SARS-CoV-2 ist überall. Wo ist die EU?
Die Pandemie hat die Welt fest im Griff, die Nachrichten und Ereignisse überschlagen sich. So auch die politischen Antworten der Europäischen Union und der EU-Mitgliedstaaten.
Vieles verläuft wie im Zeitraffer. Zunächst behielt China seine Schutzmasken für sich selbst, die EU half China im Februar aus und lieferte 30,5 Tonnen Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) aus Deutschland, Estland, Frankreich, Italien und Litauen. Irgendwann verboten Deutschland und Frankreich den Export von Schutzmasken ins Ausland, mittlerweile wurden sie dafür von der EU abgestraft. Vor einer Woche waren es China und andere Länder, die dezidiert medienwirksam Hilfe lieferten. Nun liefern EU-Länder noch mehr Hilfe nach Italien. Jede Hilfe zählt, nach wie vor.
Der EU-Katastrophenschutz-Mechanismus (bzw. Bevölkerungsschutz) koordiniert weltweit Rückholaktionen von EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern. Bereits im Januar wurden fast 500 Menschen aus Wuhan ausgeflogen, weitere Aktionen laufen bis heute. Im Februar hat die EU 232 Millionen Euro für eine globale Antwort auf COVID-19 bereitgestellt, in Form von finanzieller Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), des Institut Pasteur in Dakar, für Schnelldiagnostik und anderen Initiativen.
Zu Koordination und Krisenmanagement kam weitere und massive finanzielle Unterstützung vonseiten der EU. Die Europäische Zentralbank (EZB) lancierte Mitte März Anleihekäufer im Wert von mindestens 750 Milliarden Euro, um die Wirtschaft zu unterstützen. Die Eurozonen-Mitgliedstaaten einigten sich sogar auf Flexibilität im Rahmen der EU-Haushaltsvorschriften. Eine Revolution, die Schulden- und Defizitregeln sind damit ausgesetzt. Und dann die Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronakrise (37 Milliarden aus verfügbaren EU-Mitteln) für am stärksten betroffenen Bürger, Regionen und Länder und auch die Ausweitung des EU-Solidaritätsfonds auf Notfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit (800 Millionen Euro).
Und, ja, die EU hat auch die Übertragungsqualität von Streaming-Diensten wie Netflix gedrosselt, weil vor allem jetzt ein Internetausfall durch Überlastung um jeden Preis vermieden werden muss.
Dennoch, wir haben keine Gesundheitsunion, denn diese Kompetenzen liegen nicht in der Hand der EU. Die aktuelle Ausnahmesituation zeigt jedoch auch, dass Gesundheit viel mehr bedeutet und weit in viele andere Bereiche hineinreicht. Aus dem Hin und Her, dem Mangel an Koordination und vor allem den unsolidarischen Gesten im Kreis der EU-Familie müssen wir lernen. Es geht: Patienten werden jetzt über die Grenzen hinweg in Krankenhäusern mit freien Kapazitäten behandelt und Italien bekommt endlich mehr Hilfe.
Von Kolja Bienert
Weitere EU-Initiativen zur Coronakrise:
https://ec.europa.eu/info/live-work-travel-eu/health/coronavirus-response_de
www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/priorities/eu-antwort-auf-das-coronavirus
Schlagwörter: Europa, Gesundheit, Kultur, Moderne Welt, Umwelt