Dossier Inseln: Schwimmende Entsalzungsanlagen
Bis vor wenigen Wochen hatte der Norden von Katalonien ein echtes Wasserproblem. Nicht nur das aufbereitete Trinkwasser wurde knapp, sondern das Wasser allgemein, vor allem zum Gießen der Gärten und Parks, zur Berieselung der Felder und zur Straßenreinigung. Wieder einmal stellte sich die Frage, wie die Wasserversorgung der Region sichergestellt werden kann, auch angesichts des immer deutlicher spürbaren Klimawandels.
Wir haben im TaschenSpiegel Nr. 146 schon einmal über die Entsalzungsanlage in El Prat de Llobregat berichtet, welche täglich bis zu 24% des Trinkwassers der Metropolregion Barcelona liefert. Aber in Zeiten großer Trockenheit fehlen dann immer noch 600 Millionen Liter Trinkwasser täglich (!), die zu einem nicht geringen Teil vom Tourismus und Hotelgewerbe verbraucht werden.
Nachdem der Plan, das Trinkwasser aus Sagunto mit Schiffen herbeischaffen zu lassen, ad acta gelegt wurde, ist die neueste Idee der Generalitat, im Hafen von Barcelona eine große schwimmende Entsalzungsanlage ankern zu lassen. Die mobile Anlage, welche von der Firma Avengoa gebaut und von der ATL (Ens d’Abastament d’Aigua Ter Llobregat) verwaltet werden soll, wird 6% des Trinkwassers der Metropolregion liefern, jeden Tag 40.000 m3. Das entspricht dem Tagesverbrauch von L’Hospitalet de Llobregat, der zweitgrößten Kommune Kataloniens. Die Kosten der Anlage sind auf 100 Millionen Euro veranschlagt, sie soll im Oktober 2024 fertig sein. Weitere zwölf mobile Entsalzungsanlagen sollen an der Costa Brava aufgestellt werden, um die Wasserversorgung über den Sommer zu garantieren.
Das größte Problem der Entsalzungstechnologie ist der hohe Energieverbrauch. In Las Palmas de Gran Canaria gibt es eine Entsalzungsanlage an Land, die das Energieproblem mittels Photovoltaik lösen will, welche auf einem schwimmenden Unterbau angebracht ist. Das Projekt wurde von mehreren Universitäten und Unternehmen gemeinsam gestemmt.
Chinesische Wissenschaftler nutzen Sonnenlicht direkt für die Entsalzung. Sie entwickelten ein nanoporöses Material aus Aluminium, das im Labor eine hohe Effizienz zeigte und zu kleinen und sehr günstigen Entsalzungsanlagen führen könnte.
Eine andere Lösung bietet das norwegische Start-Up Ocean Oasis an. Sie gewinnt die notwendige Energie aus der Kraft der Meereswellen. Der von ihr gebaute Prototyp einer schwimmenden Entsalzungsanlage mit Wellenantrieb befindet sich ebenfalls in Las Palmas. Bei genügendem Wellengang ist diese Lösung nicht einmal teurer als andere Energiequellen.
Die Kanarischen Inseln brauchen entsalztes Wasser zum Überleben, aber dafür müssen sie 15-20% ihres Energiekonsums aufwenden. Durch den Wellenantrieb könnte dieser Prozentsatz um 40% gesenkt werden!
Auch das kanadische Start-Up Oneka Technologies hat eine schwimmende Entsalzungsanlage entwickelt, die ohne Strom funktioniert und sich der Energie des Meeres bedient. Sie soll täglich 49.000 Liter Trinkwasser produzieren können. Mehrere Module können miteinander verbunden werden, um noch mehr Energie zu produzieren.
Die Europäische Union hat nicht nur das norwegische Projekt mitfinanziert, sondern auch noch die Firma HydroVolta aus dem belgischen Leuven beauftragt, eine Technologie zu entwickeln, die alle Arten von nicht trinkbarem Wasser säubern kann, also Salzwasser, Brackwasser, nitrathaltiges Wasser und Industrieabwasser. Ihre „Hybridcontainer” verwandeln Meerwasser je nach Salzgehalt in 50-70% Trinkwasser, und das bei wenig Energie- und Chemikalienverbrauch. Außerdem sind die Maschinen wartungsfrei und selbstreinigend.
Von Dr. Katharina Städtler, Mai 2024
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