Editorial 166 – Kunst ist schön! Macht aber viel Arbeit! Ja!
Anfang September war eine Feierstunde im Goethe Institut Barcelona angesetzt. Kolleginnen und Kollegen von Ursula Wahl wollten ihr einen feierlichen Übergang in den Unruhestand wünschen, denn ein Ruhestand wird es sicherlich nicht werden. Geladen und gekommen waren die vielen Kontakte aus lokalen, regionalen und europäischen Kulturinstitutionen, mit denen sie als Programmdirektorin in den letzten 20 Jahren Akzente gesetzt hat. Die Gespräche bei deutschen und katalanischen Tapas gingen natürlich darum, wo wir sie kennen und schätzen gelernt hatten. Der Institutsleiter Ronald Grätz ließ in seiner zweisprachigen Laudatio ihr Schaffen Revue passieren, um mit dem sie die aktuelle, kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt Deutschlands und Europas Vorort bekannt zu machen. Ihre Beziehung zu Katalonien reicht weit in die 80er Jahre zurück und seit 2002 ist *sie* fest in Barcelona. 20 Jahre lang war Ursula Wahl Programmdirektorin am Goethe Institut Barcelona, das heißt nicht irgendwo, sondern mitten im Herzen der deutschen Kultur. Viele Events mit deutschen Künstlerinnen und Künstlern hat sie mit mitreißenden Worten eröffnet. Mir selber fallen die Ausstellungen im Centre Arts Santa Monica, diverse Buchvorstellungen oder die Debatten zu Europa im Goethe-Institut ein. Was im Hintergrund alles abläuft, kann dem Publikum nicht immer so präsent sein. In ihrer kurzen Dankesrede gab sie uns denn auch einen Einblick in die Chemie der Kultur: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.
Für sie gehören sowohl die Kunstschaffenden mit ihren wunderbaren Werken, als auch die gastgebenden Räume, als auch die aufnehmende Öffentlichkeit dazu, ohne die der Kreis nicht geschlossen werden kann. Dank richtete Ursula an die sechs Leiterinnen und Leiter des Goethe, mit denen sie zusammengearbeitet hat, weil sie von ihnen sehr viel hat lernen und sich entwickeln können. Besonders habe sie Marion Haase geprägt. Wenn diese morgens in ihrem Büro erschien, dann befürchtete sie zu Recht, dass sie wieder ein tolles, engagiertes Projekt wie den Zyklus der Europa-Debatten anstoßen wollte und somit viel Arbeit auf sie zukommen würde. Es hat mir besonders gut gefallen, dass sie als Frau eine andere Frau in ihrem Bereich würdigend hervorhob. Das fehlt uns Frauen oft, dass wir andere Frauen loben und sie dadurch bestätigen, Dinge in Angriff zu nehmen und umzusetzen. Ich denke, dass Ursula mit diesem Rucksack auf dem Rücken, sich nicht einfach in den Ruhestand zurückziehen und die Füße hochlegen wird. Sicher wird sie uns in den nächsten Jahren mit einem Buch oder anderem Beitrag überraschen, in dem sie aus der Insiderperspektive erfolgreiche Erfahrungen mit uns teilt, so wichtig für die kommenden Frauengenerationen. Und warum nicht, vielleicht kommt sie uns im Klub Hannah besuchen, bei dessen Ausrichtung sie uns von Anfang an unterstützt hat. Die Einladung steht, wenn sie sich erstmal gut erholt hat.
Von Ina Laiadhi, Chefredakteurin
Schlagwörter: Barcelona, Biografisches