Das Herz auf der Straße
Vor einem Jahr war ich mit einer Freundin auf einem Straßenfest im Viertel Raval in Barcelona. Da sprang uns dieser moderne Amor von einer Häuserwand entgegen, der uns unseren Titel gibt. „Spread love“ heißt das Bild und stammt von dem Streetart-Künstler Sunra.
Sunra ist Ende 30 und lebt in Montpellier. Er wuchs in Tunesien auf und wollte nach seinem Schulabschluss als junger Hiphop-Fan die Welt erkunden. Es hielt ihn jedoch an der Mittelmeerküste. In Frankreich hat er 2 Jahre Kunst studiert, sich dem Kino und dann der Musik, später dem Grafikdesign gewidmet, immer auf der Suche nach seinem Weg, sich künstlerisch auszudrücken. Als Freischaffender hatte er verschiedene kleine Projekte, die ihn über Wasser hielten und schließlich fing er bei einer Agentur an.
Das Zeichnen spielte eine immer größere Rolle in seinem Leben, doch etwas hielt ihn davon ab, dem größere Bedeutung zu geben.
Erst die Revolution in Tunesien und der Beginn des Arabischen Frühlings machten ihm deutlich, dass er etwas zu sagen hat, eine Botschaft zu überbringen. Das Thema betrifft ihn persönlich und so bezieht er zum ersten Mal Stellung mit einer Hommage an Gil Scott-Herons „The revolution will not be televised“ als Plakat.
Die Bilder sind sein Medium, denn so erreicht er sein Publikum, ohne selbst im Rampenlicht stehen zu müssen. Sie zeigen alltägliche Figuren, die den Betrachter berühren sollen. Wie ein Arzt den Körper behandelt, so behandelt ein Künstler die Seele. Für diese Behandlung fügt Sunra immer wenigstens ein Herz in seine Kunstwerke, was einen einfachen, aber frappierenden Wiedererkennungswert hat. Seine Kunst wird der Stencil-Art zugerechnet, bei der eine Sprühschablone angefertigt wird, mit der die Kunstwerke relativ einfach vervielfältigt werden können. Seine Farben sind schwarz, weiß und natürlich rot.
Hoffentlich bleiben die Grenzen nach Frankreich offen, so dass Sunra noch öfter die Gelegenheit hat, das eine oder andere Werk für uns in Barcelona zu hinterlassen. Spreading love not virus.
Von Kati Niermann
Schlagwörter: Kultur, Sehenswert