Weiberabend 2.0

Das spanische Ranking LasTop100 gibt es seit 2011
Las Top 100 Mujeres Líderes en España
Am 28. Januar wurden zum 11. Mal die Top 100 der führenden Frauen in Spanien prämiert.
Ein ranking, das von Mercedes Wullich ins Leben gerufen wurde, um talentier-te Frauen sichtbar zu machen. Die Journalistin und Unternehmerin Wullich, die sich selbst gern als „Beschleuniger für Frauen“ bezeichnet, trug sich bereits seit einiger Zeit mit dem Gedanken, dass man eine Plattform zur Anerkennung von Frauen in Spitzenpositionen schaf-fen sollte, als ihr Sohn ihr den letzten Anstoß gab, 2011 zum ersten Mal diese Veranstaltung zu organisieren. Sie hatte sich gedacht, dass sie etwa 300 Kandidatinnen benötigen würde und hatte des-halb um die 60 Personen gebeten, ihr jeweils 10 Vorschläge zu unterbreiten.
Bei der allerersten Wahl gab es tatsäch-lich sogar 115 Top-Frauen, da viele bei der Bewertung etwa gleichauf waren und man keine zurückstellen wollte. Die erste Gala im Centro de Innovación de BBVA wurde denn auch von der Direktorin des Instituto de la Mujer und vom damaligen Delegierten der Regierung für Violencia de Género besucht. Da-mals waren es nur wenige Gäste, doch seitdem haben sich die Zahlen vervielfacht. Am heutigen Austragungsort, dem Teatro Real de Madrid nahmen 2023 800 Personen teil und trotzdem gibt es Wartelisten. Dies ist einer der Gründe, warum die Hauptveranstalter, die Tageszeitung „El Español“ und ATRESMEDIA entschieden, in diesem Jahr eine Übertragung per Streaming möglich zu machen.
Die Top 100 Frauen werden in Kategorien unterteilt: Akademikerinnen und Forscherinnen; Führungskräfte und CEO; Kultur, Freizeit und Sport; Vorstandsmitglieder; Unternehmerinnen, öffentliche Ämter, Institutionen und sozialer Einfluss; Kommunikationsmedien; Politikerinnen; unabhängige Beru-fen und Beraterinnen; Start ups und Kleinunternehmen und Top 10 Exterior.
Nachdem eine der Kandidatinnen zum 2. Mal prämiert wurde, bat sie darum bei einem eventuellen dritten Mal nur als „Honoraria“ aufgeführt zu werden, um anderen Frauen Platz zu machen und neuen Gesichtern eine Chance zu geben, auf dem Poster mit 100 Gesichtern zu erscheinen. Seitdem gibt es eine Kategorie „Top 100 Honorarias“. Bei der 10. Veranstaltung 2023 wurden zum ersten Mal die „Top 100 de Oro“ aus dieser Kategorie gewählt, die Frauen, die am stetigsten die spanische Gesell-schaft beeinflussen.
In diesem Jahr wurden unter anderen Isabel Díaz Ayuso, die Präsidentin der Comunidad de Madrid und 2 Spielerin-nen der spanischen Fußballnationalmannschaft gewählt, die uns 2023 zu Fußballweltmeisterinnen gemacht ha-ben. Aber auch Margarita del Val, eine der Vorreiterinnen auf dem Gebiet der Covid-Forschung, Enriqueta Chicano, die Präsidentin des Tribunal de Cuentas, Pilar Jurado, die erste Komponistin, die eine Oper im Teatro real aufgeführt hat, Benedetta Poletti Zambelli, die Direkto-rin der Zeitschrift Elle in Spanien, oder Margarita Robles, die Verteidigungsministerin.
All diese Frauen aus verschiedenen Bereichen und Altersstrukturen haben enormen Einfluss und wirtschaftliche, soziale oder unternehmerische Power, jedoch oft nicht die mediale Präsenz und öffentliche Anerkennung, die ihre männlichen Gegenparts in den selben Positionen hätten. Das zeigt sich darin, dass man viele der Namen, die hier genannt werden, nicht oder nur sehr oberflächlich kennt. Wie ungleich die Verhältnisse sind, in welcher Schieflage sich die Genderverteilung befindet, erkennt man ganz aktuell auch daran, wie die Berichterstattung zu der Top 100-Gala ausfällt. Einige Medien loben die Frauenpower in höchsten Tönen, einige heben hervor, wie stolz sie sind, dass so viele der Prämierten aus ihrer Region stammen. Doch andere, sogar namhafte Tageszeitungen finden ausschließlich die Designerkleider der Galateilnehmerinnen kommentierens-wert. Dabei sollte das einzige bemerkenswerte Kleid das von Cruz Sanchez de Lara sein, denn es wurde (nach einem Design von Nacho Aguayo für Pedro del Hierro) in Handarbeit gefer-tigt von der Solidarwerkstatt der APRAMP, einer Vorreiterorganisation, die sich für die Rechte von Frauen einsetzt, die Opfer von Zuhälterei und Menschenhandel wurden.
Es ist noch ein langer Weg, bis führende Frauen wirklich von allen als Signalgeber wahrgenommen werden, wie „Leuchttürme für die nachfolgenden Generati-nen“, wie Sonsoles Ónega es ausdrückt, die durch das Programm des Abends führte. Die „Brüderlichkeit“ unter Frauen muss unzerstörbare Ge-webe flechten, sagt Sanchez de Lara. Wir müssen uns vom Imposter-Syndrom verabschieden, das uns Frauen an uns selbst zweifeln lässt, obwohl unsere Handlungen eine ganz andere Sprache sprechen. Wir müssen die Protagonis-ten unserer Geschichte sein, nicht die Randfiguren, die man herausschneiden kann. „Entscheiden, eingreifen, han-deln“, sagt Wullich, seien ihre Lieblings-verben. Diese Verben haben die Top 100 mit Leben gefüllt, dafür wollen wir sie feiern.
Von Kati Niermann, Februar 2024
Infos
https://magas.elespanol.com/lastop100/20240130/nuevas-top-honorarias-undecima-edicion/825947400_3.html
Schlagwörter: Frauen, Moderne Welt