Barcelonas ältester ehemaliger Stierkampfplatz
Einkaufszentrum „Las Arenas“
In Barcelona zeugen zwei ehemalige Stierkampfplätze – Las Arenas und La Monumental -, beide in entgegengesetzter Richtung an der 16 km langen horizontalen Verkehrsader Gran Vía de les Corts Catalanes errichtet, von einer seit Jahrhunderten praktizierten spanischen Tradition.
Namhafte Künstler und Schriftsteller waren begeisterte Stierkampfanhänger, wie Picasso, der eine ganze Stierkampfserie zeichnete, oder Hemingway, der den Stierkampf in seinen Romanen eingehend beschrieb. In der 1914 erbauten modernistischen Arena La Monumental wurde bis zum Jahr 2011 der letzte als fiesta bezeichnete Stierkampf ausgetragen, während Las Arenas bereits 1977 seine Tore schloss. Werden in manchen – hauptsächlich andalusischen – Städten Spaniens (aber auch in anderen Ländern) noch heute Stierkämpfe an Sonn- und Festtagen veranstaltet, distanzierte sich Katalonien im Jahr 2012 von dieser spanischen Tradition mit einem definitiven Stiefkampfverbot.
Der Stierkampfplatz Las Arenas – vom Architekten Augusto Font Carreras im Neo-Mudejar-Stil direkt am Plaça Espanya erbaut – öffnete 1900 seine Tore. Das Wort „Mudejar“ ist von den arabischen „Mudeyyan“ abgeleitet, jenen ersten Mauren, die von den christlichen Eroberern unterworfen wurden, jedoch ihre Religion, Gebräuche und – als qualifizierte Handwerker – ihren eigenen Stil beibehalten durften. Die Verschmelzung maurischer Baukunst mit christlichen Bauelementen prägte den charakteristischen Backstein-Mudéjar-Baustil. Nach dem endgültigen „Aus“ für Stierkämpfe stand Las Arenas seit 1977 lange Jahre leer, war mit Unkrautwuchs bedeckt und drohte zu verfallen. Zum Glück stand die Neo-Mudejar-Fassade unter Denkmalschutz und durfte nicht abgerissen werden.
Heute ein modernes Einkaufszentrum
Nach langjährigen Eigentumsdebatten, Übernahmen und Verhandlungen zwischen verschiedenen Investoren und der Stadt Barcelona begannen 2005 die Renovierungsarbeiten für ein Freizeit- und Einkaufszentrum. 2011 öffnete das umgestaltete Einkaufszentrum Las Arenas seine modernen automatischen Glastüren für das Publikum. Das Ergebnis des Umbaus lässt sich sehen und ist in gewisser Weise faszinierend!
Die ursprünglichen Auẞenmauern blieben erhalten, wurden restauriert und sind durch stabile Pfeiler gestützt. Fundamente wurden ausgehoben, und die ursprünglich offene Arena ist durch eine runde Kuppel überdeckt. Auf der rechten Seite beherbergt ein Anbau mit dunkler Rauchglasfassade auf der unteren Straẞenebene das Restaurant Tapa-Tapa mit Terrasse. Links neben dem Haupteingang fährt ein gläserner Fahrstuhl von auẞen an einer spitz zulaufenden Säule von der Gran Vía bis zur oberen Aussichtsplattform, die einen phantastischen 360 Grad-Panoramablick auf Barcelona vom Berg Montjuïc über das Häusermeer der Stadt bis zum gegenüberliegenden Tibidabo gewährt.
Vom Haupteingang wie auch von den beiden Seiteneingängen gelangt man zur inneren Mitte der früheren Arena. Dort zieht ein bewegtes Rondell mit farbigen, ständig wechselnden Mus-tern Kinder und Erwachsene gleichermaẞen in seinen bunten Bann.
Auf insgesamt 6 Stockwerken, die durch einen inneren transparenten Fahrstuhl oder über lange Rolltreppen zu erreichen sind, verteilen sich 116 Markengeschäfte – alles, was Rang und Namen hat, wie Desigual, Sephora, Natura, Nespresso, Intimis-simi, etc. – ist hier vertreten. Es fehlt auch nicht an zahlreichen Restaurants und Cafés auf allen Ebenen, die sich auf der oberen Plattform nahtlos aneinanderreihen. Im Kellergeschoss befinden sich das groẞe Buch- und Informatikgeschäft FNAC wie auch ein groẞflächiger Supermarkt der Kette Mercadona und die Verbindung zur Metro, Linie 1, 3, 8 und zur katalanischen Bahnlinie Ferrocarrils Catalans.
Auf der 2. Etage befindet sich durchgehend eine kostenlose historische Foto-Ausstellung über die Errichtung der Stierkampfarena 1900 und deren Umbau in ein Einkaufszentrum. Auf derselben Ebene bieten 12 Kinosäle ein vielfältiges Programm. Ein Fitness-Studio lädt zum Training ein. Auf der oberen Etage vermitteln tägliche Flamenco-Shows noch etwas vom ursprünglichen andalusischen Flair. Das Museo del Rock zeigt eine Kollektion von Jordi Tardà.
Der Besuch dieses historischen und nunmehr modernen Einkaufszentrums ist ein spannendes Erlebnis und, da es rund und überschaubar ist, durchaus keine Zeitverschwendung, sondern bereichernd für jeden, der es einmal betreten hat.
Über die jüngere Arena La Monumental werde ich später einmal berichten.
von Dr. phil. Evelyn Patz- Sievers, April 2023
Schlagwörter: Barcelona, Kultur