150 Gramm Christoph Kolumbus
Ein Reisender auch im Tode
Er gilt als der Entdecker Amerikas: Christoph Kolumbus, der wohl berühmteste Seefahrer (1451-1506) der Welt. Es gibt jedoch viele Punkte, die noch heute die Menschen zu leidenschaftlichen Diskussionen veranlassen. Wer war Kolumbus eigentlich? Ein italienischer Emporkömmling, ein hochtalentierter Seefahrer, ein Mann, der die Neue Welt entdeckte? Vieles über ihn und sein Leben ist bis heute ungewiss.
Gesichert ist nur, dass er im Mai 1506 in Valladolid starb und auch dort zunächst begraben wurde. Nach seiner katastrophalen vierten Reise in die Neue Welt kehrte er 1504 als gebrechlicher und an Arthritis leidender Mann nach Spanien zurück. Über seine Todesursache ist nichts bekannt.
Er war schon zu Lebzeiten eine berühmte Figur und so stellte sich die Frage, ob er nicht an einem ihm angemesseneren Ort als Valladolid beigesetzt werden solle. Kolumbus selbst hatten den Wunsch geäußert, in der Neuen Welt begraben zu werden, 1506 gab es jedoch dort kein Gebäude, das beeindruckend genug war, um die Überreste einer so prominenten Persönlichkeit aufzunehmen.
So wurde 1509 sein Leichnam in das Kloster La Cartuja gebracht, das auf einer Insel in einem Fluss in der Nähe von Sevilla lag. Als Kolumbus Sohn Diego im Jahre 1526 verstarb, wurden auf Wunsch der Schwiegertochter beide Leichname über den Atlantik geschifft und in der Kathedrale von Santo Domingo beigesetzt. Als die Spanier Hispaniola (heute Dominikanische Republik und Haiti) im Jahre 1795 vollkommen an Frankreich abtreten mussten, ordnete Don Mariano Colon, ein direkter Nachfahre von Kolumbus, an, beide Gräber in die Kathedrale von Havanna auf Kuba zu verlegen, wo es im Januar 1796 zu einer pompösen Beisetzung kam.
Dann sagte sich 1898 Kuba von Spanien los. Doch die Beine des berühmten Entdeckers und seines Sohnes wollte man nicht den Kubanern überlassen, und so reiste Kolumbus 1899 wieder über den Atlantik, wo er in der Kathedrale von Sevilla beigesetzt wurde. In diesen 389 Jahren ruhte Kolumbus an fünf verschieden Orten in vier Städten auf zwei Kontinenten.
Dann fanden 1877 Arbeiter in der Kathedrale von Santo Domingo eine schwere Bleikiste mit der Aufschrift „Illustrierter und angesehener Mann, Don Cristobal Colon“. Im Inneren befanden sich eine Reihe menschlicher Überreste, und alle nahmen an, dass sie dem legendären Entdecker gehörten. Die Dominikaner behaupten seitdem, die Spanier hätten 1795 die falschen Knochen aus der Kathedrale mitgenommen.
Die katholische Kirche zögerte lange, einer Exhumierung der Gebeine in Sevilla zuzustimmen. Ein DNA-Abgleich im Jahre 2006 bestätigte dann, dass es sich um die Gebeine von Christoph Kolumbus handelt. Es sind jedoch nur 150 Gramm Skelettreste vorhanden. So besteht die Möglichkeit, dass sich der größere Teil möglicherweise doch in Santo Domingo befindet. Die DNA der Gebeine in Santo Domingo konnte bisher leider nicht untersucht werden. Mehrfach erhielten die Forscher die Genehmigung, den Sarg zu öffnen und die Gebeine zu untersuchen, um endgültige Gewissheit über die Echtheit herzustellen. Jedes Mal wurden diese Genehmigungen kurz vorher wieder zurückgezogen. Vielleicht fürchtet man bei einem negativen Ergebnis, eine Touristenattraktion zu verlieren.
Jede der beiden Städte glaubt, den echten Columbus zu haben, und jede hat ein beeindruckendes Grabmal errichtet, um die sterblichen Überreste von Kolumbus unterzubringen. In Sevilla werden seine Gebeine in einem Sarkophag von massiven Statuen getragen. In Santo Domingo werden sie in einem hoch aufragenden Denkmal (Leuchtturm) aufbewahrt, das zu diesem Zweck errichtet wurde.
So teilen sich vorerst die Alte und die Neue Welt den Besitz dieser historischen Persönlichkeit. Es ist auch interessant, dass die vielen Porträts von Columbus eines gemeinsam haben. Sie sind alle erst nach seinem Tod entstanden. Überliefert ist nur, dass er rothaarig und ungewöhnlich groß gewesen sein soll.
Von Gaby Götting, August 2021
Schlagwörter: Kultur