Joan Miró und Barcelona
Fotos: laiadina
Joan Miró (1893-1983) der geniale und stilprägende Künstler des 20. Jahrhunderts wurde in Barcelona geboren und ist auch dort beerdigt worden. Er blieb der Stadt sein Leben lang verbunden, obwohl für seine künstlerische Entwicklung andere Orte entscheidender waren.
Mont-roig, südlich von Tarragona gelegen, wo sein Vater 1911 eine kleine Landwirtschaft erworben hatte, war seine „emotionale Landschaft“, die seine Persönlichkeit und Kunstverständnis formte. In Paris kam er mit Kubismus, Surrealismus, Dichtung und bedeutenden Zeitgenossen in Kontakt. In New York der 1950er Jahre war sein Werk vom abstrakten Expressionismus geprägt und er experimentierte mit Action Painting und Materialbildern. In Japan fand er Vorbilder für kaligraphische Ausdrucksweisen. Und nicht zuletzt Palma, der Geburtsort seiner Mutter und seiner Frau, wo er ab 1956 seinen festen Wohnsitz und Atelier hatte.
Die bestmögliche Annährung an den Menschen und den Künstler Miró hat man aber in Barcelona. Dies liegt nicht zuletzt an der Fundació Miró. 1972 wurde die Fundació unter der Leitung von Miró gegründet und 1975 eröffnet. Der Architekt war der Freund und Künstlerkollege Joseph Lluis Sert (1902-1983). Die Fundació besitzt das umfassendste Werk Mirós. Es ist zugleich eines der wenigen Museen weltweit, bei dem der Künstler zusammen mit dem Architekten den idealen Rahmen für sein Werk bestimmen konnte. Neben der Kunst von Miró werden namhafte Zeitgenossen gezeigt und in immer wechselnden Ausstellungen zeitgenössische Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Dies macht die Fundació zu einem interdisziplinären, anspruchsvollen Museum, bei dem man sich bewusst und ausführlich mit den Werken auseinandersetzen kann. Mirós’ Bildbotschaften sind nicht auf den ersten Blick erkennbar, er versteckt sie hinter Zeichen und Andeutungen. Sein Werk ist sehr vielschichtig, mal folgt er dem Rhythmus von Reimen, mal legt er den Finger in die Wunde von Folter, Mord und Hinrichtungen. Gegensätze ziehen Miró an, auf der einen Seite überfluten Formen und Farben seine Bilder, dann wieder bedeutet Einfachheit künstlerische Freiheit für ihn. Mit einer einzigen Linie, auf einer riesigen Leinwand kann Miró mehr ausdrücken als ein Schriftsteller mit 1000 Worten. Die starke Kommerzialisierung des Kunstmarktes lehnte er ab. Seine Verantwortung gilt den Schweigenden und Verfolgten, ihnen will er mit seinem Werk eine Stimme geben. Barcelona ist der Ort, der ihn politisch und historisch am nachhaltigsten geprägt hat. Er, der Weltenbürger, ist im Herzen überzeugter Katalane. Die Auseinandersetzung mit den Gräueltaten der Francozeit zieht sich durch sein gesamtes Schaffen. Das Triptychon mit dem Titel ‚Die Hoffnung des zum Tode verurteilten’, ist ein bedrückendes Zeugnis dafür. 1974 hat es Miró vollendet, genau an dem Tag, an dem der junge Aktivist Salvador Puig Antich in Barcelona hingerichtet wurde.
Jedes Werk Miros’ hat seine eigene Geschichte und die hängt oft auf tragische Weise mit Barcelona zusammen. Darstellen konnte er dies, da er seine eigene Formensprache gefunden hatte. Gerade in Barcelona kann man erfahren, dass Miró so viel mehr ist als der Schöpfer der bunten Logos für Tourismusverbände und Banken. Dieser feine und hochsensible Künstler hat die Welt mit seiner Kunst verändert, wir müssen uns nur die Zeit nehmen, neben dem unbestrittenen Kunstgenuss auch seine Botschaft zu verstehen.
Von Gabi Jahreiss
Infos
Fundacion Joan Miro
Parc de Montjuïc, 08038 Barcelona
T +34 934 439 470, info@fmirobcn.org
Zur Zeit bis mindestens 11. April geschlossen,
Di -Sa 10-20h, So 10-18h, Eintritt, 13€, 7€, bis 15 Jahren gratis
https://www.fmirobcn.org/en/statement-closure-coronavirus/
Schlagwörter: Ausflüge, Barcelona, Katalonien, Sehenswert, Unterwegs