Barcelonas tierische Seite
Wenn Sie mal wieder mit Kindern auf Entdeckungsreise durch Barcelona gehen, machen Sie doch mal eine Tierrallye. Im letzten Artikel „Barcelona auf den zweiten Blick“ haben wir Ihnen schon den Fisch von Gehry vorgestellt. Doch der ist nicht das einzige animalische Wesen, das es in Barcelonas Symbolwelt zu entdecken gibt.
Hummer – wie du wieder aussiehst
Unser Titelbild in dieser Ausgabe ziert zum Beispiel die Skulptur eines Kaiserhummers (spanisch cigala) des spanischen Designers Javier Mariscal. Im Zuge der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele wurde die Moll de la Fusta als hippe Restaurantmeile neuangelegt. Der Inhaber des Restaurants „Gambrinus“ Alfred Arribas bat seinen Freund Mariscal, der auch das Maskottchen der Olympischen Spiele designt hatte, eine riesige Skulptur zu entwerfen, um sein Chiringuito von den anderen Lokalen zu differenzieren. 1989 wurde die mehr als 15 Meter große „La Gamba“, eigentlich eine Garnele mit Hummerscheren, eingeweiht. Nach den Olympischen Spielen konnten sich die Restaurants in der Zone nicht halten. Die meisten mussten bald schließen, unter ihnen das „Gambrinus“. La Gamba wurde eingelagert.
Im Jahre 2004 wurde die an die Comicwelt angelehnte Skulptur vom Ayuntamiento von Barcelona erworben, restauriert und an die alte Stelle gesetzt. Sie soll das Wahrzeichen eines Neubeginns für die noble Restaurantmeile sein. Bei den Selfie-Künstlern von heute erfreut sie sich großer Beliebtheit, was könnte besser die Wonnen eines Urlaubs am Mittelmeer repräsentieren, als ein Foto unter einer freundlichen Riesengamba.
Ungestiefelter Kater – El Gato Botero
Die überdimensionale knuddelige Katze des Künstlers Fernando Botero gehört seit 1987 der Stadt Barcelona. Doch wie für Katzen üblich schlich sie erst hierhin und dorthin, erkundete die Gegend, bevor sie sich 2003 auf der Rambla im Raval endgültig niederließ. Vorher war sie eine Zeitlang im Parque de la Ciutadella zu bewundern, dann in der Gegend des Olympiastadions und später bei Drassanes. Im Raval entfaltet die rundliche Katze mit dem freundlichen Gesicht ihre Wirkung als Treffpunkt und Fotokulisse.
Und wer von den vielen Touristen meint, die Rundungen irgendwoher zu kennen, der irrt nicht, denn das Pferd am Flughafen El Prat T2 von Barcelona ist vom selben Künstler. Auch dieses Werk des kolumbianischen Malers und Bildhauers aus Medellin wirkt als Orientierungspunkt für Anreisende und Abholer. Botero freut sich, wenn seine Bronzeskulpturen angefasst und beklettert werden, so kann das Publikum seine Freude an den rundlichen Plastiken teilen. In Bamberg hatten seine Werke so großen Erfolg, dass eine seiner Figuren, die „Liegende mit Frucht“, nach einer Ausstellung mithilfe zahlreicher Spender erworben wurde.
Es leben die curvy models.
Flirtende Giraffe und denkender Stier
Eine lasziv hingestreckte Giraffe mit über dem Vorderhuf drapiertem Schwanz findet sich am Ende der Rambla Catalunya, wo sie auf die Avenida Diagonal trifft. Der Bildhauer und Graveur Josep Granyer i Giralt wollte eine tierische Gestalt in unmöglicher, aber menschlich anmutender Position schaffen. Die kokettierende Giraffe wurde 1972 von einer Händlervereinigung, die sich Freunde der Rambla Catalunya nannte, eingeweiht. Sie bildet quasi den Endpunkt der Fußgängerzone. Am anderen Ende, an der Kreuzung Gran Via findet sich als Pendant der Denkende Stier, ein echter Sitting Bull mit nachdenklich aufgestütztem Kopf. Wenn Ihnen die Posen der beiden Tiere bekannt vorkommen, dann schauen Sie sich mal Rodins Denker an und die Venus Victrix von Canova. Ähnlichkeiten sind nicht von der Hand zu weisen.Es sollten eigentlich noch 8 weitere Plastiken hinzukommen und die ganze Straße zu einem sehenswerten Skulpturenpark machen, doch offensichtlich war bereits mit der Aufstellung dieser zwei an den Endpunkten der Zweck erfüllt, einer Umstrukturierung zu einer Verkehrsader entgegenzuwirken. Heute sind die zwei Figuren so beliebt, dass sogar mal jemand ernsthaft versucht hat eine von ihnen zu stehlen.
Das letzte Mammut
Im Parque de la Ciutadella kann man noch ein Mammut in Echtgröße bestaunen. Es wurde in Beton gefertigt, nach einer Vorlage von Miquel Dalmau. Angedacht als der Auftakt einer Reihe von lebensechten Skulpturen, ist es bei diesem einen Modell geblieben, weil der Entwickler des Projektes, der Geologe und Höhlenforscher Norbert Font gestorben ist. Font hatte als Mitglied der Vereinigung der Naturwissenschaften von Barcelona nach der Weltausstellung 1888 den Park mit lebensgroßen Figuren der Tiere bevölkern wollen, die Katalonien vor tausenden von Jahren bewohnt hatten. Das Mammut wurde 1906 errichtet, 1910 starb Font und mit ihm der ambitionierte Plan. Die Modelle für weitere Statuen mit prähistorischen Dinosauriern kann man heute im geologischen Museum bewundern.Da Barcelonas Mühlen manchmal etwas langsam mahlen, würde ich das Projekt noch nicht ganz für verloren erklären. Für Kinder und Großeltern in Barcelona ist es jedenfalls ein highlight beim Besuch des Parks, weil hier ein kindliches Staunen erzeugt wird, das sich im Laufe der Jahre trotz aller Animationen, science fiction und Technisierung nicht verändert hat.
Von Kati Niermann
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