Ostdeutsches Weihnachtsliedgut
Die Teilung des deutschen Staates machte auch vor dem Weihnachtsliedgut nicht halt.
Die Top Ten der Weihnachtslieder ist auch heute noch in Ostdeutschland eine andere als im Westteil. So ist zum Beispiel das Lied „Tausend Sterne sind ein Dom“ aus den Weihnachtskonzerten in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg nicht wegzudenken. Es entstand in der schweren Nachkriegszeit, in der alles, auch viele Kirchen zerstört waren, und beschreibt, dass auch Kerzen- und Sternenlicht ausreichen, um den Weihnachtsfrieden zu empfinden.
Die DDR-Führung hatte es nicht so mit kirchlichen Liedern, da kam “Guten Abend, schön Abend, es weihnachtet schon” gerade recht, das ganz ohne Krippe, Engel und Christkind auskam. Was die Bearbeiter der heute verbreiteten Version wohlweislich verschwiegen, war, dass es ursprünglich auf die Volksweise „Ave Maria, jungfräuliche Zier“ zurückging und auch eine Zeitlang mit einem völkischen Charakter interpretiert wurde.
Das Lied „Sind die Lichter angezündet“ war erstmals 1950 als Gedicht erschienen und wurde für den Rundfunkkinderchor in Leipzig vertont. Der DDR-Klassiker wird auch heute noch gerne zum feierlichen Weihnachtsbaumentzünden auf Markplätzen oder in öffentlichen Gebäuden vorgetragen.
Musikwissenschaftler wundern sich, dass sich diese Lieder auch nach über 30 Jahren noch halten. Doch die herkömmliche Weitergabe von den Eltern an die Kinder hat gerade deswegen nicht aufgehört, weil die Lieder bewusst unpolitisch und nicht religiös gehalten wurden. Viele Ostdeutsche sind traditionell konfessionslos und fühlen sich mit weltlich gehaltenen Gesängen wohler.
Von Kati Niermann., November 2020