„Die Camins de Ronda“ oder „Auf den Spuren von Schmugglern und Carabineros“
So einen gesunden und landschaftlich schönen Einsatzort wie die Camins de Ronda hätte sicherlich gern so mancher Großstadtpolizist. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts nutzte vor allem die Königliche Küsten- und Grenzwache, die Carabineros, die uralten Wege entlang der katalanischen Costa Brava als Überwachungsort gegen Schmuggler und den Schwarzhandel über das Meer. Zuzeiten der Diktatur war es dann die Guardia Civil, die auf den Camins de Ronda ihre Runde machten, da die Carabineros im Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Republikaner gekämpft und verloren hatten. Das tägliche „Runde machen“ der Gesetzeshüter, auf Katalanisch „fer la ronda“, verlieh schließlich diesen Wegen — auf Katalanisch „Camins“ — ihren Namen.
Der älteste und sicherlich landschaftlich am meisten beeindruckende Camí de Ronda ist ein Küstenpfad, der, schon tausend Jahre bevor die lokale Polizei ihn nutzte, an der gesamten Costa Brava Kataloniens entlang führte, von Blanes bis Portbou, um Fischern in Seenot die Rettung zu ermöglichen, wenn ihre Boote bei starker See an der rauen Felsküste zerschellt waren. Zudem diente der Pfad als exzellente Verbindung zwischen den zahlreichen Küstendörfern, Stränden und den kleinen Buchten, den Calas. Eine Verbindung, die sich heute viele Wanderfreunde zu Nutzen machen, um die beeindruckende Mischung von Fauna, Flora und den oft atemberaubenden Ausblicken aufs Mittelmeer zu genießen. Auf diesem Camí de Ronda erschließt sich dem ausdauernden Wanderer ein einmaliger Kontrast zwischen wechselnden Landschaften entlang des Wegs; von kargen Felsen, die über kleine Buchten mit türkisem Wasser wachen, über natürliche Grotten und Höhlen — wo sich Schmuggler vor den Carabineros besonders gut verstecken konnten — bis zu langen Sandstränden gesäumt von Fichtenwäldern, die zum Ausruhen einladen. Dabei wird der Wanderer stets vom Meer begleitet, das sich je nach Jahreszeit von einer anderen Seite zeigt; malerisch und ruhig im Sommer, ungestüm und rau im Winter.
Das lokale Unternehmen „Camí de Ronda“ unterstützt ortsfremde Wanderer bei der Routenplanung, organisiert bei Bedarf Unterkünfte aller Kategorien entlang der ausgewählten Wanderstrecke und kümmert sich um den Gepäcktransport von Hotel zu Hotel. Das Unternehmen hat sich auf den malerischen Küstenabschnitt von Sant Feliu de Guixols bis zum charmanten Küstenstädtchen Begur (42km) spezialisiert, eine lineare Strecke, die in zwei bis drei Tagen auch von unerfahrenen Wanderern problemlos gemeistert werden kann. Für die Wanderer, die etwas mehr Zeit haben, bietet „Camí de Ronda“ auch einen 8-tägigen Rundgang ins naturbelassene Inland von Begur nach Girona und zurück nach Begur an. Auf diesem „runden“ Camí de Ronda versuchten zu ihrer Zeit die Carabineros die Einführung von Schmugglerware auf den Märkten der Umgebung zu verhindern.
Für die Abenteurer stellt das Erwandern des gesamten Küstenwegs, also von Blanes bis Portbou, eine besonders attraktive Herausforderung dar. Vor allem Abschnitte wie das Cap de Creus setzen Geschicklichkeit und Ausdauer voraus. Für diese Strecken ist zudem lokales Know-How zu empfehlen, um auf dem richtigen Weg zu bleiben und natürliche Hindernisse erfolgreich zu meistern. Das Erlebnis, so hartgesottene Wanderer und gleichzeitig Liebhaber der Camins de Ronda, sei einzigartig.
Ob erfahrener Wanderer oder Ausflügler, nicht zu unterschätzen sind natürlich auch die vielen Gaumenfreuden, die den müden Wanderer am Ende des Tages auf den Camins de Ronda erwarten. Diese Wanderrouten, sowohl Richtung Girona als auch an der Küste entlang, führen durch ein Gebiet, das sich der guten Küche verschrieben hat. Die Gastronomie im Baix und Alt Emporda wartet stets mit frischen Produkten auf; direkt vom Feld, aus dem Meer oder vom Bauernhof kommen katalanische Fuet oder die katalanische Bratwurst „Botifarra“, im Herbst würzige Pilze wie der Kiefern-Reizker („Rovelló“) oder die berühmten roten Shrimps von Palamos, die zu den besten der Welt gehören (hier sollte man einen Besuch im Restaurant „La Gamba“ in Palamos nicht verpassen, Reservierung ist zu empfehlen). Auf den Punkt gebracht sind die Camins de Ronda das gesamte Jahr über ein ganz besonderes Ausflugs- und Wanderziel.
Auch in der lokalen Kultur haben die Camins de Ronda ihren Platz. Große Schriftsteller der katalanischen Literatur des 20. Jahrhunderts wie Josep Pla widmeten einen Teil ihres Werkes den Camins de Ronda. So schrieb Pla eine Erzählung, in der er das gefährliche Leben der Schmugglermatrosen beschreibt, die versuchten, über den Cami de Rondes Luxusprodukte von Rossello (Nordkatalonien) über das Meer nach Katalonien zu bringen. Und in jüngster Zeit haben zahlreiche Stadtverwaltungen und Kulturvereine aus der Umgebung eine Initiative ins Leben gerufen, damit die UNESCO die Camins de Ronda als Kultur- und Naturerbe anerkennt und damit ihren Erhalt auch für zukünftige Generationen sichert.
Von Krystyna Schreiber
Mehr Info:
http://www.camideronda.com/de.html
auf Deutsch, Spanisch und Katalanisch
http://www.xavierblancafort.net/caminsderonda.htm
Lokales know-how für den gesamten Küstenpfad, auf Katalanisch.
Schlagwörter: Ausflüge, Sehenswert