Physik: sehr gut – Hauswirtschaft: genügend
Lise Meitner und die Entdeckung der Kernspaltung
Als im Jahre 1938 die Entdeckung bekannt wurde, dass ein Neutron den Kern eines Atoms in zwei Teile spalten kann, war dies für die physikalische Welt eine echte Überraschung und niemand konnte sich vorstellen, dass dies einmal auf die Atombombe zutreffen würde.
Diese Entdeckung der Kernspaltung war das Ergebnis vierjähriger Forschungen der Physikerin Lise Meitner mit den Chemikern Otto Hahn und Fritz Strassmann.
Für diese Entdeckung erhielt Otto Hahn 1946 den Chemie-Nobelpreis. Lise Meitners Beteiligung an der Kernspaltung wurde vom Nobelkomitee jedoch ignoriert.

Lise Meitner blieb der Nobelpreis verwehrt
Lise Meitner wurde am 7. November als drittes von acht Kindern in Wien geboren. Ihre Eltern stammten aus jüdischen Familien, ließen ihre Kinder aber protestantisch taufen.
Schon früh zeigte sich bei Lise die Begabung für wissenschaftliche Fächer. Für Handarbeiten, Hauswirtschaft und Zeichnen gab es gerade so ein Genügend. Sie studierte Mathematik, Physik und Philosophie und promovierte als zweite Frau im Bereich Physik an der Universität in Wien. 1907 ging sie nach Berlin, jedoch wollte niemand mit ihr forschen, da Frauen in Deutschland damals noch nicht einmal zum Studium zugelassen waren.
Nur Otto Hahn war bereit, mit ihr zu arbeiten. Doch seine Vorgesetzten bestanden darauf, dass sie im Keller forschte und das Institut nur durch einen Hintereingang betrat. Eine Frau, die forscht, dies sei den Studenten nicht zuzumuten. Doch mit ihrem großen Können setzte sie sich mit der Zeit durch und bekam 1912 als erste Frau eine Stelle als wissenschaftliche Assistentin am Max-Planck-Institut in Berlin.
Bis dahin arbeitete sie ohne Bezahlung mit Otto Hahn und lebte vom Geld ihrer Eltern. Nach dem ersten Weltkrieg gelang ihr der erste Erfolg mit der Untersuchung der Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung und den damit verbundenen Kernprozessen.
Schon 1933 wurde ihr als Jüdin die Lehrerlaubnis entzogen, sie konnte als Österreicherin aber noch 5 weitere Jahre am Institut arbeiten. Sie veröffentlichte weit über hundert wissenschaftliche Arbeiten, viele in Zusammenarbeit mit Otto Hahn. 1938 war sie jedoch gezwungen aus Deutschland zu fliehen, weil sie als österreichische Staatsbürgerin nach dem „Anschluss“ Österreichs von den Rassengesetzen betroffen war. Mit Hilfe von Otto Hahn konnte sie zunächst nach Holland und dann nach Stockholm fliehen.
Dort leitete sie ab 1947 die kernphysikalische Abteilung des Physikalischen Instituts der Königlich Technischen Hochschule Stockholm und hatte außerdem diverse Gastprofessuren an US-amerikanischen Universitäten inne. Schon während des Krieges baten die Amerikaner sie, Forschungsaufträge für den Bau der Atombombe anzunehmen, aber als überzeugte Pazifistin lehnte sie immer ab.

Lise Meitner 1913 mit Otto Hahn
Nach dem Krieg kehrte Lise Meitner kurzzeitig nach Berlin zurück, doch die Haltung einiger Kollegen gegenüber dem Nationalsozialismus veranlassten sie zur Rückkehr nach Schweden, wo sie 1946 eingebürgert wurde. In späteren Jahren erhielt Lise Meitner zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen, darunter sieben Ehrendoktortitel. Sie wurde Ehrenbürgerin der Stadt Wien, und das radioaktive Metall Meitnerium wurde nach ihr benannt. Öffentliche Einrichtungen, Schulen und Straßen tragen heute ihren Namen. Jedoch der Nobelpreis blieb ihr stets verwehrt, obwohl sie 48-mal vorgeschlagen wurde. Es gingen von 1937 bis 1965 insgesamt 29 Nominierungen für den Physikpreis und 19 für den Chemiepreis ein. Neben Otto Hahn und anderen Fürsprechern, nominierte sie Max Planck allein sechsmal.
Lise Meitner arbeitete bis in ihr hohes Alter, blieb unverheiratet und kinderlos. Die Physik war ihr Leben. Im Alter von 82 Jahren übersiedelte sie zu ihrem Neffen, dem Physiker Otto Robert Frisch, nach Cambridge, wo sie bis zu ihrem Tod am 27. Oktober 1968 für eine friedliche Nutzung der Kernspaltung eintrat. Sie starb im selben Jahr wie Otto Hahn, mit dem sie zeitlebens freundschaftlich verbunden blieb. Heute zählt man Lise Meitner zu den bedeutendsten Frauen des 20. Jahrhunderts. Schon Albert Einstein bezeichnete sie als unsere Madame Curie.
Von Gaby Goetting
TS 148
Schlagwörter: Biografisches, Frauen, Geschichte