Streifzug durch die berühmtesten Weihnachtslieder
“Adeste fideles
laeti triumphantes.
Venite, venite in Bethlehem”
Dieses Weihnachtslied zählt zu den international bekanntesten Liedern, das zu Weihnachten gesungen wird.
Die ersten uns bekannten Weihnachtslieder entstanden aus lateinischen Gesängen, die im Mittelalter mit deutschen Texten versehen wurden. Eines der ältesten heute noch bekannten Weihnachtslieder ist “Gelobt seist du Jesu Christ“, dessen Text der ersten Strophe aus dem Jahr 1380 stammt. Zum Weihnachtsfest sang der Priester während der Mitternachtsmesse lateinische Lieder, deren Thema sich um Jesus Christus und die Weihnachtsgeschichte drehte. “In dulci jubilo” ist ein fröhlicher, festlicher Gesang zur Begrüßung des Jesuskindes und ein Mix aus Lateinisch und Deutsch. “Nun singet und seid froh”, die Melodie und die Verse stammen aus dem 14. Jahrhundert., aus einer Zeit, in der die Gläubigen sich allmählich musikalisch in das kirchliche Geschehen einmischen durften. Die sprachliche Vermischung war im Mittelalter und der frühen Neuzeit gar nicht so ungewöhnlich und war nicht nur auf die Religion beschränkt.
Durch die Reformation Martin Luthers wurden die kirchlichen Messen in deutscher Sprache abgehalten. Volkssprachliche Kirchen- und Weihnachtslieder wurden populär. Martin Luther erdachte und übersetzte eine Reihe deutscher Weihnachtslieder. In Wittenberg im Jahre 1534 komponierte er das Lied “Vom Himmel hoch, da komm ich her”. Als Vorlage nahm er die Weihnachtsgeschichte des Evangelisten Lukas. Er lässt Engel, Hirten und die Gläubigen in seinem Text zu Wort kommen. Die Melodie ist ein bekanntes Spielmannslied. “und bring euch gute, neue Mär” verheißt der Engel. Zu Luthers Zeit war “die Mär” nicht abwertend gemeint, sondern es handelte sich um einen Bericht oder in diesem Fall um eine frohe Botschaft des Evangeliums. Alte Texte sind manchmal nicht ganz einfach zu entschlüsseln.
“Es ist ein Ros’ entsprungen”, so heißt es im Text des Liedes aus dem 16. Jahrhundert. “Von Jesse kam die Art”: Jesse ist der biblische Vater von König David, der Stammvater der Familie, aus der Jesus stammt. “Art” bedeutet in dem Fall Geschlecht, Familie oder Herkunft.
“Es kommt ein Schiff geladen, bis an sein‘ höchsten Bord”. Im Mittelalter hieß “Bord” Rand, woher unser heutiges Wort Borte stammt. Gemeint ist aber die schwangere Maria, die Jesus trägt.
Der Pfarrer Paul Gerhardt (1607-1676) hat maßgeblich das 17. Jahrhundert als das große Jahrhundert des Kirchenliedes mitgeprägt. Während seiner Berliner Zeit entwickelte sich zwischen ihm und Johann Crüger, dem Kantor der dortigen Nikolaikirche eine langjährige freundschaftliche und fruchtbare Zusammenarbeit, der auch das wunderschöne Weihnachtslied “Ich steh an Deiner Krippe hier” entsprang. In dem Text richtet sich Paul Gerhardt mit gefühlsbetonten Worten an das Jesuskind in der Krippe.
“Tochter Zion, freue Dich”, diese Melodie komponierte ursprünglich Georg Friedrich Händel 1747 für sein Oratorium “Joshua”, und er fand sie wohl so großartig, dass er sie, mit kleinen Änderungen, in seinem Oratorium “Judas Maccabäus” wiederverwendete. Mit “Tochter Zion” ist die Stadt Jerusalem gemeint, die sich freuen soll, weil der Sohn Davids, also Jesus, als Friedensbringer zu ihr kommen wird. Der Einzug Jesu in Jerusalem und die Zuschreibung als “Friedefürst” sowie als Kind des ewigen Vaters sind bekannte biblische Motive.
“Macht hoch die Tür, die Tor macht weit……”, aus diesem Lied glitzert die adventliche Vorfreude in barocker Opulenz. Allerdings waren die Umstände nicht so zum Freuen. Der Dreißigjährige Krieg hatte die deutschen Gebiete erfasst. Der Pfarrer Georg Weissel dichtete die Strophen für eine Kircheneinweihung und bezog sich dabei auf Psalm 24, in dem heißt es in der Übersetzung Martin Luthers “Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe”. Das Lied ist eines der beliebtesten Adventslieder in den christlichen Kirchen.
“Lieb Nachtigall, wach auf”, ein Weihnachtslied aus dem 17. Jahrhundert war ein Weckruf an den Vogel, der zur Krippe fliegen und mit den Kindern musizieren sollte.
Leipzig 1868: Dem Musikprofessor Carl Riedel geht partout die Melodie eines alten böhmischen Wiegenliedes nicht aus dem Kopf. Aber der Text ist mühsam und schwer verständlich. Kurzerhand nimmt er sich ein böhmisch-deutsches Wörterbuch und textet eines der bekanntesten Weihnachtslieder “Kommet Ihr Hirten”. Carl Riedel freute sich riesig über die geglückte Neufassung, denn die konnte er dann auch perfekt für seinen Chor nutzen. Der nach ihm benannte Gesangsverein machte dieses Weihnachtslied schnell populär. In vielen englischsprachigen Ländern wurde es unter dem Titel “Come, All Ye Shepherds” bekannt.
