Was ist ein Influencer?
Es gibt Berufe, die heute keiner mehr erlernt, weil wir sie nicht mehr brauchen. Aber es gibt auch Berufe, die neu entstehen. Influencer gehören zum Beispiel dazu.
Der Begriff Influencer kommt aus dem Englischen und bedeutet, jemanden zu beeinflussen. Nicht zu verwechseln mit der Virusgrippe Influenza, obwohl Kritiker die Begriffe gerne miteinander vergleichen, denn es heißt: „Beide breiten sich schnell aus und sind nicht so leicht loszuwerden“. Als Influencer bezeichnet man Menschen, die ihr Leben öffentlich machen. Sie sind auf sozialen Plattformen wie Instagram, YouTube und TikTok unterwegs. Dort posten sie regelmäßige Auszüge aus ihrem Leben. Influencer beeinflussen ihre Zuschauer – auch Follower genannt –, indem sie diese zum Beispiel dazu bringen, sich bestimmte Sachen zu kaufen.
Influencer sind Menschen, deren Meinungen wertgeschätzt werden. Sie benötigen keine besondere Ausbildung oder Qualifikation. Aber sie sind für ihre Follower interessant, die alles über ihr „Idol“ wissen wollen. Die Influencer posten Bilder und Videos aus ihrem Alltag. Manche beschäftigen sich überwiegend mit Make up und Mode. Andere nehmen ihre Follower oder Fans mit auf ihre Reisen und zeigen was sie dort alles erleben. Es wird alles gezeigt, das nimmt manchmal absurde Formen an: ein Essen im Restaurant, ein Selfie, wie man zu Bett geht, oder man teilt seinen Fans mit, welche Turnschuhe man heute anzieht.
Es ist logisch, dass viele Firmen diese Influencer für sich entdeckt haben. Sie schicken den digitalen „Promis“ ihre Produkte zu und hoffen, dass sie sich in ihren Bildern und Videos mit dem jeweiligen Shampoo oder Müsli-Riegel zeigen. Oder es werden gleich Werbedeals ausgehandelt. Der Influencer zeigt sich dann mit Sonnenbrille oder Handtasche der jeweiligen Marke und wird dafür bezahlt. Je mehr Fans der Influencer hat, umso interessanter wird er für die Werbeindustrie.
Insbesondere für viele Jugendliche, vielfach auch schon für Kinder sind diese Influencer ein fester Bestandteil ihres Lebens. Wie bei einer Seifenoper, die sie nicht verpassen wollen. Wo reist der Influencer morgen hin, was isst er, wie verbringt er seine Freizeit und welche Musik hört er im Autoradio? Influencer sind nah dran an ihren Fans. Sie drehen ihre Clips oft aus ihrem Zuhause, häufig auch aus dem Kinder- oder Schlafzimmer. Auch das Bad und die Körperhygiene bleiben den Fans nicht verborgen. Die Influencer sprechen die Sprache ihrer jungen Fans, haben dieselben Themen. So, wie sich die heutigen Erwachsenen früher in die Welt der Beatles hineingeträumt haben, träumen sich Kinder und Jugendliche in die schillernde Welt der Internet-Stars hinein, und für viele Tausende Follower sind die Influencer große Vorbilder.
Ein Influencer bekommt die Gage pro Posting (einzelner Beitrag) bezahlt. Und je mehr Fans dem Posting folgen, desto mehr bezahlen die Firmen. Typische Gagen liegen pro Post bei 500 bis 1000 Euro. Aber bei besonders bekannten Influencern lassen die Firmen auch schon einmal Beträge im fünfstelligen Bereich fließen. Es gibt auch viele Filmstars oder Sportler, die sich als Influencer betätigen und sich so ein „dickes“ Zubrot verdienen. Cristiano Ronaldo oder Kylie Janner mit mehreren Millionen Followern, können mit einem Instagram-Beitrag schon mal eine Million Euro und mehr verdienen. Ronaldo hat es als erste Person geschafft, die 200-Millionen-Follower-Marke auf Instagram zu knacken.
Der erfolgreichste Influencer Spaniens ist weit vorne mit 170 Millionen Followern Leo Messi, gefolgt von der Schauspielern Úrsula Corberó mit „nur“ 13 Millionen Abonnenten.
Die deutsche Liste führen im Bereich Fashion die erst 18-jährigen Zwillinge Lisa und Lena Mantler an. Auf den Plattformen Instagram und TikTok folgen ihnen mehr als 15 Millionen Follower. Da sie viel in englischer Sprache machen, sind sie auch außerhalb Deutschlands bekannt. Mittlerweile haben sie sogar schon ein eigenes Modelabel herausgebracht. Auf Platz zwei folgt ihnen Pia Wurtzbach, ein deutsch-philippinisches Model mit 11 Millionen Followern. Familien mit Teenagern sehen ihr Bad seit Jahren voll mit Bilou-Produkten, der Eigenmarke von „Bibi“ Bianca Claßen, der Betreiberin des Instagram- und Youtube-Accounts „Bibis Beautypalace“. Bibi hat einen weiteren prominenten Influencer geheiratet und macht mittlerweile ihr gesamtes Leben von Hochzeit über Schwangerschaft bis Kindergeburtstag öffentlich. Bilou war monatelang das Mitbringsel Nummer eins, wenn Besuch aus Deutschland nach Spanien kam. Weit vorne liegen auch Manuel Neuer, Mario Götze und weitere Fußballspieler. Wie in Spanien dominieren auch in Deutschland Fußballgrößen die Hitparade der Instagram-Profile, allerdings weit entfernt von der Reichweite eines Cristiano Ronaldo oder Leo Messi.
Die Mehrzahl der Influencer sind jedoch sogenannte Internetpromis und freuen sich schon, wenn sie mehr als 10.000 Fans haben.
Eine weitere Einnahmequelle der Influencer ist das Affiliate Marketing. Sind Fans von den angepriesenen Produkten begeistert, kaufen sie oftmals direkt über den von den Influencern angegebenen Link im Beitrag. So werden die Influencer zudem mit einem prozentualen Anteil an den Verkäufen beteiligt.
Man kann als Influencer sehr schnell viel Geld verdienen. Dies geht jedoch nicht ohne eiserne Disziplin und die Bereitschaft sein Leben mit fremden Menschen zu teilen. Denn die Fans wollen ständig mit Informationen, Fotos und Videos gefüttert werden. Der Influencer muss für seine Fans ständig präsent und vor allen Dingen interessant sein, nach Möglichkeit sogar eine eigene Marke darstellen. Ausgenommen hiervon sind bekannte Schauspieler, Sänger oder Sportler, die schon allein aufgrund ihrer Prominenz auf Millionen Follower zählen können.
Da es das Berufsbild „Influencer“ erst seit den 2000er Jahren gibt, existieren noch keine Erfahrungswerte, wie lange man ein derart stressiges Leben auf dem Präsentierteller ohne Folgen wie Burnout oder andere seelischen Erkrankungen ausüben kann.
Wer weiß, ob dies wirklich leicht verdientes Geld ist?
Von Gaby Goetting, von November 2020
Schlagwörter: Moderne Welt