschmutzung sind bestimmende Themen jeder maritimen Kultur geworden.
Die ‚Drassanes Reials de Barcelona’ sind ein architektonisches Juwel aus dem Mittelalter. Das maritime Museum hat neben herausragenden Wechselausstellungen eine ständige Schau die didaktisch wie museumspädagogisch spannend und informativ ist. Man lernt viel über die maritime Kultur und die Geschichte Barcelonas. Das Museumscafé ist eine beschauliche Oase gleich neben der Rambla und lohnt einen Besuch. Geht man nach dem Museumsbesuch an den alten Hafen, dann kann einem bei dem Anblick auf die Masse Touristen, die spürbare Luftverschmutzung und die riesigen einfahrenden Kreuzfahrt- und Containerschiffe schon sehr bange um die Zukunft unseres Planeten werden.
Von Gabriele Jahreiß, Kunsthistorikerin
Das Museu Maritim ist auch von außen eine Augenweide. Foto: laiadina
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