Europa feiert
Das ganze Jahr über wird in Europa vom Süden bis in den hohen Norden gefeiert. Trachtenumzüge, Musikfestivals, Lichtshows, Wettrennen und so einiges mehr finden in allen vier Jahreszeiten und allen vier Himmelsrichtungen statt. Einige der bekanntesten und witzigsten haben wir für unsere Leser ausgesucht.
Gleich zu Beginn des neuen Jahres neben den üblichen Karnevals-Veranstaltungen am Rhein, in Basel oder Franken und den berühmten Karnevals-Umzügen in Nizza, Teneriffa, Cádiz oder dem historischen Karneval in Venedig, gibt es das berühmte internationale Schlittenhunderennen im Schwarzwald. Aus ganz Europa treffen sich die Teilnehmer nicht nur zum Rennen sondern auch zu gemeinsamen Fackelwanderungen und zum Feiern auf dem Wintermarkt mit heißem Punsch, Flammkuchen und anderen Spezialitäten.
Vom 17. Februar bis 4. März findet das weltweit einmalige “Zitronenfest” in Menton an der französischen Riviera statt, das jährlich mehr als 250.000 Besucher anlockt. Aus immensen Mengen an Zitrusfrüchten werden jedes Jahr kunstvolle Gebäude oder fantastische Fabelwesen gestaltet. Spektakulär sind die Festumzüge der goldenen Früchte, sowie die nächtlichen Festzüge mit anschließendem Feuerwerk. Der Höhepunkt ist der 24. Februar, wenn sich die Feierwütigen in einem märchenhaften Farbenrausch mit buntem Pulver bewerfen.
Vom 16. bis 19. März, beim St. Patrick’s Festival in Dublin, dem irischen Nationalfeiertag zu Ehren des Heiligen Patrick, der als Schutzpatron Irlands gilt, erstrahlt die ganze Stadt in leuchtendem Grün. Musik schallt aus allen Straßen und Gassen. Vier Tage lang wird wie wild gefeiert und getanzt. Neben unzähligen Paraden, sorgt immer wieder der “Céili”, ein irischer Stampftanz für viel Spaß und Unterhaltung. Mittlerweile wird der St. Patrick’s Day auch weltweit gefeiert.
Fast zeitgleich mit der weltberühmten “Feria de Abril” in Sevilla findet jedes Jahr Anfang Mai in dem andalusischen Ort Jerez de la Frontera, der als Mekka der andalusischen Pferdezucht gilt, eine Woche lang der spektakuläre Pferdeumzug “Paseo de Caballos” statt. Rassepferde, Flamenco und viel Sherry ziehen Tausende von Besuchern an.
Im April wird das unvergleichliche Spektakel der “moros y cristianos” in Alcoy (Alicante) veranstaltet. Das Thema dieser Festtage ist die Eroberung der iberischen Halbinsel durch die Mauren und die Rückeroberung durch die Christen. Seit mehr als vier Jahrhunderten wird mehrere Tage lang auf festliche Weise des historischen Aufeinandertreffens beider Kulturen gedacht. Christen in Ritterrüstungen und Kettenhemden, Ritterfräulein in mittelalterliche Gewänder gehüllt, Mauren mit knallbunten Pluderhosen, Säbeln und Krummdolchen, Haremsdamen in aufwendigen Kostümen mit wehenden Schleiern ziehen im “Paso doble”-Schritt durch die festlich geschmückten Straßen. Pferde tänzeln im gleichen Rhythmus und bald tanzt die ganze Stadt. Am 23. April wird gleichzeitig der Heilige Georg verehrt, der der Legende nach, den Christen im Kampf gegen die Mauren erschien und ihnen zum Sieg verhalf.
Jedes Jahr am zweiten Sonntag nach dem Fronleichnamsfest lebt in Tirol ein uralter Brauch wieder auf: die “Berge stehen in Flammen”. Es handelt sich um die „Herz-Jesu-Feuer“. Tausende Fackeln formen noch heute ab Einbruch der Dunkelheit kunstvolle religiöse Symbole wie Herzen, Adler, Tauben oder Kreuze auf die Berge. Sie erinnern an den Widerstand der Tiroler gegen die Truppen Napoleons im Jahr 1796. Die UNESCO hat diese Bergfeuer als immaterielles Weltkulturerbe aufgenommen.
Bekannt auf der ganzen Welt ist die größte internationale Musikveranstaltung in der Tschechischen Republik, der “Prager Frühling”, die jedes Jahr von Mai bis Juni stattfindet. Sie zählt allen politischen Umbrüchen zum Trotz seit mehr als 70 Jahren zu den wichtigsten Kulturereignissen des Landes. Hier treffen sich die besten internationalen Künstler der Klassik, um gemeinsam zu musizieren.
“Midsommar” in Schweden
Das Mittsommerfest wird in Schweden immer am Samstag zwischen dem 20. und dem 26. Juni gefeiert. Am längsten Tag des Jahres treffen sich die Schweden auf dem Land und feiern zusammen mit Familien, Freunden Bekannten, Nachbarn und auch Urlaubern. Geschmückt mit Blumen im Haar, wird ausgelassen um den Mittsommerbaum getanzt und bis in den nächsten Tag gefeiert.
Tangofieber in Finnland
Seit mehr als 30 Jahren pilgern Tango-Liebhaber aus aller Welt Anfang Juli in die finnische Stadt Seinäjoki. Straßen und Plätze werden zu Tanzflächen umfunktioniert. Eine Woche lang wird leidenschaftlich bis in den Morgen Tango getanzt. Anfang des 20. Jahrhunderts schwappte der Tango auch nach Finnland. Allerdings wurde er hier etwas langsamer, sentimentaler und trauriger gelebt. Mittlerweile gibt es hier im hohen Norden kein Dorffest ohne Tango.
