Stadtplanung in Barcelona
Die Stadt Barcelona hat viele Höhen und Tiefen erfahren, die das Erscheinungsbild der Stadt geprägt haben.
Die Stadtplanung in Barcelona wird von zwei geographischen Gegebenheiten geprägt. Diese sind das Meer im Osten und eine hügelige Landschaft im Westen. Barcelona ist eine alte Stadt. In der Altstadt, der Ciutat Vella sind noch Reste von römischen Siedlungen aus dem 1. Jahrhundert erhalten. Die wirtschaftliche Blüte des Mittelalters kann man an den herrschaftlichen Villen in den engen Gassen bestaunen. Die Ciutat Vella blieb in ihren engen Stadtmauern bis 1854 erhalten. Dann war der Zeitpunkt gekommen, dass die Mauern eingerissen werden mussten. Die aufkommende Industrialisierung und der Zustrom an Menschen machten ein Leben innerhalb der Mauern unmöglich. Verschmutztes Wasser und Seuchen waren nur zwei von vielen negativen Auswirkungen. Die große Stadterweiterung wurde geplant und durchgeführt. Das Viertel Eixample mit seinem klaren Aufbau und seinen vielen bedeutenden modernistischen Bauten entstand. Die umliegenden Dörfer wurden nach und nach eingemeindet, allen voran Gràcia. Noch heute kann man die Dreiteilung der damaligen Stadt gut erfahren, man muss nur zu Fuß von Gràcia über Eixample durch die Ciutat Vella zum Meer laufen. Dann geht man von einem gewachsenen Dorf durch das am Reißbrett entstandene modernistische Viertel und anschließend durch die engen Gassen der mittelalterlichen Stadt hin zum Meer.
Die Weltausstellungen von 1888 und 1929 brachten zusätzlichen Glanz mit repräsentativen Bauten und Plätzen in die Stadt. Die Jahre des Bürgerkriegs und der Diktatur Francos verschafften der Stadt keine nennenswerten stadtplane-rischen Fortschritte.
1979 wurde die erste demokratische Stadtverwaltung gewählt und 1992 fanden die Olympischen Spiele statt, die neue grundlegende Impulse für die Stadtplanung mit sich brachten. Zunächst entstand der im Westen stehende und von weitem sichtbare Torre Collserola. Für den Bau dieses Fernsehturms wurde die Firma des weltberühmten Architekturbüros von Sir Norman Foster beauftragt. Große international anerkannte Architekten zu beauftragen, schien zum Programm der Stadtplaner zu werden. Die ent-scheidende Neuerung war aber die Öffnung der Stadt zum Meer hin. Die gesamte Meerfront wurde neugestaltet. Fabrikanlagen und einfache Wohnhäuser mussten dem Port Olímpic und der Vila Olímpica weichen. Straßen wurden verlegt oder untertunnelt. Büros, Geschäfte und Einkaufscentren, sowie Bars, Restaurants, Strandanlagen und Freizeiteinrichtungen entstanden. Aus den ehemals armen Arbeitervierteln wurde ein mondäner Stadtteil. Die Anella Olímpica in Montjuïc erfuhr weniger dramatische Ände-rungen. Das Olympiastadion war schon 1929 errichtet worden, genauso wie die Schwimmanlagen. Beide wurden erweitert und modernisiert. Der Palau Sant Jordi wurde neu gebaut und die Anlagen wurden wie in einem großen Park durch kleine Kanäle und Gärten verbunden. In Vall d’Hebron wurden Wohnungen und Sportanlagen, auch für die Bewohner gebaut, die ihre Wohnungen am Meer aufgeben mussten.
Von der Hafenstadt zum Touristenmagneten
Nach der Euphorie der Olympischen Spiele folgte eine Zeit der Rezession für Barcelona. Trotzdem hielt die Stadt daran fest, spektakuläre Bauten bei internationalen Architekturgrößen in Auftrag zu geben. Die zahlreichen Freizeit- und Strandanlagen zogen immer mehr Touristen an. Neue Hotels, Bars und Restaurants entstanden zusätzlich. Die Stadt hat sich auch dank der grundlegenden Stadtplanung von einer Fabrik- und Hafenstadt zu einer Stadt gewandelt, die ihren wirt-schaftlichen Profit zu einem großen Teil dem Tourismus verdankt. Dass diese wohl zu einseitige Festlegung auf einen Wirtschaftszweig auch problematisch sein kann, wird gerade heute sehr deutlich. Durch die Corona-Pandemie sind besonders die Reise- und Tourismusbranche in eine Schief-lage geraten. Barcelona hat es aber immer wieder geschafft, sich neu zu definieren und aus der Not eine Tugend zu machen. Es sind auch die zahlreichen kleinen und oft privat organisierten Projekte, die der Stadt helfen, ihre Authentizität und ihren Charme zu behalten. Dazu gehört seit 1985 Posa’t guapa, das sich zum Ziel gesetzt hat, historische Bauten zu erhalten.
Es gibt aber auch gerade junge Menschen in Barcelona, die sich sehr für die Umwelt und Nachhaltigkeit in der Stadt einsetzen. Es wird spannend sein zu beobachten, wie die Stadt diese Krise meistern wird.
Von Gabriele Jahreiß, Kunsthistorikerin, September 2020
Schlagwörter: Ausflüge, Sehenswert