Feinsinn zwischen Orient und Okzident
Kian Soltani
Den jungen österreichischen Cellisten Kian Soltani zeichnen nicht nur Individualität und Ausdruckstiefe aus, sondern auch technische Brillanz und sein charismatisches Auftreten. Darüber hinaus besticht er durch seine Fähigkeit, stets eine besondere emotionale Verbindung mit dem Publikum entstehen zu lassen. Kian Soltani, der ehemalige Rising Star, ist inzwischen einer der gefragtesten Cellisten unserer Zeit.
Kian Soltani, Sohn einer persischen Musikerfamilie, wurde 1992 in Bregenz geboren. Mit vier Jahren begann er, Cello zu spielen, und als Zwölfjähriger wurde er in die Klasse von Ivan Monighetti an der renommierten Musik-Hochschule in Basel aufgenommen. Elf Jahre blieb er in der Obhut von Monighetti, der übrigens einer der letzten Schüler von Mtislaw Rostropowitsch am Moskauer Konservatorium war.
2014 wechselte er als Stipendiat zur Anne-Sophie-Mutter-Stiftung und perfektionierte gleichzeitig sein Können als Mitglied des Programms „Junge Solisten” an der Kronberg Academy und später an der Internationalen Musikakademie Liechtenstein. Der internationale Durchbruch gelang Kian Soltani mit 19 Jahren, als er sein gefeiertes Debüt im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins und bei der Schubertiade in Hohenems gab. Weltweit jedoch machte er auf sich aufmerksam, als er im April des Jahres 2013 den Internationalen Paulo Cello-Wettbewerb in Helsinki gewann, wobei er vom Magazin Ostinato als „Solist der neuen Cello-Generation auf höchstem Niveau” gepriesen wurde. Danach folgten der Leonard Bernstein Award und im Dezember 2017 der renommierte Credit Suisse Young Artist Award.
In bemerkenswert kurzer Zeit haben ihn nicht nur begeisterte Kritiken, sondern vor allem Einladungen in große internationale Konzertsäle vom jungen Star zu einem der aufregendsten Musiker seiner Generation gemacht. Erwähnenswert waren seine Auftritte mit dem West-Eastern Divan Orchestra als Solist neben Daniel Barenboim in Beethovens „Tripelkonzert” in Berlin und bei den Festspielen in Salzburg und Luzern und den BBC Proms. Weitere Höhepunkte seiner Karriere waren die Tourneen mit Anne-Sophie Mutter und das Galakonzert mit dem Boston Symphony Orchestra in Tanglewood anlässlich Leonard Bernsteins 100. Geburtstag im August 2018.
Unvergessen bleibt seine Interpretation des anspruchsvollen Cello-Konzerts von Antonín Dvořák, ob mit zartestem Belcanto oder unbändiger Lust am Energiegeladenen spielte er sich mit Freude und Hingabe in die Herzen seiner Zuhörer.
Nicht nur sein österreichisches Zuhause, auch seine iranische Abstammung prägten Kian Soltani. So wählte er für seine Einspielung Home, begleitet vom Pianisten Aaron Pilsan, neben Werken für Cello und Klavier von Schubert und Schumann auch persische Volkslieder.
Die sieben persischen Volkslieder für Violoncello und Klavier vom iranischen Komponisten Reza Valis wurden auf diesem Wege zum ersten Mal eingespielt. Er hat ähnlich wie Béla Bartók Originalmelodien seiner Heimat verarbeitet oder Motive stilistisch nachempfunden und mit westlichen Harmonien kombiniert. In „Das Mädchen von Shiraz“ beispielsweise zitiert Vali – kurz vor Schluss – Wagners „Tristan“-Motiv. Beide Künstler präsentieren mit Leidenschaft, Witz und Virtuosität interessante Musik, die die „Heimat” zwischen Orient und Okzident thematisiert. Darüber hinaus hat Soltani zusammen mit Daniel und Michael Barenboim drei Kammermusik-Alben mit Klavierquartetten von Mozart und sämtlichen Klaviertrios von Beethoven eingespielt.
Sein neuestes Album Cello Unlimited ist eine Huldigung an sein Instrument und eine Reise durch die Filmmusik. Soltani ist hier nicht nur Interpret, sondern auch Arrangeur und Komponist. Zugrunde lagen Sounds aus seinen Lieblingsfilmen „Der Herr der Ringe”, „Der Fluch der Karibik”, „Bourne Identity” und „Das Parfüm”.
Dank einer großzügigen Leihgabe spielt Kian Soltani das London ex Boccherini 1694– Cello von Antonio Stradivari.
von Petra Eissenbeiss, August 2022
Schlagwörter: Kultur, Musik