Die Geschichte des Bieres und die Fàbrica Moritz
Die Fàbrica Moritz ist die erste Brauerei Barcelonas, die im Jahr 1856 zwischen dem Eixample und dem Stadtviertel Raval gegründet wurde. Das Moritz-Bier ist seit mehr als 160 Jahren ein Begriff für Qualität in Barcelona.
Bevor wir dem Ursprung des deutschklingenden Moritz-Bieres auf den Grund gehen, stellt sich die Frage: Ist Bier ein „edler Tropfen“? Jemand, der wie ich lieber gemütlich ein Glas Rotwein genießt, zählt Bier eher zu den volkstümlichen Getränken. Die Geschichte des Bieres misst diesem er-frischenden Getränk jedoch viele „edle“ Eigenschaften bei.
Bier ist ein Zufallsprodukt aus Getreide, entstanden, als bereits 4000 Jahre v.Ch. ein sumerischer Bäcker in Mesopotamien den Brotteig zu lange in der Sonne stehen ließ und die Hefekulturen einen Gärprozess in Gang setzten. Die resultierende klebrige Masse mit berauschender Wirkung ist der Vorläufer des heutigen Bieres.
Von der Antike bis zur Neuzeit ist Bier das geschätzte Getränk von Gesellschaften, die Getreideüberschüsse produzieren. Als großes Agrarland stellten die Ägypter in der Frühantike das beste Bier her. Die Herstellung der Grundnahrungsmittel Brot und Bier war dabei eng miteinander verbunden. Im Reich der Römer oder in Griechenland, wo Getreide Mangelware war, trank man lieber Wein und exportierte ihn sogar bis nach Indien. Bier war diesen Zivilisationen suspekt, weil Gärung mit Verfall und Fäulnis gleichgesetzt wurde. Durch die Barbaren kam das Bier nach Rom. Die keltische Variante „Cervisia“ wird bei „Asterix“ großgeschrieben.
Die Herstellung des Bieres unterliegt dem Reinheitsgebot: Für Bier dürfen nur Malz, Hopfen, Wasser und Hefe verwendet werden.
Malz entsteht dadurch, dass Getreide in Wasser, eingeweicht und zum Keimen gebracht wird. Nach dem Trocknen wird der Keimling entfernt und das überbleibende Malz gemahlen. Das geschrotete Malz wird mit warmem Wasser vermischt („Maischen“) und unter Rühren erhitzt. Die Stärke löst sich und wird in Zucker umgewandelt. Der flüssige Teil, die Würze, wird mit dem Hopfen gekocht. Anschließend wird der Sud vom geronnenen Eiweiß und anderen noch übrigen festen Stoffen getrennt. Die zurückbleibende Flüssigkeit ist die Anstellwürze, die auf entsprechende Gärtemperatur abgekühlt und mit Hefe versetzt wird. Diese wandelt den enthaltenen Zucker in Ethanol (Alkohol) und Kohlendioxid um
Nach der mehrere Wochen dauernden Gärung, wird das Bier nochmals gefiltert und abgefüllt.
Das Malz des Getreides prägt den Charakter des Bieres, gibt ihm seine Farbe und bestimmt den aus der Stärke gelösten Alkoholgehalt. Der Hopfen würzt das Bier mit der typisch-herben Note und wirkt konservierend. Die Hefe wandelt Zucker in Alkohol um. Obergärige Hefe gärt bei einer höheren Temperatur von 15-20°C, die untergärige bereits bei 4-9°C. Das Wasser, Hauptkomponente des Bieres, ist entscheidend für seine Eigenschaften: Unterschiedliche Härtegrade, Salzgehalt etc. beeinflussen den Geschmack. So wird für Pils z.B. nur weiches Wasser verwendet.
Der Unterschied der Biersorten liegt im Malz. Hierfür können verschiedene Getreidesorten (Aromen) genutzt werden, hauptsächlich Gerste und Weizen, aber auch Dinkel und Roggen. Für untergäriges Bier darf nur Gerste verwendet werden. Bier wird auf der ganzen Welt unter Bezeichnungen wie Ale, Pale Ale, Pils, Bock, Lager getrunken, ja sogar „Corona“ ist darunter! In Köln lockt der Laden „Bier macht schön“ mit vielfältigen Bierprodukten.
