La belle Fernande – Picassos erste Muse
Wenig ist über Fernande Olivier in Erfahrung zu bringen, was außerhalb ihrer Beziehung zum ünstler Pablo Picasso liegt. Geburts- und Todesjahr, 1881 und 1966, uneheliche Tochter von Clara Lang, bürgerlicher Name Amélie Lang. Aufgewachsen bei Onkel und Tante. Schwangerschaft mit 17 und spätere Ehe. Alles weitere verschwimmt eher, wohl auch, weil sie sich gerne neu erfand, was Namen und Vergangenheit anging. Sie war wohl zweimal verheiratet, beim zweiten Mal mit dem Bildhauer Gaston de Labaume, der es außerhalb von Frankreich zu wenig Ruhm brachte, der sie aber in die Welt der Künstler einführte und damit dem bürgerlichen Leben für immer entriss. Aus Amélie Lang wurde Fernande Olivier, die als Modell für verschiedene Künstler arbeitete.
1904 lernte Fernande Picasso im heruntergekommenen Atelier/ Haus Bateau- Lavoir (Waschboot) kennen. Sie wurde seine Muse, seine Geliebte, seine Gefährtin. Er bestimmte ab sofort ihr Leben, was sie tat, wohin sie ging. Sie durfte nicht mehr für andere Künstler arbeiten, er wollte sie exklusiv. Es gibt eine Vielzahl von Bildern, die Picasso von ihr zeichnete. Sie brauchte keine Hausarbeit verrichten, um sich nicht in seinen Augen zu erniedrigen, durfte aber auch ohne ihn nicht das Haus verlassen, da er
rasend eifersüchtig war. Fernande hat einmal gesagt, seine bestimmende Art sei ihrer jugendlichen Trägheit entgegengekommen. Ein Sofa, ein gutes Buch, eine Tasse Tee und jemand, der sie leidenschaftlich liebte, mehr brauchte sie damals nicht.
Fernande war tatsächlich die erste von Picassos Lebensgefährtinnen und die einzige, die ihm schon verfallen war, bevor er berühmt und durch seine Werke vermögend wurde. Sie begleitete ihn künstlerisch von seiner Blauen Periode über die Rosa Periode bis hin zum Kubismus, als er die rasanteste Entwicklung seines Schaffens nahm. Ihre Anwesenheit war essentiell für ihn, sie glich sein Gemüt aus, wenn er depressiv war, inspirierte ihn mit ihrer Sinnlichkeit, zerstreute seine Ängste und Zweifel mit ihrem Optimismus. 1912 wurde er ihrer überdrüssig, als er sich in Eva Gouel verliebte. Er hinterließ sie quasi mittellos, nun zumindest gab er ihr nicht die Mittel, um den Status, den sie mittlerweile gewöhnt war, zu halten. Sie hatte keine legalen Ansprüche an Picasso, war nie mit ihm verheiratet, und mußte sich schließlich mit verschiedenen Jobs wieder allein durchschlagen. Sie ging verschiedene Liaisons mit anderen Künstlern ein.
Zwanzig Jahre später entschied sie, dass es doch noch eine Art gab, Kapital aus der Verbindung mit Picasso zu schlagen. Fernande hatte in den Jahren, die sie mit dem inzwischen berühmten Maler lebte,Tagebuch geführt. Nachdem sie Auszüge in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht hatte, verarbeitete sie ihre Notizen zu einem Buch „Picasso et ses amis“, das 1933 in Frankreich erschien. Picasso tobte, wütete, zog sie vor Gericht, doch umsonst. Das Buch erschien und ist heute unumgänglich für jede Studie, jede Hausarbeit, jedes Examen, das über Picasso geschrieben wird. Es gibt ein en sehr persönlichen Einblick in sein Leben, ist dabei aber nicht bitter wie eine verlassene Geliebte, sondern kommt durchaus leichtfüßig daher.
Es geht das Gerücht, dass Picasso Fernande am Ende ihres Lebens eine kleine Rente (wahlweise 1 MioFranc) zahlte im Gegenzug gegen das Versprechen, zu Lebzeiten nichts mehr über ihn zu veröffentlichen. Tatsächlich wurden ihre vollständigen Memoiren erst 1988 herausgegeben, weit nach seinem und ihrem Tod. Der Titel „Loving Picasso“ könnte die Unterschrift unter ihr Leben sein. Es gibt nicht viel über Fernande Olivier herauszufinden, außer, dass sie Picasso liebte. Sie hat sich selbst in den Hintergrund gestellt, um ihm Raum zu geben. Dafür steht sie noch in zukünftigen Generationen auf seinen Bildern im Vordergrund. Sie lebt weiter in rosa, als Skizze, in Kohle, im Porträt, als Akt, als Statue und kubistisch und als Vorlage für eines seiner berühmtesten Werke, die Demoiselles d’Avignon.
Wir haben Fernande Olivier einen intimen Blick auf die Pers
önlichkeit Picassos zu verdanken, aber nicht zuletzt auch einige der schönsten Bilder, die er geschaffen hat.
Von Kati Niermann
Schlagwörter: Biografisches, Frauen, Kultur