Nachtblindheit
Was sind die Ursachen und was kann helfen?
„Eigentlich bin ich immer gerne nachts Auto gefahren, doch in letzter Zeit strengt mich das sehr an und ich kann immer schlechter im Dunkeln sehen! Entgegenkommende Autos blenden mich stärker und meine Augen werden schnell müde! Werde ich nachtblind? Kann ich etwas dagegen machen?“ fragt mich eine Freundin.
Das hat mich auf die Idee gebracht darüber zu schreiben, denn so wie ihr geht es vielen Menschen ab circa 50 Jahren.
Man muss dabei klar unterscheiden zwischen einer echten Nachtblindheit und einer nächtlichen Sehstörung, die häufig im Alter auftritt und im Volksmund auch als Nachtblindheit bezeichnet wird.
Echte Nachblindheit
Die echte Nachtblindheit ist eine Erkrankung der Netzhaut, die durch eine Schädigung der Stäbchen zustande kommt. Sie kann angeboren sein – durch einen Gendefekt – oder erworben werden als Folgeerkrankung von z.B. Diabetes oder anderen Erkrankungen. Auch ein Vitamin-A-Mangel, der allerdings in Europa nur sehr selten auftritt, kann die Ursache sein. In jedem Fall sollte das von einem Augenarzt abgeklärt werden.
Nächtliche Sehstörung
Ich möchte hier aber auf die nächtliche Sehstörung eingehen, die vor allem beim Autofahren stören kann. In unserer Netzhaut befinden sich zwei Sorten von Sinneszellen: die für das Farbsehen verantwortlichen Zapfen und die Stäbchen, die für Hell- und Dunkelsehen wichtig sind. Bei Tageslicht fällt genug Licht auf die Netzhaut und die Zapfen ermöglichen das Sehen der Farben. Bei beginnender Dämmerung weiten sich die Pupillen, um möglichst viel Licht auf die Netzhaut zu bringen und die Stäbchen übernehmen das Sehen. Stäbchen können aber nur unterschiedliche Grautöne erkennen und so sehen wir im Dunkeln keine Farben mehr. Diese Umstellung des Auges vom Sehen am Tag zum Sehen in der Nacht wird als Dunkeladaption bezeichnet. Es dauert einige Minuten, bis sich das Auge umgestellt hat. Deshalb kann man, wenn plötzlich das Licht ausgeht auch erstmal nichts sehen. Ein gesundes Auge kann aber bis zu mehrere hundert verschiedene Grautöne wahrnehmen und daher auch im Dunkeln Konturen klar erkennen. Viele Menschen haben aber Probleme im Dunkeln Kontraste zu erkennen oder fühlen sich stark durch Licht geblendet. Sie müssen sich stärker konzentrieren, um noch gut zu sehen, und das ermüdet schnell.
Woran liegt das?
Eine geringe Kurzsichtigkeit oder eine leichte Hornhautkrümmung, die das Auge bei Tageslicht noch gut ausgleichen kann, wird im Dunkeln nicht ausreichend korrigiert und führt zu der sogenannten Nachtkurzsichtigkeit, die leicht durch eine Brille korrigiert werden kann. Auch bei Kurzsichtigen, die schon eine Brille tragen, kann sich die Kurzsichtigkeit in der Dunkelheit verschlechtern. Sie benötigen dann eine etwas stärkere Brille für das Autofahren in der Dunkelheit. Dies wird beim Optiker normalerweise nicht festgestellt, da ja die Augenmessung im Licht erfolgt. Durch die neue Nachtbrille fällt meist auch die Konzentration beim Autofahren wieder leichter.
Der Graue Star, eine häufige Augenerkrankung bei älteren Menschen, kann für die gesteigerte Blendempfindlichkeit ursächlich sein. Der Graue Star führt zu einer Trübung der Linse, durch die das Licht von Laternen oder entgegenkommenden Autos gestreut wird und eine Art Nebelschleier entsteht, durch den der Betreffende kaum noch etwas erkennen kann. Hier hilft eine Operation, bei der die Linse ausgetauscht wird. Nach der Operation normalisiert sich das Sehen wieder. Ein weiteres Problem, das im Alter auftritt, ist die mangelnde Elastizität der Pupille. Die Pupille kann sich bei Dunkelheit nicht mehr ausreichend weiten und es fällt weniger Licht auf die Netzhaut. Dies als Miosis bezeichnete Problem kann man leider nicht beheben. Ist es sehr stark ausgeprägt, sollte man möglichst auf das Autofahren bei Dunkelheit verzichten.
Diese Tipps können helfen, dass man möglichst lange auch in der Dunkelheit sicher fahren kann:
- Eventuell Nachtbrille verwenden
- Windschutzscheibe sauber halten, neue Wischerblätter benutzen
- Nicht in die Scheinwerfer von entgegenkommenden Autos schauen, sondern an den rechten Straßenrand
- Scheinwerfer richtig einstellen
auf Alkohol vor dem Autofahren ganz verzichten
Von Birgit Carls-Eisenberg, Apothekerin, November 2020