Im Jahre 1815, wollte der Privatgelehrte Johannes Daniel Falk aus Weimar seinen Waisenkindern, die bei ihm Unterschlupf gefunden hatten und die er in seiner Sonntagsschule unterrichtete, eine Freude bereiten. So textete er auf die Melodie des sizilianischen Fischerliedes “O sanctissima” sein “Oh Du Fröhliche”, um es an allen drei Hauptfesten der Christenheit, Weihnachten, Ostern und Pfingsten singen zu können. Erst später wurde es ein reines Weihnachtslied und noch im 19. Jahrhundert wurde es in viele Sprachen übersetzt.
“Maria durch ein Dornwald ging”, die Melodie dieses Liedes ist sehnsüchtig und erzeugt eine mystische Stimmung. Der Text erzählt von der schwangeren Maria, durch die ein Dornenwald wieder Rosen trägt. In der Bibel findet sich dieses Motiv nicht. Der Ursprung dieses Liedes ist nicht bekannt, aber das Lied wurde seit Mitte des 19. Jahrhunderts bei Wallfahrten und im Bistum Paderborn gesungen.
Oberndorf bei Salzburg, 24. Dezember 1818: Die Orgel in der Kirche hat ausgerechnet am Heiligabend ihren Geist aufgegeben. Pfarrer Joseph Mohr ist verzweifelt, denn die abendliche Christmette ohne Musik ist völlig undenkbar. Aber der Dorfschullehrer und Organist aus dem benachbarten Arnsdorf hilft ihm aus der Patsche und vertont schnell das Gedicht des Pfarrers in eine wundervolle Wiegenmelodie für Gesang, Chor und Gitarre, die beide dann im Gottesdienst vortragen. Die Gemeinde ist tief berührt. ”Stille Nacht, heilige Nacht” soll Trost spenden für das neugeborene Kind aber auch für die bedürftige Menschheit, die sich nach Frieden sehnt. “Holder Knabe im lockigen Haar”, das “hold” war absolut nicht scherzhaft gemeint. Im Mittelalter war die “Huld” die Treueverpflichtung zwischen Lehnsmann und Lehnsherr. Hier ist gemeint, dass das Jesuskind den Menschen in Treue viel Gutes tun will. Tiroler Sänger aus dem Zillertal sangen das Lied auf ihren Tourneen durch ganz Europa. Heute ist “Stille Nacht, heilige Nacht” weltweit bekannt und wird in 320 Sprachen und Dialekten gesungen.
Leipzig, 1824: Bei der Vorbereitung der Weihnachtsfeierlichkeiten fand Kantor Anschütz der Leipziger Neukirche nach dramatischer Suche endlich ein trauriges Liebeslied, was ihm gut gefiel aber von einer untreuen Geliebten handelte . Er textete es schnell um in eine Liebeserklärung an einen geschmückten Tannenbaum, der damals schon ein beliebter Weihnachtsbrauch war. “O Tannenbaum, o Tannenbaum”, auch dieses Weihnachtslied wurde weltbekannt in der englischen Fassung “O Christmas Tree” oder der französischen “Mon beau sapin”. Außerdem ist die Melodie im Fan-Gesang des englischen Fußballclubs FC Chelsea.
Das Aufkommen der bürgerlichen Weihnachtsfeiern im 19. Jahrhundert ließ Lieder entstehen, in denen nicht mehr die Geburt Jesu im Mittelpunkt stand, sondern das Weihnachtsfest als solches oder die damit verbundenen Bräuche, wie zum Beispiel die bekanntesten: ”Morgen kommt der Weihnachtsmann”, ”Morgen Kinder wird’s was geben”, “Schneeflöckchen, Weißröckchen“, “Leise rieselt der Schnee” oder ”Kling Glöckchen klingelingeling”.
Durch die fortlaufende Globalisierung und auch Amerikanisierung hielten in den letzten Jahrzehnten immer mehr englischsprachige Weihnachtslieder Einzug in den deutschen Raum. “Joy to the World”, “Santa Claus is coming to town”, “Jingle Bells” und “We wish you a Merry Christmas” kennt mittlerweile jedes Kind.
Das Weihnachtslied “Hark! The Herald Angels Sing” geht auf eine Komposition Felix Mendelssohn-Bartholdys zurück und gilt heute als traditionelles Christmas-Carol. “Deck the halls” (auf Deutsch “Schmückt den Saal mit Stechpalmenzweigen”), eines der beliebtesten Weihnachtslieder der englischsprachigen Welt hat eine eingängige Melodie und einen Refrain, der sich schnell mitsingen lässt, denn die Hälfte des Textes besteht schlicht aus ganz vielen la la la la la la la la la. Die Melodie entstammt einem walisischen Neujahrslied aus dem 16. Jahrhundert, der Text wurde allerdings erst im 19. Jahrhundert hinzugefügt.
In Spanien gab es bereits früh Weihnachtslieder, die fast ausschließlich in der kirchlichen Liturgie eingebettet waren und auf Latein gesungen wurden. Erste Weihnachtslieder sind bereits aus dem 4. Jahrhundert bekannt, wie “Veni redentor gens”. Während der Renaissance entwickelte sich ein weltlicher Zweig des spanischen Weihnachtsliedes, das Villancico. Sein Ursprung reicht zurück bis ins 13. Jahrhundert, als sie noch weltliche Tanzlieder waren , die vom einfachen Volk , den sogenannten villanos zu bestimmten Festen in der Volkssprache und nicht auf Latein gesungen wurden. Eines der bekanntesten villancicos ist zweifellos “Campana sobre campana “
Und jetzt viel Spaß beim Singen!
Von Petra Eissenbeiss, November 2020
Schlagwörter: Europa, Musik