St. Jordi ’24: Der heilige Georg und die Bücher
An Sant Jordi schenkt man sich in Katalonien gegenseitig Bücher und Rosen.
Rosen sind klar, der Ritter rettet die Prinzessin aus den Klau-en des Drachens, aus dem vergossenen Blut sprießen Rosen, die Sant Jordi der Prinzessin schenkt. Aber Bücher? Bringt er die holde Maid heim auf ihr Schloss, findet den König in der ehrfurchtgebietenden Schlossbibliothek und darf sich zum Dank ein Buch aussuchen?
Die Geschichte mit dem Buch ist viel jünger als die von Georg Drachentöter. Sie entstammt den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Doch tatsächlich hat der Welttag des Buches am 23. April seinen Ursprung in Katalonien.
Der valencianische Schriftsteller Vicente Clavel glaubte an die Idee, dass man jedem Menschen über Bücher Kultur nahebringen könne. Er unterbreitete bereits 1923 der Cámara Oficial del Libro de Barcelona den Vorschlag, einen bestimmten Tag festzusetzen, um den Verkauf von Büchern zu fördern. 1926 wurde sein Vorschlag als Real Decreto (Königliches Gesetz) umgesetzt. Im Jahre 1929 schritt man zur Tat. Der erste ausgewählte Tag war der 7. Oktober, der ver-meintliche Geburtstag von Miguel Cervantes, dem Autor von Don Quijote. Heute weiß man, dass dies sein Tauftag war, sein Geburtsdatum lässt sich nicht mit Exaktheit bestimmen, liegt aber wahrscheinlich eher um den 29. September, am Namenstag des heiligen Michael.
Der Oktober war damals günstig, denn er fiel mit der Weltausstellung in Barcelona zusammen. Die Veranstaltung war so erfolgreich, dass man entschied, diese Tradition fortzuführen, doch besser an einem Tag im Frühling, wo das Wetter von vornherein dazu beiträgt, dass die Menschen auf den Straßen flanieren.
Die Wahl fiel auf den Tag, an dem mit Cervantes zusammen ein zweiter großer Schriftsteller und Wegbereiter der Litera-tur William Shakespeare seinen Todestag hatte. Heute weiß man, dass Cervantes bereits einen Tag eher gestorben ist und dies nur der Tag seines Begräbnisses war. Der Todestag von Shakespeare wiederum wurde nach dem julianischen Kalender bemessen und fällt eigentlich auf den 3. Mai.
Sei es drum, für die Barceloneser ist es der Tag ihres Schutzheiligen Sankt Georg, hierzulande Sant Jordi. Der Tag des Buches hat sich so gut entwickelt, dass er auch in andere Länder übernommen wurde. 1995 hat die UNESCO ihn zum Welttag des Buches erklärt. In Deutschland und Großbritannien werden an diesem Tag zum Beispiel Gutscheine an Schulen verteilt, die man gegen bestimmte Bücher in Buchhandlungen einlösen kann.
In Katalonien finden sich auf fast allen größeren Plätzen Bücherstände im Freien, und die Buchhandlungen gewähren Rabatte.
Von Kati Niermann, April 2024
Infos
David Walliams, der britische Schriftsteller und Schauspieler, wird die Proklamation von Sant Jordi 2024 übernehmen, mit der am 22. April in der Bibliothek García Márquez der institu-tionelle Beginn des Tages des Buches und der Rose in Barcelona eingeläutet wird. Es ist das erste Mal, dass ein Kinderbuchautor mit dieser Aufgabe betraut wird.
Schlagwörter: Familie, Katalonien, Traditionen