Mit seinem Roman “Fiesta” machte Ernest Hemingway das größte Ereignis in Pamplona die „fiesta de San Fermin” (6.Juli) populär, das mittlerweile Besucher aus aller Welt anzieht und zahlenmäßig an 3. Stelle (nach dem Karneval in Rio und dem Münchner Oktoberfest) zu den meist besuchten Attraktionen weltweit zählt. Kampfstiere werden durch die abgesperrten Straßen der Stadt zur Arena getrieben, und junge Burschen, traditionell in weißer Kleidung mit rotem Gürtel, versuchen ihren Mut zu beweisen und laufen vor den Stieren her, was häufig mit Blut und Tränen endet. In den folgenden Tagen wird in der ganzen Stadt getrunken und getanzt.
Ganz Frankreich feiert am 14. Juli seinen Nationalfeiertag, der an die Erstürmung der Bastille zu Beginn der französischen Revolution erinnert. Tagsüber finden in zahlreichen Städten Militärparaden statt. Die berühmteste ist die offizielle Nationalfeier auf der Pariser Avenue des Champs-Elysées. Und abends gibt es im ganzen Land Feuerwerke und bis in die kleinsten Ortschaften werden die “bals populaires”, die Festbälle, organisiert, bei denen die ganze Nacht das Tanzbein geschwungen wird.
Vor der historischen Kulisse des Edinburgh-Castle findet vom 3. bis 25. August in der schottischen Hauptstadt Edinburgh das sensationelle “Military Tattoo Festival” statt. Mit Dudelsackmusik und Trommelwirbel, Highl and-Tänzern und Feuerwerk, Musikern und Sängern aus aller Welt wird wild gefeiert.Der Begriff “Tattoo”, Zapfenstreich, stammt aus dem 17. Jahrhundert. Mit dem Ruf “doe den tap toe” (dreht die Zapfhähne zu) wurde das Schließen des Ausschanks in der Wirtsstube signalisiert.
Der Palio di Siena (Italien), eines der härtesten Pferderennen der Welt, wird zweimal pro Jahr, am 2. Juli und am 16. August ausgetragen. Der Ursprung geht bis auf das 11. Jahrhundert zurück. In den Tagen vor dem Rennen finden Festessen, das Segnen der Pferde und diverse andere Feierlichkeiten statt. Die Pferde müssen dreimal um den wunderschönen zentralen Platz, die “Piazza del Campo”, galoppieren. Geritten wird ohne Sattel und in einem derart rasanten Tempo, dass zuweilen auch ein Pferd ohne Reiter ins Ziel kommt. Sieger ist das schnellste Pferd. Nach dem Sieg gibt es ein “Te Deum” des Dankes in der Kirche Provenzano.
Highland Games in Schottland
Zwischen Ende Mai und Mitte September kommen Amateure und Semi-Profis zusammen und ringen, laufen, werfen, tanzen und spielen um die Wette. Zu den historischen Sportarten gehören das Tauziehen (tug o’ war), der Hammerwurf (scottish hammer), und der Höhepunkt der Wettkämpfe ist das Werfen eines ca. 5 Meter langen und bis zu 70 kg schweren Baumstammes (tossing the caber), wobei es nicht auf die Weite ankommt, sondern auf eine präzise Landung. Es besteht Kilt-Pflicht. Die Damen, ebenfalls in kariert, messen sich im “highland dancing”. Dudelsäcke und Trommeln sorgen für lautstarke musikalische Untermalung.
Am 22. September heißt es in München “O’zapft is”. Mit dem traditionellen Trachtenumzug wird das Münchner Oktoberfest eröffnet. Bis zum 7. Oktober ist die “Wiesn” Treffpunkt von Jung und Alt. Wer jedoch wie in alten Zeiten das Oktoberfest erleben möchte, geht auf die “Oidn Wiesn”. Dort gibt es neben traditionellen Wurf- und Schießbuden ein historisches Kinderkarussell, eine Schiffsschaukel, einen Kettenflieger aus dem Jahr 1919, und im Original Motodrom von 1928, die älteste Steilwand der Welt.
“Remember, remember the fifth of November” Am 5. November wird in London die “Bonfire Night” mit einem spektakulären Feuerwerk und vielen Fackelumzügen ausgiebig gefeiert. Diese britische Tradition geht auf die Pulververschwörung (Gunpowder Plot) von 1605 zurück, als der katholische Verschwörer Guy Fawkes versuchte, das Parlament und König James I. in die Luft zu sprengen.
Lichterfest in Lyon (Frankreich)
Magische Lichtinstallationen bringen zum Jahresende die Besucher in Lyon zum Staunen.
Das “Fête des Lumières” dauert vier Tage und erreicht seinen Höhepunkt zu Maria Empfängnis am 8. Dezember. Neben Millionen von Kerzen in den Fenstern werden die Kathedrale Saint Jean und sämtliche anderen historische Gebäude und Plätze der Stadt und das Flussufer mit imposanten Lichteffekten und Musik in Szene gesetzt. Straßentheater und zahlreiche Konzerte bereichern die atemberaubenden Motive, die jedes Jahr Scharen von Zuschauern anlocken.
Von Petra Eissenbeiss
Schlagwörter: Europa, Geschichte, Kultur, Musik, Sehenswert, Traditionen