Was macht eigentlich der Nikolaus?
Ja, der Nikolaus, ein Bischof, der sich seit Jahren am 6. Dezember mit kleinen Kindern beschäftigt, die sich sehr auf sein Kommen freuen.
Aber was hat man ihm im Lauf der Zeit alles angetan! Coca-Cola machte ihn zum Werbeträger, nahm ihm sein schönes Bischofsgewand und verwandelte ihn in einen dicken, rotweiß gekleideten Weihnachtsmann. Schief und schepp und auf Leitern kletternd hängt er im Dezember an Balkonen und Hausfassaden. Er wurde zur Schokoladenfigur gepresst und, ganz schlimm, er musste zur psychologischen Kindererziehung herhalten („Wenn du nicht brav bist, kommt der Nikolaus und steckt dich in seinen Sack“). Eine Rute für böse Kinder wurde ihm auch noch angelastet.
Ich bin ihm mal persönlich begegnet. Da er seinen Besuch angekündigt hatte, wurden wir Kinder dazu verdonnert, ein kleines Gedichtchen für ihn zu lernen. Mit drei Jahren wurde nicht viel von mir erwartet. Lieber Nikolaus, komm in unser Haus, packe die Geschenke aus, oder sowas in der Art.
Wir freuten uns auf ihn, hatte er uns doch immer mit kleinen Süssigkeiten in den vor die Tür gestellten Schuh beglückt. Und brav war ich ja eigentlich auch immer gewesen.
Und dann polterte er in unser Wohnzimmer, genauso wie man ihn sich immer vorgestellt hatte: roter Mantel, rote Mütze, weisser langer Bart, dicke Winterstiefel und mit einem schweren Jutesack auf dem Rücken… aus dem 2 Beine ragten. Mir blieb vor Schreck mein schön gelerntes Gedicht im Halse stecken und ich konnte nur ein verzweifeltes „amen, amen, amen“ stammeln. Natürlich waren die Beine nur ausgestopfte Strümpfe mit Schuhen dran. Das bekam ich damals aber noch nicht mit und meine Fantasie schlug Purzelbäume. Das ganze blieb für mich ein traumatisches Erlebnis. Erwachsene sind manchmal die grausamsten Nikoläuse.
Dabei war doch der eigentliche Nikolaus ein guter Mann. Im Jahr 280 wurde er als Nikolaus von Myra als Sohn reicher Eltern in Patara in der heutigen Türkei geboren. Im Teenageralter von 19 Jahren war er schon Abt eines Klosters. Die Legende sagt, dass Nikolaus nach dem Tod seiner Eltern sein Erbe nutzte, um einem Vater von drei Töchtern zu helfen. Zu seiner Zeit brauchten die Mädchen zum Heiraten eine Mitgift. Das war für arme Mädchen ein großes Problem, denn eine gute Mitgift war wichtig, um in eine gewisse Gesellschaftsschicht einheiraten zu können. Viele verkauften sich, um zu Geld zu kommen. Nikolaus warf angeblich den drei Schwestern heimlich durchs Fenster Geld in ihre Stiefel. Damit blieb es ihnen erspart, sich für eine Mitgift zu prostituieren. Alles klar? Stiefel, Gaben, alles heimlich, ja so kennen wir heute den Nikolaus. Er ist ein wunderbarer Gabenbringer geworden. Kinder in den Sack stecken? Da stünden die vom Jugendamt aber sofort auf der Schwelle. Aber mit der Rute darf er noch ein bisschen fuchteln.
Wunder und Heldentaten machten Nikolaus von Myra nach seinem Tod zum Heiligen. Und wie das so ist: was heute unsere Medien betreiben, taten früher die Geschichtenerzähler. Und so wurden seine Taten im Lauf der Zeit immer spektakulärer. Zum Beispiel die Geschichte von drei Jungen, die er wieder zum Leben erweckte, nachdem sie von einem Gastwirt aus Habgier getötet, in Stücke geschnitten und in Pökelfässer eingelegt worden waren.
Mit solchen Wundern, obwohl auch heiliggesprochen, kann da eine Mutter Theresa echt nicht mithalten. Luther übrigens hielt nichts von dieser Heiligenverehrung. Er feierte den heiligen Christ, unser späteres Christkind, als Gabenbringer am 25. Dezember. Aber der Nikolausbrauch blieb dennoch bestehen.
Wo genau der Nikolaus heute wohnt ist nicht ganz sicher. Die Schweizer vermuten ihn im Schwarzwald. Für die meisten kommt er aus dem hohen Norden. Für die Holländer kommt er erstaunlicherweise per Schiff – aus Spanien. Für die Spanier selber allerdings spielt er keine so große Rolle (kein Wunder, er ist ja nicht da, sondern unterwegs nach Holland). Er gilt nicht nur als Schutzpatron der Kinder, sondern auch der Seefahrer.
Übrigens haben in Deutschland über 13.000 Menschen den Nikolaus als Vornamen. Ganz nebenbei, Jesus als Vorname war bis 1998 nicht zugelassen.
Eine alte Bauernregel sagt: regnet es an Nikolaus, wird der Winter streng, ein Graus! Also hoffen wir am 6. Dezember mal auf ein bisschen Sonnenschein.
Von Dixi Greiner, November2020
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