Klar, das schaffen wir!
Klub Hannah mit Kirsten Sánchez
Anfang Februar traf sich der Klub Hannah wieder im Goethe Institut in Barcelona. Gekommen waren fast 25 Frauen, um Kirsten Sánchez kennenzulernen, deren berufliche Laufbahn sie in mehrere europäischen und lateinamerikanischen Län-der führte. Seit 1998 ist sie in Führungspositionen in der Henkel-Gruppe tätig, davon rund 20 Jahre in Deutschland, Mexiko, Guatemala, Schweden und Spanien. Barcelona war immer ihre Traumstadt gewesen. Jetzt leitet sie den Fi-nanzbereich von Henkel für Spanien und Portugal mit Sitz in Barcelona.
Aber zunächst einmal nimmt sie uns mit auf eine Reise in die Aufbruchsstimmung der Jugend. Ihre Mutter ist ihr immer ein Vorbild – ein role model, wie man heute sagen würde-, we-gen ihres starken, organisatorischen Talents, was besonders gefragt ist, als der Vater frühzeitig verstirbt und sie die Fami-lie allein versorgen muss. Sie ist es gewohnt, die anstehende Dinge im Haushalt zu entscheiden. Durch ihren unermüdli-chen Einsatz hält sie die Familie auch in der wirtschaftlichen schwierigen Zeit zusammen und das Familien-Motto wird: Ja, das schaffen wir! Und so ist es geblieben.
Da Kirsten so selbstständig aufwächst, entscheidet sie sich noch vor dem Abitur, von zu Hause auszuziehen. Sie will es sich selbst beweisen und verdient sich ihren Lebensunterhalt mit Nachhilfestunden oder Zeitungsaustragen. Bei den Nach-hilfeschülern weiß sie genau, wann sie wo mitessen und so einiges an Geld sparen kann. Durch ihre optimistische Le-benseinstellung hat sie nie das Gefühl, dass ihr etwas abgeht. Sie lernt für sich einzustehen. Nach dem Abitur lernt sie bei Jobs in Kneipen auch etwas ganz anderes: Wir lernen nicht nur an der Uni, sondern besonders auch im Leben: „Ich habe Wirtschaft studiert“. Sie lacht. Eines wird ihr schnell klar, dass sie diese Art der Jobs schnell hinter sich lassen will. Deshalb setzt sie alles daran, um ihr BWL-Studium zu beenden. Diese Zeit in der Gastronomie bleibt für sie jedoch sehr wertvoll, weil sie hier lernt, Menschen in vielen Lebenslagen gut ein-zuschätzen.
Sprachen haben Kirsten immer begeistert. Deshalb nahm sie die Gelegenheit war, ein halbes Jahr in Mexiko Spanisch zu lernen. Damals in den 80ern noch ohne Internet, Smartpho-nes oder ähnliches. Ja, ich schaffe das! Wenn sie an eine Kreuzung im Leben kommt, sucht sie nie den einfachen Weg, sondern das, was sie am meisten reizt und genießt es. Sie liebt scharfes Essen, und so sollte auch das Leben sein.
Für den ersten Job bei Henkel wurde sie wegen ihres Dip-loms und ihrer Sprachkenntnisse ausgewählt, aber den Aus-schlag gibt diese Fähigkeit, sich immer eher für den Weg neuer Herausforderungen zu entscheiden.
Ein Posten in Mexiko stand bei kaum einem ihrer Kollegen an ersten Stelle. Sie jedoch entschied sich dafür und lernte dort ihren Mann kennen. Trotz seiner eher traditionellen Familie haben sie ihr Leben nach ihren eigenen Plänen gestaltet. Da sie gute internationalen Arbeitsangebote bekam, sind beide gemeinsam dann Kirstens Karriereweg gefolgt. Für sein Enga-gement für die Familie und vor allem ihre Tochter ist sie sehr dankbar. Eigentlich, meint sie, hätte er auch zum Klub Hannah kommen müssen, denn ohne ihn hätte sie sich nicht so ent-wickeln können und die Familie wäre nicht da, wo sie heute ist.
Kirsten fühlt sich sehr wohl in der Arbeit in der Verantwor-tung von unterschiedlichen Teams und Themen. Das Networ-king auf internationaler Ebene der Firma ist ihr sehr wichtig und sie genießt es. Was ist ihr Geheimnis? Ausprobieren, versuchen, … und wenn es nicht klappt, was Neues auspro-bieren. Ist ja nicht schlimm. Es wird sich immer eine andere, vermutlich noch interessantere Möglichkeit bieten.
Sie übernahm auch Aktivitäten im Bereich der Diversity & Inclusion bei Henkel, weil sie aus ihrem persönlichen Leben viele unterschiedliche Erfahrungen mitbrachte. In den öf-fentlichen Debatten werden die deutschen Frauen immer als sehr fortschrittlich dargestellt, aber für sie ist es andersrum: in Spanien sind die Frauen Lichtjahre weiter in ihrem Be-wusstsein um Chancengleichheit als viele deutsche Frauen. Sie sind in den Medien und im öffentlichen Leben wesentlich präsenter, und äußern sich auch kritischer. Allein der Wie-dereinstieg ins Berufsleben nach einer Babypause verläuft ohne schlechtes Gewissen, ganz „normal“. Die Familienbande sind hier in Spanien oft noch enger, sodass man sich gegen-seitig gut unterstützt.
Der Abend schloss mit einer angeregten Debatte um die Situation von Frauen heute. Zwar hat sich schon viel geän-dert, aber es bleibt auch noch viel zu tun und besonders wir Frauen können verstärkt daran arbeiten, uns gegenseitig.
Von Ina Laiadhi
Am 29.3 hatten wir Cristina Marti, directors del Amics del MNAC zu Besuch. Darüber berichten wir in der kommenden Ausgabe..
Klub Hannah,
alle zwei Monate im Goethe Institut,
Carrer de Roger de Flor, 224, Barcelona.
Schlagwörter: Biografisches, Frauen