Kurzurlaub im Weihnachtskalender
Es ist Abend, ich sitze im Cafe Can Menció und schaue auf die Arkaden, die den Hauptplatz von Santa Pau umrunden. Mich befällt ein leichtes Frösteln und ich bestelle mir einen heißen Kakao. Nichts ist besser, um ein echtes Weihnachtsfeeling heraufzubeschwören.
Viele von uns können in diesem Jahr ihre Weihnachtsvorbereitungen nicht so wie gewohnt treffen. Wie soll man denn ohne Weihnachtsmarkt, Glühwein, Plätzchenbacken mit Freunden und Julklapp in Weihnachtsstimmung kommen? Ich kann einen Kurztrip in dieses mittelalterliche Dorf Santa Pau empfehlen. Im Ortskern fühlt man sich wie in einer Weihnachtskrippe, oder besser noch wie in einem Weihnachtskalender, bei dem man sich fragt, was sich wohl hinter dem nächsten Türchen verbirgt.
Das trutzige Dorf mit seinen dicken steinernen Mauern hat vielleicht 1500 Einwohner. Es liegt mitten im Vulkangebiet Garrotxa. Seinen Anfang nahm es, als eine der einflussreichsten Baronien im Gebiet um Girona beschloss, ihren Sitz am Fuße eines Ausläufers der Sierra de Finestres zu nehmen. In deren Schutz siedelte sich rasch eine kleine Gemeinde an, die vorher verstreut lag. Bald war der Kern dieser Siedlung groß genug, um einen Markt zu begründen. Marktflecken und Siedlung scheinen seit 6 Jahrhunderten nahezu unverändert zu bestehen und wurden deshalb auch 1971 zur kunsthistorisch wertvollen Einheit erklärt.
Wenn man sich Santa Pau nähert, kann man den alten Stadtkern vor der Kulisse des Höhenzuges bewundern. Die Burg der Baronie mit ihrer quadratischen Grundform, die an einer Ecke von einem quadratischen Turm überragt wird, wirkt in ihrer steinernen Schlichtheit aufrecht und wehrhaft, wie für die Ewigkeit entworfen. Der Eindruck wird von einer soliden Stadtmauer verstärkt. Im Inneren dieser Stadtmauer fühlt man sich augenblicklich geborgen. Die Kirche Santa Maria, die den Kontrapunkt zum Palast des Barons bildet, beherrscht eine Seite der Plaça Major. Auf den beiden anderen Seite des eher dreieckigen Platzes sieht man die steinernen Arkaden, die früher bei Schlechtwetter Zuflucht boten, so dass der Markt wetterunabhängig abgehalten werden konnte, und heute die weihnachtliche Stimmung des Ortes verstärken.
Als Unterkunft ist das Can Menció sehr zu empfehlen, zu dem auch das oben genannte Café gehört. Hier kann man morgens und abends das beruhigende Flair des Ortes in sich aufnehmen, während man tagsüber von hier aus hervorragend zu verschiedenen Wanderungen in die Umgebung starten kann. So kann man den Croscat erkunden, den größten Vulkankegel auf der iberischen Halbinsel. Sehr schön ist auch ein Picknick im weiten Vulkankrater Santa Margarida, der sogar eine romanische Kapelle beherbergt. Die Fageda d’en Jorda, der imposante Buchenwald auf dem Vulkangestein, ist leider kein Geheimtipp mehr. Wenn Sie längere Zeit bleiben, sollten Sie die Fageda lieber unter der Woche besichtigen, da sie ein sehr beliebtes Wochenendausflugsziel ist.
Und wenn es abends dunkelt und fröstelt, dann kann man in jedem Restaurant der Umgebung die berühmten Santa Pau-Bohnen im Gericht farinetes de fajol genießen. Ein typisches Wintergericht, das uns vollends auf die kalten Tage einstimmen kann. Plötzlich ist es gar nicht mehr so schlimm, einmal auf den üblichen alljährlichen Weihnachtstrubel zu verzichten, wenn man dafür diese innere Einkehr, diese ganz besondere Mischung aus Natur und jahrhundertelanger Beständigkeit erleben kann.
Von Kati Niermann, November 2020
Schlagwörter: Ausflüge, Katalonien