Zurück zur Fàbrica Moritz, der ältesten Bierbrauerei Barcelonas.
Im Jahr 1851 kam Louis Moritz aus Pfaffenhofen, einer Bierregion im Elsass, wo sein großer Bruder Brauereimeister war, nach Barcelona.
Aufgrund seiner Herkunft kannte er sich vorzüglich im Herstellungsprozess des Bieres aus. So wurde er in der kleinen Fabrik des in der Calle de Cirés ansässigen Franzosen Ernest Ganivet als Brauereimeister tätig. 1856 stellte Louis Moritz sein eigenes Bier her und kaufte drei Jahre später die Fabrik von Joan Maurer in der Calle del Portal. An einer der Seiten der alten römischen Stadtmauer baute Louis Moritz die Fàbrica Moritz, in der zentral gelegenen Ronda Sant Antoni. Heutzutage erfolgt die Hauptproduktion in der aragonesischen Fabrik von Ambar (La Zaragozana). Der Sitz der Fabrik, die Büroräume und Gastronomie befinden sich im alten Gebäude auf der Ronda de Sant Antoni Nr. 41.
Louis Moritz verstarb im Jahr 1920. Von 2004 bis 2011 ließen seine Erben die charakteristischen Räumlichkeiten eines der Bierherstellung gewidmeten Geländes vom international renommierten avantgardistischsten Architekten Jean Nouvel in ein architektonisches Juwel verwandeln.
Das neue Interieur der Fabrik ist voller Lichtspiele mit verschiedenen gastronomischen Räumen, wo sich Design, Trends und Mode in faszinierender Weise abwechseln. Der Sternekoch Jordi Vilà (Alkimia) sorgt für die Gastronomie dieser 4.000 m2 großen auf drei Etagen verteilten Fläche. Hier präsentieren sich wie auf verschiedenen Bühnen unter wechselnden Lichteinwirkungen eine Bierkneipe, zwei Restaurants, eine Weinbar, das M-Store, eine Mikro-Brauerei mit frisch gebrautem Bier, ein Museum und eine gastronomische Aula. Die Bierkneipe hat die mit 25 Metern längste Zinntheke Barcelonas und bietet Platz für insgesamt 250 Personen.
Das Bier der Fàbrica Moritz wird täglich unter dem Blick der Gäste gebraut, die mit kostenlosen Führungen – allerdings nur in Gruppen ab 10 Personen – Einblick in die Bierbrauerei und die Geheimnisse des Herstellungsprozesses erlangen können. Die Rezeptur des bei Fàbrica Moritz Barcelona ausgeschenkten Biers beachtet das deutsche Reinheitsgesetz und entspricht auch dem derzeit im Handel angebotenen Bier. Es wird ohne Enzyme oder Zusatzstoffe, nur aus Hopfen, Mineralwasser aus dem Montseny, Malz und Hefe gebraut. Zwei große alte restaurierte Maschinen, eine Abfüllmaschine und eine Etikettiermaschine, beide über 60 Jahre alt, befinden sich im Eingang zu diesem vielseitigen Raum.
Im Keller befindet sich der Saal für die Gärung, Filterung und Lagerung. Hier vervollständigen fünf große Kupfertanks den Prozess im Verlauf von drei Wochen und verwandeln die Stammwürze in Moritz Pilsen und in nicht pasteurisiertes Moritz Epidor, sowie weitere Varianten.
Am 11. September – der katalanischen Diada – ergatterten wir einen Tisch auf der Straßenterrasse vor der Fàbrica Moritz und genossen u.a. vier auf einem Degustations-Tablett aufgestellte exzellente Moritz-Biersorten. Danach schauten wir uns das Innere der weitläufigen Restauration an mit grandioser Sicht auf die verglasten und mit Pflanzen umgebenen Riesenkessel in den unteren Kellerräumen. Ein Besuch hält zu jeder Jahreszeit einen unvergesslichen Gaumen- und Augenschmaus bereit.
Von Dr. Evelyn Patz -Sievers, Oktober 23022
Infos
https://www.barcelonasiempre.com/de/fabrica-moritz-barcelona
Schlagwörter: Barcelona, Kochkunst