46 besondere Tage und 4500 Seemeilen

Vicky Zöller am Steuerrad der „Statsraad Lehmkuhl“, Foto: Vicky Zöller
Dossier Besondere Tage
…durfte die frisch am Instituto de Ciencias del Mar in Barcelona (ICM-CSIC) promovierte Vicky Zöller auf dem Großsegler „Statsraad Lehmkuhl“ in wissenschaftlicher Mission zur UN-Ozeankonferenz in Nizza miterleben. Ich hatte Gelegenheit, mit ihr über ihre Arbeit an Bord zu sprechen.
Der 111 Jahre alte norwegische Dreimaster „Statsraad Lehmkuhl“ ist normalerweise ein Segelschulschiff, aber gleichzeitig mit modernster Forschungsausrüstung bestückt und dient deshalb mitunter als schwimmende Universität. Von April 2025 bis April 2026 ist dieses Schiff auf einer internationalen Reise zur Förderung der Nachhaltigkeit der Ozeane. Im Laufe der zwölf Monate besucht die Expedition 27 Häfen auf drei Kontinenten und ist Teil einer globalen Initiative, um mehr Aufmerksamkeit auf die wichtige Rolle der Meere für eine nachhaltige Zukunft auf unserem Planeten zu lenken. Einen besonderen Stopp gab es an der französischen Mittelmeerküste zur 3.Weltozeankonferenz der Vereinten Nationen (UNOC-3) vom 09.-13. Juni 2025 in Nizza sowie der Sonderveranstaltung One Ocean Science Congress vom 04.-06. Juni, ebenfalls in Nizza, mit der Zusammenkunft von über 2000 Wissenschaftlern aus aller Welt. Während der Konferenztage diente das Schiff als schwimmende Arena für Konferenzen, Workshops sowie zahlreiche Empfänge.
Vicky Zöller begleitete die Expedition zusammen mit 50 weiteren Jungwissenschaftlern auf der Fahrt von Tromsö über Reykjavik und Mahon bis Nizza.

Großsegler „Statsraad Lehmkuhl“, Foto: Vicky Zöller
Etwa 400 early career reseachers (Doktoranden, Postdocs, Masterstudenten) hatten sich für die Teilnahme an der von der European Space Agency (ESA) finanzierten Forschungsfahrt beworben. Vicky Zöller, die sich im Bereich der physikalischen Ozeanographie spezialisiert hat, gelang es mit ihrem Projekt zu Ozeanwirbeln (vortices) einen der begehrten Plätze an Bord zu ergattern. Diese Wirbel haben Durchmesser von zehn bis zu hunderten von Kilometern oder noch größer zu berechnen. Auf der Fahrt galt ihr Interesse vor allem dem Lofotenwirbel zwischen Tromsö und Reykjavik. Warum sind diese Wirbel interessant? Ähnlich wie bei Tief- und Hochdruckgebieten in der Atmosphäre gibt es im Meerwasser ebensolche Zyklone und Antizyklone. Erstere sorgen dafür, dass Tiefenwasser und damit kaltes nährstoffreiches Wasser nach oben kommt, letztere führen warmes Oberflächenwasser in die Tiefe. So haben beispielsweise die berühmt-berüchtigten schwimmenden Plastikinseln ihren Ursprung in solchen Wirbeln.
An der Zusammenführung dieser physikalischen Erkenntnisse mit anderen Projekten bzw. in situ Messungen – gleichzeitig unterstützt durch Satellitendaten der ESA- lag das Hauptinteresse der Expedition. Es wurde einmal mehr deutlich, wie essenziell wichtig der Datenaustausch (Open Data = freier Zugang zu Forschungsergebnissen) für Fortschritte im Verständnis der Ozeane ist. Von der sonst oft üblichen Konkurrenz unter Wissenschaftlern war -wahrscheinlich auch dank der acht Stunden Schichtdienste an Deck neben der Forschungstätigkeit – bald nichts mehr zu spüren. „If you want to go fast go alone, if you want to go far go together”, wurde rasch zum Leitmotiv. In einem Abschlussmanifest formulierte die Forschungsgruppe ein erstes Statement. „We cannot protect what we don‘t know“ steht da in der Überschrift und betont nochmals, wie wichtig solche Expeditionen und der Wissensaustausch sind. Aber klar ist schon jetzt noch bevor alle Daten ausgewertet sind: „There is no green without blue!“
Von Uta Illing, August 2025
Schlagwörter: Moderne Welt