El Carmel: Autor, Buch und Bibliothek
Niemand hat das Stadtviertel El Carmel so eingehend beschrieben wie der Schriftsteller Juan Marsé. Im Roman Ultimas tardes con Teresa („Letzte Tage mit Teresa“) aus den 1960er Jahren setzt der Autor dem Hügel ein beeindruckendes Denkmal. Sein Protagonist Manolo Reyes mit dem Spitznamen pijoaparte, verkörpert einen verruchten doch sentimentalen Typen. Er lebt von Motorraddiebstählen und braust in atemberaubendem Tempo den Monte Carmelo hinauf und hinab durch die engen Gassen seines Barackenviertels zur Stadt, zum Strand oder zur Bar „Las Delicias“.
Im Gegensatz zum Barackenviertel Monte Carmelo lebt das reiche Bürgertum in palastähnlichen Villen im Nobelviertel Sarrià-Sant Gervasi und verbringt den Sommer in ebenso luxuriösen Besitztümern am Meeresufer der Strandorte. Die Kinder dieser wohlhabenden Bürger, sind vom Sozialismus durchdrungen und rebellieren zwar gegen das Franco-Regime, diskutieren aber mit leeren Worten. Während sie Chefposten bekleiden, fristet die Arbeiterklasse ihr Leben in prekären Arbeits- und Lohnbedingungen.
Marsé schaffte es, die hinter der Poesie versteckte Kritik an der Zensur vorbei zu verbergen. Seinen andalusischen Einwanderer, den murciano Manolo Reyes versieht er mit Schönheit und angeborener Eleganz. Diese Vorzüge ausnutzend erschleicht sich Manolo im Villenviertel Sant Gervasi den Zutritt zu einem Fest. Dort will er reiche Mädchen kennenlernen und den Anschluss zu einer ihm verwehrten Welt finden.
Zuerst bändelt er mit Maruja an, die sofort seiner Attraktivität erlegen ist. Dies, ohne zu wissen, dass es sich um das Dienstmädchen der wohlhabenden Familie Serrat handelt. Maruja stirbt nach einem Unfall und langer Agonie. Am Krankenbett kommen sich Teresa Serrat und Manolo nahe. Die Eroberung der schönen, begüterten Studentin und Revolutionärin aus der bürgerlichen Oberschicht ist Manolos Ziel. Seine Liebe zu Teresa ist allerdings ein dem Untergang geweihter Traum, denn die gesellschaftlichen Gegensätze sind schließlich die nicht zu überwindende Realität. Der Roman ist – erzählt in blumiger Sprache- eine schonungslose Sozialstudie aus der Franco-Ära, die noch siebzig Jahre später fasziniert. 2008 wurde Juan Marsé der Cervantes-Preis verliehen. 2020 verstarb er im Alter von 87 Jahren im modernistischen Krankenhaus Sant Pau.
Biblioteca El Carmel – Juan Marsé.
Am 11. Oktober 2003 wird die erste Bibliothek im Standviertel eröffnet. Der Neubau ersetzt den Lesesaal José M. Valverde des Gemeindezentrums Carmel nach jahrzehntelanger Reklamation der Nachbarschaft. Die Bibliothek Juan Marsé ist eine Ehrung des Schriftstellers, der das Viertel unter die Lupe genommen und mit unvergesslichen Personen wie pijoaparte und el Cardenal belebt hatte.
Von Evelyn Patz Sievers, Mai 2025
Schlagwörter: Literatur