Leipziger Buchmesse 2024 – Ein deutsch-katalanischer Stand
Ist das Verlagswesen noch so klein, sollte es dennoch dabei gewesen sein!
Diesen Gedanken im Sinn war der Hamburger Lehmweg Verlag schon einmal zur Leipziger Buchmesse angemeldet, doch wie allerorts war diese in den Jahren der Corona-Pandemie 2020/2021 kurzfristig suspendiert worden. Endlich hatte 2023 eine der weltweit bedeutendsten Buchmessen wieder ihre Tore für Aussteller und Besucher geöffnet. Im März 2023 bahnten wir uns deshalb den Weg durch die fünf riesigen Leipziger Messehallen entlang der unzähligen Bücherstände zu den Leseveranstaltungen, um die Örtlichkeiten für uns auszutesten.
Dieses Jahr stand unsere Teilnahme fest. Im August 2023 waren die ersten Formalitäten zur Messeanmeldung fällig. Angaben zur Halle, Art des Standes, Parkplatz, Messeausweise, Übernachtungen, etc. mussten gebucht werden, entweder digital oder telefonisch. Die Hotels in Messenähe waren im Vorjahr bereits ausgebucht. Im Oktober 2023 konnten wir nur noch 2 Hotelzimmer im Hotel Achat ergattern, das sich zwar Messehotel nennt, aber auswärts im Stadtteil Wiederitzsch (Leipzig-Nord) an der Salzhandelsstraẞe liegt. Monatelang dauerte die Organisation für die Messeteilnahme. Unsere Präsenz wollten wir durch eine weitere Person verstärken. Zum Glück war unsere hilfsbereite Gaby Götting bereit, als Dritte im Bunde mitzuwirken.
Am Vorabend des offiziellen Messebeginns mussten die Stände aufgebaut werden. Nach eiliger Fahrt von Hamburg nach Leipzig in einem Lieferwagen trafen wir uns mit Gaby, die von Barcelona nach Berlin und von dort mit dem Flixbus nach Leipzig gekommen war. Zuerst war der Parkberechtigungsschein in der Glashalle abzuholen. Aber wo war diese eine Glashalle? Alle Hallen waren verglast oder mit einem Glasdach überdeckt. Keine leichte Suche auf dem riesengroßen Messeareal mit etlichen Zugangsstraßen. Schließlich fanden wir die Eingangshalle vor einem Teichbecken und davorstehenden Skulpturen. Am Parkplatz für Aussteller war man vor den Hallen emsig mit dem Ab- und Aufladen von Büchern und Materialien beschäftigt. Am 20.3. füllten wir um 14 Uhr in Halle 5 die Regale des Messestandes F-210 mit unseren Büchern. Zu Dritt war der Kleinstand von 2×2 Quadratmetern schnell aufgebaut. Anderthalb Stunden später standen in Reih‘ und Glied: unsere zweisprachigen katalanischen Klassiker Victor Català, Narcis Oller und Ramon Llull, die Sachbücher über katalanische Geschichte und Aktualität, Exilliteratur und die Landschaftsbücher zu Mecklenburg-Vorpommern und Frankreich. Auch verschiedene Exemplare vom TaschenSpiegel hatten wir ausgelegt. Nun konnte der „Sturm“ am nächsten Tag um 10 Uhr loslegen!
Unter dem signifikanten Motto „Alles andere als flach“ präsentierten die Verlage und Autoren der diesjährigen Gastländer Niederlande und Flandern ihre Werke auf Europas größtem Lesefest. Zur offiziellen Eröffnungsfeier der Leipziger Buchmesse 2024 im „Gewandhaus Leipzig“ waren zwischen den konzertanten Einlagen illustre Gäste geladen: der Kanzler Olaf Scholz – dessen Rede dreimal durch lautstarke Zwischenrufe unterbrochen wurde, während er sich unbeirrt Gehör verschaffte und Polizisten die Störer diskret abführten – , die Ministerpräsidenten der Niederlande und Flanderns – beide antworteten der Journalistin in fehlerfreiem Deutsch – sowie der Preisträger Omri Boehm, ein deutschstämmiger Israeli, der eine beeindruckende Rede über Kant, die Aufklärung und ein Plädoyer für Verständigung und Freundschaft in deutscher und englischer Sprache hielt.
Vier Tage lang – vom 20.-23. März 2024 – lebte die Kulturstadt Leipzig vom Lesen. Auf 2.800 Veranstaltungen sorgten 3.400 Mitwirkende – allen voran die fantasievoll kostümierten Manga-Comics – für farbenfrohe Vielfalt. 283.000 Besucher belebten die fünf riesigen mit kleinen und großen Verlagsständen gefüllten Hallen. Das bedeutendste Frühjahrsereignis der Buch- und Medienbranche bringt Leser, Autoren, Verlage und Medien an einem Ort zusammen, um den Facettenreichtum der Literatur zu feiern, miteinander zu kommunizieren und Neues zu entdecken. Auch an unserem Stand fanden sich einige unserer besten Freunde ein und viele Neugierige, plauderten mit uns und kauften manchmal ein Buch. Sogar eine großzügige Spende für den TaschenSpiegel war dabei! Mit manchen Besuchern führten wir interessante und anregende Gespräche. Auch tauschten wir literarische Neuigkeiten mit den benachbarten Verlagsständen aus, insbesondere mit dem Verlag gegenüber, der sich auf deutsche Übersetzungen italienischer Literatur spezialisiert hat. Zwischendurch drehten wir eine Runde durch glasüberdeckte Tunnel zu den anderen Hallen oder holten uns ein Fischbrötchen draußen an der Bude.
Prominente Politiker wie die Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth und der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer sahen wir vorbeischreiten. Letzterer warf einen kurzen prüfenden Blick auf unsere ausliegenden Bücher über Katalonien –insbesondere Visca Catalunya – sah das katalanische Fahnenstück und wandte sich eifrig dem sächsischen Verlag am Nebenstand zu.
Leipzig bietet etliche kulturelle Anreize, die kaum wahrgenommen werden, wenn man einen Messestand betreut. Fast obligatorisch ist ein Besuch in „Auerbachs Keller“, den Goethe in seinen Studienjahren frequentierte und in seinem Faust I (Szene 5) verarbeitete. So lud der Lehmweg Verlag am Abend des 1. Messetages zwei bestbefreundete Ehepaare und Gaby zum Abendessen ein im dekorierten, geschichtsträchtigen Lokal mit gemütlichem Ambiente unweit der berühmten Thomaskirche, in der Johann Sebastian Bach von 1713 bis 1750 als Kantor den Thomanerchor leitete. Es war ein lustiger Abend voller Leipziger Impressionen.
Am Sonntag, den 24. März um 17 Uhr sollten alle Bücherstände geräumt und gesäubert werden. Ein wenig wehmütig – die aufregenden Tage waren im Fluge vergangen – ließen wird den Abend an der Hotelbar bei einem Glas Sekt ausklingen. Wir zogen ein klares Fazit: der hohe persönliche und finanzielle Einsatz hat sich trotz spärlicher Einnahmen für unseren Verlag gelohnt. Die Teilnahme an der Leipziger Buchmesse bleibt für uns alle eine unvergessliche bereichernde Erfahrung, die wir keinesfalls missen möchten.
Von Dr. phil.Evelyn Patz Sievers, Mai 2024
Infos
www.lehmweg-verlag.com
Schlagwörter: Europa, Kultur, Literatur