Kratz mich mal, sagt der Himmel über Barcelona V
Die kleinen Zwillinge
Die Torres Fira markieren den Eingang zum neuen Messegelände in L‘Hospitalet de Llobregat. Die beiden sind eine moderne Hommage an die venezianischen Türme, die das alte Messegelände in Barcelona an der Plaza España krönen.
Vom Flughafen, auf der Autovía oder mit dem Zug aus Richtung Süden kommend fällt zuerst das rotleuchtende Hotel Porta Fira ins Auge. Trotz 113m Höhe und 27 oberirdischen Stockwerken wirkt der Turm sehr filigran, folgt scheinbar natürlichen, organischen und nicht geometrischen Strukturen. Hierin ist der Architekt Toyo Ito den Spuren Antoni Gaudís gefolgt und hat sie perfektioniert. Wie eine Blüte, die, auf einem Stengel gewachsen, in verschiedene Richtungen rotiert und sich dabei mal in Richtung Barcelona, mal in Richtung Flughafen, mal hin zum Messegelände neigt, erfüllt der Wolkenkratzer seine Aufgabe als verbindendes Element zwischen diesen dreien. Doch nichts scheint gerade an diesem Hochhaus. Im oberen Drittel öffnet sich der Blütenkelch über den Grundriss am Boden hinaus. Alle Fenster sind unregelmäßig versetzt. Die Außenfassade, die auf den ersten Blick kompakt erscheint, setzt sich aus vielen einzelnen roten Aluminiumrohren zusammen, die auf Kugellagern der Form des Gebäudes folgen. Die Eröffnung fiel 2010 mitten in die Finanzkrise.
Der zweite Wolkenkratzer, die Torre Realia BCN, stammt auch vom Architekten Toyo Ito. Sie ist nur etwa einen Meter kleiner, wirkt aber optisch um etliches kürzer. Sie ist ein Bürokomplex und steht im Eigentum der Immobiliengruppe Realia. 2009 fertiggestellt, stand das Firmengebäude 2017 kurzzeitig zum Verkauf, doch die Firma sah von der Veräußerung ab, obwohl es gute Angebote gegeben haben soll. Es handelt sich eben um ein prestigeträchtiges Bauwerk, denn obwohl es im Vorübergehen nur ein einfacher Block mit Glasfassade zu sein scheint, der das Hotel widerspiegelt, sieht man bei genauerer Betrachtung, dass das Gebäude einen roten Kern von organisch gewölbter Form hat, der in dem „Glaskasten“ gefangen zu sein scheint. Auf diese Weise stehen die beiden Gebäude in einem Dialog miteinander und ziehen die Blicke mehr als einmal auf sich. Heute steigt die Nachfrage nach stylischen Büro- und Coworking-Arbeitsplätzen in und um Barcelona massiv. Da hat sich das Ausharren gelohnt. Und wenn Sie mal wieder bei Ikea oder in der GranVia 2 zum Shoppen sind, planen Sie einfach eine Viertelstunde ein, um einen Blick auf diese faszinierenden Hochhäuser zu werfen.
Dies waren nur einige von zahlreichen entdeckenswerten Wolkenkratzern in Barcelona. Mehr gibt es insbesondere im Bereich des Viertels 22@ und um die Fira in L’Hospitalet zu bestaunen. Es müssen nicht immer die ausgetretenen Pfade sein, wenn man in Barcelona Architektur bewundern möchte. Schauen Sie sich um, auf eigene Faust, mit einem befreundeten Architekten oder buchen Sie sich eine moderne Architekturführung wie sie zum Beispiel von City Tours Barcelona organisiert werden.
Gehen Sie Wolkenkratzen!
Kati Niermann, Februar 2022