Kratz mich mal, sagt der Himmel über Barcelona III
„W“ für Wolkenkratzer?
Als hätte jemand ein Segel gesetzt mitten im Hafen – so erstrahlt seit 2009 das Hotel W Barcelona der Marriott International-Hotelkette.
Hotel Vela heißt das Hotel im Viertel Barceloneta denn auch im Volksmund. Es wurde vom erst kürzlich verstorbenen Architekten Ricardo Bofill entworfen. Mit 168 m Höhe sollte der Wolkenkratzer eigentlich die Zwillingstürme als höchste Hochhäuser entthronen, doch das Ayuntamiento ließ die Entwürfe zurückgehen, mit der Auflage, dass Torre Mapfre und Hotel Arts die ungekrönten Könige der Skyline bleiben sollten. So kommt das dem Burj al Arab in Dubai ähnliche Gebäude nur auf 98,8 m. Nichtsdestotrotz zieht die Spiegelfassade mit ihrem changierenden Leuchten je nach Lichteinfall und Blickwinkel alle Blicke auf sich, sei es bei der Anreise auf dem Seeweg oder vom Flugzeug aus. Vom Strand aus ist es eine beliebte selfie-Kulisse.
Das W Hotel sah sich derselben Kritik ausgesetzt, wie das Edificio Colón. Hinzu kam laut einer Bürgerinitiative, dass spanisches Küstenrecht verletzt wurde, wonach eine Bebauung der ersten Strandlinie untersagt und erst ab 100m Entfernung möglich ist. Sie verlangten den sofortigen Abriss. Tatsächlich hat man diese Norm umgangen, indem man das Hafenrecht so weit gedehnt hatte, dass es zulässig war, eine Plattform quasi in das Meer hineinzubauen, auf der das Hotel legal errichtet werden durfte. Jetzt müssen die Surfer damit klarkommen, dass der künstlich angelegte Deich die Wind- und Strömungsverhältnisse in diesem Segment verändert hat. Tausende von privilegierten Urlaubern und die 400 Angestellten dürfen sich darüber freuen, dass das W gekommen ist, um zu bleiben. W steht übrigens für das stylische Gesamtkonzept des Hotels, das dem zufriedenen Gast ein verzücktes „Wow“ entlocken soll.
Kati Niermann, Februar 2022