Massentourismus in Barcelona
Von Barcelona bis Malaga, auf den Balearen und Ka-narischen Inseln gibt es in Spanien immer mehr Protestbewegungen, die sich gegen übermäßigen Tourismus richten. Neben verstopften Gassen, überhöhte Preisen, Lärm, Dreck und Wassermangel ist der fehlende und überteuerte Wohnraum eines der Hauptprobleme, mit denen die Einwohner konfrontiert sind.
Wer das Glück hat, eine Wohnung in der Innenstadt Barcelonas zu besitzen, konnte diese bislang auch zimmerweise lukrativ an Touristen statt an Einheimische vermieten. So übertrifft mittlerweile in der Altstadt die Zahl der Touristenbetten die der Anwohner um das Dreifache. Unzählige Alteingesessene haben ihre Wohnungen verloren, die gewinnbringend an Touristen vermietet wurden. Mittlerweile sagt man in Barcelona: „Ein Tourist mehr, ein Nachbar weniger“
Dieses kurzfristige Vermieten sorgte zudem dafür, dass die regulären Mietpreise in den letzten Jahren immer drastischer gestiegen sind, allein in Barcelona um 70 %. Die Immobilienpreise haben sich um 40 % erhöht. Die Mieten in Barcelona sind mittlerweile die höchsten in ganz Spanien.
In der katalanischen Metropole ist das Thema nicht neu: Seit 2016 wurde das illegale Vermieten an Touristen in rund 10.000 Wohnungen unterbunden, und so wurden 3.500 Wohnungen wieder der Stadtbevölkerung zur Verfügung ge-stellt.
Mit ihrem neuen Vorstoß geht die Stadt aber einen entscheidenden Schritt weiter, weil sie ab 2029 auch legal an Touristen vermietete Ferienwohnungen nicht mehr in der Stadt haben will. Bürgermeister Jaume Colboni erklärte, dass man so etwa 10.000 Unterkünfte wieder auf den Miet- oder Verkaufsmarkt bringen könne.
Naturgemäß sorgt das für Gegenwind bei den Vermietern. Nach einer Beschwerde der konservativen Partei PP liegt das Vorhaben derzeit deshalb beim spanischen Verfassungsgericht. So hängt vieles von dem, was sich in den nächsten Jahren ändern könnte, von der spanischen Justiz ab. Erklärt sie das Vorgehen Barcelonas für verfassungskonform, könnte dies auch ein Zeichen für andere touristische Hochburgen in ganz Spanien sein.
Auch unter dem Zulauf des Kreuzfahrttourismus leidet Barcelona. Jedes Schiff spuckt im Durchschnitt 3.000 – 5.000 Touristen aus, die nur für ein paar Stunden in der Stadt bleiben, außer ein paar Besichtigungstouren und dem Kauf von Souvenirs kein Geld ausgeben, da sie ja auf den Schiffen voll versorgt werden. Man hat schon einen kleinen Schritt für die Begrenzung der Kreuzfahrtschiffe getan. Seit 2023 dürfen sie nur noch im Südhafen anlegen – weit weg von den historischen Vierteln der Stadt. Auch die Anzahl der Schiffe, die täglich einlaufen dürfen, wurde von zehn auf sieben reduziert. Die ehemalige Bürgermeisterin Ada Colau, beschrieb die Flut von Kreuzfahrttouristen als „Heuschreckenplage“, die in Massen in die Stadt strömen und innerhalb weniger Stunden alles überrennen. In ihrer Regierungszeit wurde auch beschlossen, dass in Barcelona keine neuen Hotels mehr gebaut werden dürfen.
Der ausufernde Tourismus hat dazu geführt, dass in vielen touristischen Brennpunkten in ganz Spanien demonstriert wurde. Anfang Juli kamen in Barcelona zirka 3.000 Einwohner zusammen. Sie trugen Schilder mit Aufschriften wie „Barcelona ist nicht zu verkaufen“ und „Touristen geht nach Hause“. Schließlich setzten sie sogar Wasserpistolen gegen Urlauber ein, die in der Innenstadt nichtsahnend zu Mittag aßen. Vor mehreren Hotels rief die Menge lautstark: „Touristen raus aus unserem Viertel!“
Spanien ist das zweitbeliebteste Urlaubsland der Welt. In diesem Jahr werden zirka 91 Millionen Touristen erwartet, davon allein 8,4 Millionen in Barcelona, wenn oftmals auch nur für ein paar Tage oder Stunden.
Für die Wirtschaft Spaniens ist der Tourismus unverzichtbar. Die Branche steht für 13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und sichert 12,6 Prozent der Arbeitsplätze. Dies ist ein Dilemma auch für Barcelona.
Die Stadt erstickt an den Touristen und braucht sie doch.
Von Gaby Götting; Juli 2024
Schlagwörter: Barcelona, Katalonien, Moderne Welt