Alma Reville: Die Frau neben Alfred Hitchcock
Alma Reville war eine englische Regieassistentin, Cutterin, Drehbuchautorin, doch vor allem bekannt als Ehefrau von Alfred Hitchcock.
Alma Lucy Reville wurde vor 125 Jahren am 14. August 1899 in Nottingham geboren, nur einen Tag nach ihrem zukünftigen Ehemann Alfred Hitchcock. Ihre Eltern arbeiteten beide in der Spitzenherstellung in Nottingham. Als Alma noch ein Säugling war, zog die Familie nach Südlondon und dann nach Twickenham, wo ihr Vater Matthew eine Anstellung in der Kostümabteilung der nahe gelegenen Twickenham Filmstudios fand.
Um 1915 im Alter von sechzehn Jahr fand Alma in London in den Paramount Studios eine Anstellung als Teemädchen. Sie wurde jedoch bald in den Schneideraum befördert und innerhalb von zwei Jahren Assistentin des Regisseurs Maurice Elvey. Zusätzlich übernahm das Allroundtalent bald die Rolle der Filmeditorin und des Scriptgirls. 1921 begegnete sie zum ersten Mal Alfred Hitchcock. Beide hatten schon an dem einen oder anderen Film unabhängig voneinander gearbeitet. Doch erst jetzt lernten sich auch privat kennen und lieben. Sie heirateten 1926, und zwei Jahre später wurde ihr einziges Kind, ihre Tochter Patricia geboren.
Reville gab allerdings nicht wie viele andere Frauen nach der Heirat ihre Arbeit auf. Sie war zu der Zeit in der Filmwelt erfolgreicher als der unerfahrene Alfred Hitchcock. Sie arbeitete weiter für den Produzenten Michael Balcon, für den Hitchcock mit Unterbrechungen viele englische Filme drehte. Davon abgesehen schrieb sie bis in die 1930er Jahre unabhängig von Alfred Hitchcock Drehbücher. Als feste Mitarbeiterin Alfred Hitchcocks arbeitete sie bald auch an seinen Filmdrehbüchern mit und übernahm die Assistenz bei seinen Dreharbeiten. Mit dem scharfen Auge eines Cutters kontrollierte sie die endgültige Fassung seiner Filme auf die geringsten Mängel, die Hitchcocks eigener Aufmerksamkeit oft entgingen. Sie war auch sehr gut darin, Dialoge zu überarbeiten und Ungereimtheiten in den Handlungen zu erkennen.
Alma Reville hätte wahrscheinlich selbst Regisseurin werden können, wenn sie es gewollt hätte. Aber es scheint, dass sie sich damit begnügte, ihre Energie darauf zu konzentrieren, die Karriere ihres Mannes zu unterstützen und zu fördern. Von der Suche nach Grundstücken für die Produktion, dem Casting, der Erkundung von Drehorten, bis zur Einstellung von Kamerawinkeln gab es nur wenige Bereiche, die Alma nicht im Auge hatte.
Nachdem Alfred Hitchcock interessante Angebote aus Amerika bekam, zog im Jahre 1939 die kleine Familie nach Hollywood. Hier war Alma seltener am Set zu sehen, arbeitete aber hinter den Kulissen an jedem Projekt mit. Trotz ihrer stillen Rolle blieb sie die wichtigste Beraterin Alfred Hitchcocks, beurteilte und redigierte Drehbücher und überwachte den Schnitt.
Hollywood wurde zu ihrer neuen und endgültigen Heimat und im Jahre 1950 nahm Reville die amerikanische Staatsbürgerschaft an.
Ab Mitte 50 bekam Alma Reville gesundheitliche Probleme. 1958 erhielt sie die schreckliche Diagnose Brustkrebs, 1971 erlitt sie einen Schlaganfall. Beides hat sie gemeistert. Sie überlebte sogar ihren Mann um zwei Jahre.
Als Hitchcock 1979 vom American Film Institute (kurz AFI) den Award für sein Lebenswerk erhielt, dankte er bei der Verleihung einzig seiner Frau. Er erkannte ihre vielfältigen Rollen in seinem Leben als Drehbuchautorin, als Editorin, als Mutter ihrer Tochter und als Köchin an. Der bekannte Filmkritiker Charles Champlin bemerkte: „Der Hitchcock-Touch hatte vier Hände, und zwei davon waren Almas.”
In Bel Air (Los Angeles) starb Alma Reville am 6. Juli 1982 im Alter von 82 Jahren – eine „Königsmacherin“, die in 53 Ehejahren Hitchcocks 53 Filme maßgeblich mitgeprägt hat.
Von Gaby Götting, Oktober 2024
Schlagwörter: Biografisches, Geschichte, Kultur