Alles wird besser, oder?
Im Interview mit der Verlegerin María Bohigas in dieser Ausgabe betonte sie den Wert des gedruckten Buches: „Wenn wir das gedruckte Buch aufgeben, sind die Möglichkeiten der Manipulation und Zensur unbegrenzt.“ Auch zollte sie gerade den europäischen Romanautorinnen einen großen Tribut, denn Mercé Rodoreda, Victor Catalá, Emily Bronté oder Virginia Woolf haben einen außergewöhnlichen Beitrag zur Erneuerung des europäischen Romans geleistet. Die zeitgenössische Schriftstellerin Almudena Grandes hat in ihrem bisherigen Werk als eine Art Chronistin in fünf Romanen ihr Augenmerk auf schutzlose Menschen vor der demokratischen Transition in Spanien gelegt und ihre Geschichten zwischen Bedrohung der persönlichen und moralischen Freiheit und der Repression der Machthaber ans Tageslicht geholt. Diese Lebensläufe haben uns sehr nachdenklich gemacht, was die offizielle Geschichtsschreibung anbelangt. Zwei Romane waren bereits angelegt, als die Pandemie ausbrach und sie sich entschied, einen futuristischen Roman anzugehen, deren Ausgangspunkt die Zerbrechlichkeit und Verwundbarkeit der modernen Demokratie ist, wie wir sie während der Pandemie kennengelernt haben. Sie treibt darin unsere Ängste auf die Spitze. 2021 ist sie an Krebs erkrankt und hat den Kampf leider noch im gleichen Jahr verloren, ohne dass sie ihren neuen Roman zu Ende schreiben konnte. Sie hatte sechs Kapitel geschrieben, als abzusehen war, dass sie dieses Werk nicht fertigstellen werden würde. Mit ihrem Mann, Luis García Montero dem Dichter und Professor für spanische Literatur kam sie überein, dass er das fehlende Kapitel nach ihren Vorstellungen fertigstellen würde. Eine große Liebegeschichte. Posthum wurde der Roman nun veröffentlicht. Es beweist auch, dass Männer in ihrer Partnerschaft nicht nur Alltägliches erlernen, sondern selbst das intellektuelle Erbe ihrer Frau zu Ende führen können. Nicht nur umgekehrt wie wir es früher bei großen Komponisten und Schriftstellern gesehen haben. Überall sind also Frauen und Männer guten Willens auf dem Weg. Der Titel von Almudenas Grandes letztem Roman macht deshalb Mut: Todo va a mejorar.
Editorial Taschenspiegel Nr 156
Von Ina Laiadhi, Chefredakteurin
Titelbild 156: Graffitti von Gaston Liberto in Barcelona.
Hoy toca paz – Heute ist Frieden an der Reihe.
Foto von laiadina
Schlagwörter: Frauen, Literatur