Ein Stolperstein von Köln für Barcelona
Am 15. Oktober 2020, genau 80 Jahre nach der Erschießung des katalanischen Präsidenten Lluís Companys, verlegte die Großnichte Mariona seinen Stolperstein in Barcelona vor dem Palau de la Generalitat de Catalunya.
Leider konnte der in Köln ansässige Künstler Gunter Demnig, der Gründer des größten dezentralen Erinnerungskunstwerkes weltweit, an der Verlegung nicht teilnehmen. Stellvertretend war Heike Keilhofer, die Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln-Barcelona e. V. (Köln-Barcelona) vor Ort. Der Verein hatte den Stolperstein vorgeschlagen und gestiftet.
Damit hat Gunter Demnig einer Ausnahme zugestimmt, denn normalerweise verlegt er immer den ersten Stolperstein in einer Stadt. Dieses Entgegenkommen war nicht nur der Pandemie geschuldet. „Es ist das bisher schwierigste und langwierigste Projekt des Vereins Köln-Barcelona, sagte Heike Keilhofer in ihrer auf Katalanisch gehaltenen Rede während des offiziellen, live übertragenen Festaktes im Palau.
Die Städte Köln und Barcelona sind seit 1984 offizielle Partnerstädte. Gründungsväter waren die damaligen Bürgermeister Norbert Burger und Pasqual Maragall. Für den Kölner Norbert Burger war es ein großes Anliegen, dass Partnerstädte nicht nur auf dem Papier bestehen und sich die gewählten Vertreterinnen und Vertreter bei offiziellen Besuchen austauschen, sondern für ihn war der gelebte Austausch der Zivilgesellschaft der eigentliche Wert einer Partnerstadt. Diesen Austausch mit der Zivilgesellschaft, ob in Kultur, Sport, Schule, Vereinen und auch den Austausch zur Geschichte kann eine Stadtverwaltung allein nicht leisten und vor allem nicht leben. Deshalb gibt es in Köln für jede der 22 Partnerstädte entsprechende Fördervereine.
Der Verein Köln-Barcelona wurde 1997 gegründet. Die Mitglieder sind ehrenamtlich und unabhängig von der Stadt Köln im Austausch der Städte aktiv. Zum Büro Internationales der Stadt Köln und dem Büro der Oberbürgermeisterin besteht dennoch enger Kontakt und regelmäßiger Austausch. Für die Stadt Köln sind die Partnerstädte so wichtig, dass die Fördervereine eine finanzielle Unterstützung erhalten und es zusätzlich Fördergelder für außergewöhnliche Projekte gibt.
2016 hatte der Verein beschlossen, konkret an der gemeinsamen Vergangenheit von Spanien und Deutschland und, im Besonderen an der von Barcelona und Köln, zu arbeiten! Dieser Teil der Geschichte ist auch in Köln eher unbekannt. Durch die Unterstützung Hitlers konnte Franco den Spanischen Bürgerkrieg überhaupt erst gewinnen und Spanien musste Jahrzehnte der Diktatur erleiden. Im Gegensatz zu Deutschland fand in Spanien kaum Aufarbeitung der Vergangenheit statt. Das Projekt Stolpersteine ist in Köln entstanden und da war es naheliegend, einen Stolperstein für eine bekannte Persönlichkeit in Barcelona zu spenden, um daran die gemeinsame Geschichte zu erarbeiten und daran zu erinnern.
In Katalonien kennt man die Geschichte des letzten vor der Diktatur gewählten Präsidenten Lluís Companys, der vor den Faschisten nach Paris fliehen musste, dort von der Gestapo aufgegriffen und an Spanien ausgeliefert, gefoltert und erschossen wurde. Aber in der Partnerstadt Köln weiß das fast niemand.
Der Verein Köln-Barcelona hat so einen kleinen Stein zur Vergangenheitsbewältigung beigetragen und freut sich, nun konkret auch in Köln den Austausch umsetzen zu können. So konnte das älteste Gymnasium der Stadt Köln, das Dreikönigsgymnasium, das selbst zwei Stolpersteine für getötete Schüler gestiftet hat, dafür gewonnen werden, in ihrer jährlichen Projektwoche „Stolpersteine“ jetzt auch die Geschichte von Lluis Companys zu erforschen. Anhand seiner Lebensgeschichte sollen besonders die jungen Generationen in den Schulen und Universitäten beider Städte ermuntert werden, aus der Vergangenheit für eine friedliche Zukunft zu lernen.
Heike Keilhofer: „Die Genehmigung zur Verlegung des Stolpersteins auf städtischem Gebiet in Barcelona hat ungewöhnlich lange gedauert. Ein Zeichen dafür, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit weder selbstverständlich noch einfach ist, und dass man dort stolpert, wo man es nicht vermuten würde. Umso wichtiger ist es aber, dass es nach vier Jahren doch zur Verlegung gekommen ist. Dieser Erfolg ist ein Erfolg Vieler, die uns in Köln und Barcelona geholfen haben. Allen voran Marta Simó, die ehrenamtlich alle Stolpersteinverlegungen in Katalonien koordiniert, und der Journalist und ehemalige Leiter des Memorial Democràtic Plàcid García-Planes“.
Von Heike Keilhofer, Verein Köln-Barcelona, Oktober 2020
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Schlagwörter: Barcelona, Katalonien