Die am meisten liebkoste Schildkröte Barcelonas
La Casa de I’Ardiaca
Der Briefkasten ist ein Hingucker
Foto: Pere López – Fotografia pròpia, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2980517
Eine Steinschildkröte in Barcelona soll demjenigen Glück bringen, der ihren Panzer streichelt. Und so erträgt diese Schildkröte seit über einhundertzwanzig Jahren stoisch die Tausenden von Liebkosungen, die sie täglich insbesondere von Touristen erhält, die auf ihrem Weg von der Kathedrale am Haus de I‘Ardiaca (Haus der Diakone) in der Carrer des Santa Llucía 1 vorbeikommen.
Die Schildkröte versucht in einen stattlichen Briefkasten aus weißem Marmor zu gelangen. Den Briefkasten verzieren zudem fünf Schwalben, Efeu und am oberen linken Teil das Wappen der Rechtsanwaltskammer. Dieser Briefkasten wurde 1902 von dem Architekten Lluís Domènech i Montaner entworfen und vom Bildhauer Alfons Juyol in Stein gemeißelt. Er steckt voller Symbolik.
Die fünf Schwalben stehen für die Freiheit der Justiz und die Geschwindigkeit, die jeder Prozess haben sollte, die sieben Efeublätter stellen die bürokratischen Verstrickungen dar, und die Schildkröte symbolisiert die Langsamkeit der Justiz.
La Casa de l’Ardiaca war ursprünglich eine Klosterfestung, die von den Templern im 12. Jahrhundert erbaut und direkt in die alte römische Stadtmauer integriert wurde.
Ein Fragment davon findet man noch heute im Inneren des Hauses. Im Laufe der Jahre wurde dieses Gebäude bei vielen Gelegenheiten restauriert, wobei die im 16. Jahrhundert von Lluís Desplà i d’Oms durchgeführte Reform hervorzuheben ist. Er verwandelte das Gebäude in einen gotischen Stadtpalast mit einem Hauch von Renaissance. Fortan war hier der Sitz der Diakone. Daher auch der Name „La Casa de I’Ardiaca“.
Unter dem spanischen Ministerpräsidenten Mendizábal wurde das Gebäude im Jahr 1835 der Kirche enteignet und hatte dann wechselnde Besitzer. Seit 1895 war es Sitz der Anwaltskammer der Stadt, bis es 1919 in die Hände des Stadtrates von Barcelona überging. Seit 1922 befindet sich hier der Sitz des historischen Stadtarchivs.
In Innern dieses gotischen Stadtpalastes findet sich ein Kreuzgang mit einem Brunnen, auf dem an Fronleichnam das traditionelle „l’ou com balla“ (das tanzende Ei) gefeiert wird. Dafür wird der Brunnen mit Blumen verziert und in den Wasserstrahl ein Ei gelegt; das Ei fällt nicht herunter, sondern dreht sich und tanzt mit dem Wasser. Bemerkenswert ist auch eine große Palme, die dort seit 1871 steht. Angeblich ist sie so riesig geworden, um ihre Liebe zu sehen, eine andere Palme im Kreuzgang der Kathedrale auf der anderen Straßenseite.
Von Gaby Götting, Mai 2022
Info
La Casa de I’Ardiaca
C/ Santa Llúcia, 1, Barcelona
Tel.: 932 562 255
Mo – Fr 9-19.30h, Sa 10-19.30h
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