Dossier Meeresrauschen: Pasífae in Vilanova
Wer schon einmal den Strand von Vilanova i la Geltrù besucht hat, dem wird die große Bronzestatue in Form eines Stieres aufgefallen sein, die auf einem Betonsockel über das Meer ragt. Ein Stier in Katalonien? Nein, denn es handelt sich um eine Kuh mit Hörnern oder besser gesagt eine Kuh-Attrappe, denn in dieser Kuh befindet sich eine verführerisch liegende Frau, die Pasífae, eine Person aus der griechischen Mythologie. Aber was macht sie dort und warum ausgerechnet hier?
Der Künstler Oscar Estruga aus Vilanova wollte durch die Statue die Verbundenheit mit der mediterranen Kultur zum Ausdruck bringen und konnte mit dieser Idee auch die Stadt-verwaltung von Vilanova überzeugen, die das Projekt 1989 absegnete. Und das, obwohl es in der Bürgerschaft recht umstritten war. Aber der Erfolg hat ihm recht gegeben. Jetzt ist es das berühmteste Symbol Vilanovas, welches jedes Jahr aber tausendmal fotografiert und in die sozialen Netzwerke geteilt wird.
Aber wer ist Pasífae und warum steckt sie in der Kuh? Damit treten wir in die griechische Mythologie ein und werden viele bekannte Figuren wiederfinden. Pasífae war die Toch-ter des Sonnengottes Helios und Frau des Königs Minos und gleichzeitig das Opfer einer typisch griechischen Tragödie. Um vom Landesfürsten zum König aufzusteigen, erbat Minos nämlich die Hilfe seines Onkels Poseidon. Dieser sagte ihm Hilfe zu, und zwar unter der Bedingung, dass Minos ihm einen weißen Stier opfere, der dem Meer entstieg. Minos aber war so von der Schönheit des Stieres angetan, dass er ihn in seine Stallungen aufnahm und stattdessen einen anderen Stier opferte. Poseidon ließ sich von diesem billigen Taschenspielertrick allerdings nicht täuschen und als Rache ließ er Minos‘ Frau Pasífae in unbändiger Liebe zu dem Stier entbrennen. Pasífae bat daher Dädalus, Vater des Ikarus, Archi-tekt und Erfinder am Hofe des Minos, um Hilfe. Dieser kam auf die geniale Idee, eine Kuh-Attrappe zu bauen und Pasífae darin zu verstecken. Der Plan ging auf und Pasífae vereinigte sich mit dem Stier. Mit einem schrecklichen Resultat: aus dieser Beziehung wurde das monströse Wesen, der Mi-notaurus, geboren. Die meisten kennen den Fortgang der Geschichte, aber bei Neugier empfehle ich, das Internet zu befragen.
Einen Teil dieser Geschichte hat der Künstler auch in die 3 Meter hohe und 6 Meter lange Statue mit Worten und Bildern, die wie Höhlenmalereien wirken, eingeritzt.
Es lohnt sich also wirklich bei einem Besuch in Vilanova über den Strand bis zum Betonsockel zu spazieren und sich die Statue von allen Seiten genau anzuschauen, ein wirklich be-eindruckendes Kunstwerk, nicht nur durch seine Größe. Außerdem ist es als Fotomotiv natürlich hervorragend, be-sonders bei Sonnenuntergang . Verbinden kann man das zum Beispiel mit dem Besuch eines der zahlreichen Fischrestaurants, die es am Paseo Marítimo gibt, oder einfach mit einem schönen Strandtag.
Von Sascha Siebenmorgen, Juli 2024
Schlagwörter: Geschichte, Katalonien, Kultur, Sehenswert