L’Arboç
Was macht den Reiz des Städtchens L’Arboç aus?
In der Maiausgabe 2017 des Taschenspiegels berichteten wir über das 1907 in L’Arboç errichtete Bauwerk La Giralda, dessen Turm dem berühmten maurischen Minarett in Sevilla nachgebaut ist und neben den beiden Kirchtürmen der Església Sant Julià die Silhouette von L‘Arboç prägt.
Nach wie vor ist der reichverzierte Bau La Giralda der Hauptanziehungspunkt des Ortes. Prunkvoll steht der Palast in gepflegten Gärten: eine faszinierend gestaltete Mischung von andalusischen Mudéjar-Stilelementen aus Sevilla, Granada und Córdoba. Die ausgiebige Besichtigung dieses weithin berühmten Anwesens macht den Besuch von L’Arboç anziehend. Darüber hinaus birgt das Städtchen eine Fülle von bewundernswerten architektonischen und kulturellen Überraschungen.
Im Baix Penedés, dem östlichen Teil, des katalanischen Weinanbaugebietes Penedés gelegen – unweit von Vilafranca und Sant Sadurni d’Anoia – blickt das ca. 5400 Einwohner zählende L’Arboç auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Erstmals als lateinisches „Arbucio“ dokumentiert, wird dem Ort 1202 das Marktrecht eingeräumt. Spuren von gotischen Fresken sind in der mittelalterlichen romanischen Capella dels Dolors (12. Jrh.) zu finden, die heute in die Església de Sant Julià (1650) – wegen ihrer Dimensionen auch „Kathedrale des Penedès“ genannt – integriert ist.
Dem volkstümlichen Ausspruch „L’Arboç és el poble de les cases boniques, o que l’Arboç és Terra de bon vi i de puntes al coixí“ („L’Arboç ist das Dorf schmucker Häuser oder L’Arboç ist Boden für guten Wein und Klöppelspitzen fein“) wollen wir nachspüren.
Auf unserem Rundgang über die carrer major entdecken wir etliche der zum Ende des 19. Jahrhunderts im Stil des katalanischen Modernismus gebauten Häuser wie das Ajuntament, das Tourismus-Büro Casa de Cultura, die Pastisseria La Confiança, oder das Eckgeschäft Les Amériques, auf dessen Dach jene Kolumbus-Statue thront, die auf der Weltausstellung von 1888 in Barcelona den Tabakstand Gener schmückte. Dort gegenüber können wir durch die Fenster des Klöppelspitzenmuseums Museu de les Puntes de Coixí einigen Frauen beim Herstellen der filigranen Klöppelspitzen zuschauen. Ornamentale Motive machen diese feinen Spitzenarbeiten zu Kunstwerken, die die Wände des Museums dekorieren. Im Museumsladen können geklöppelte Mitbringsel erworben werden.
Am Ende der Rambla Gener erhebt sich ein neoklassizistisches Gebäude aus den Jahren 1873-1889. Der massive mit zwei Türmen, Kuppeldächern und weitläufigen Balkonen ausgestattete Palau Gener i Batet war die Wohn- und Gartenanlage des aus Les Indies (Kuba) zurückgekehrten, zu Reichtum gelangten Tabakindustriellen Josep Gener i Batet. Seit 1969 dient das Bauwerk als Residenz und Schule. Der Garten wurde mit Schwimmbad und Sportplatz umgerüstet.
Ein ebenso sehens-wertes modernisti-sches Gebäude ist das von 1905-1911 als Ersatz des mittelalter-lichen Hospitals erbaute Hospital de Sant Antoni, dessen Konstruktion an ein Kloster mit Kapelle und Kreuzgang erin-nert. Heute sind hier städtische Einrichtun-gen und eine Senio-renresidenz unter-gebracht.
Die zahlreichen folk-loristischen Veran-staltungen beweisen das hohe Kulturgut von L’Arboç. Die typische „Festa Major“ findet alljährlich am 4. Augustsonntag statt. Sie zeichnet sich durch ein großes Aufgebot von Teilnehmern, den Ball de Diables und den Ball de Bastons, Gegants und die Castellers Minyons de l’Arboç aus und wurde 2009 als Festa Patrimonial d’Interès Nacional katalogisiert. Der von etwa 60 feuerspeienden Teufeln getanzte Ball dels Diables ist besonders spektakulär. Das 6-tägige Fest repräsentiert beispielhaft die vielfältige Folklore Kataloniens.
Schließlich sind die verschiedenen Märkte erwähnenswert. Die bedeutendste Veranstaltung im Penedès ist die Fira Modernista, die nicht nur Speisen an Verkaufsbuden, sondern zahlreiche Theater- und Tanzvorführungen in entsprechender Epochen-Kostümierung darbietet. Die Fira de la Cervesa Artesana oder die Mostra de l´Enramada (ein mit Spinat, Paprika und Würstchen belegter flacher Hefekuchen nach Pizzaart) verkaufen kulinarische Köstlichkeiten aus der Gegend.
Absolut sehenswert (Youtube!) ist die 1961 gegründete Tanzgruppe Esbart de Sant Julià de L’Arboç, die am 9. Januar (Sant Julià) die Zuschauer mit Trachtentänzen und katalanischer Volksmusik begeistert. Ähnlich agil ist die 2017 mit dem renommierten Creu de Sant Jordi ausgezeichnete Theatergruppe L‘Elenc Artístic Arbocenc aus dem Jahr 1906. Nach der pandemiebedingten Pause inszeniert diese am 11. und 12. Dezember 2021 das Musical Jesus Christ Superstar auf der Bühne von L‘Arboç.
Wenn euch der kurze Rundgang durch L’Arboç zu einem Besuch animiert hat, werdet ihr von touristischen Wegweisern begleitet. An den genannten Festtagen ist ein unvergessliches Vergnügen garantiert!
Von Dr. Evelyn Patz-Sievers, DEzember 2021
Quellen: Esteve Cuanyes Oliver, “100 Fites Històriques de la Vila de l’Arboç”; Ajuntament de L’Arboç, https://larbocturistic.cat/;
Esbart Sant Julià de l’Arboç, https://www.facebook.com/esbartsantjulia; Elenc Artístic Arboce c, www.elencartisticarbocenc.cat
Schlagwörter: Ausflüge, Katalonien