Klub Hannah mit Dorothee Orf
Explosion der multilingualen Sprachkommunikation
Im November traf sich der Klub Hannah zum 3. Mal 2022. Fast 20 Frauen waren ins Goethe Institut gekommen, um dem Vortrag zu folgen und ihr Networking zu stärken.
Unsere Referenting/Storytellerin war Dorothee Orf, die vor fast 35 Jahren die Übersetzungsfirma INTERTEXT in Barcelona gegründet hat und uns auf eine Reise durch die Welt der Sprachen mitnahm. Sie ist Mitbegründerin und ehemalige Vorsitzende von ANETI, dem Branchenverband der Übersetzungsunternehmen, und Mitbegründerin von CLUSTERLINGUA, dem katalanischen Cluster der Sprachindustrie. Oft machen wir es uns gar nicht bewusst, in wie vielen Situationen wir auf Übersetzungen treffen. Sie sind in unserem täglichen Leben allgegenwärtig: Romane, Serien, Werbung, Filme, Videospiele, Presse, Gebrauchsanleitungen oder Internet, überall switchen wir in einer international orientierten Metropole wie Barcelona zwischen den Sprachen hin und her und verlassen uns darauf, dass die Übersetzungen verlässlich sind. Manchmal belächeln wir auch Gebrauchsanweisungen, die wohl mit einem automatischen Übersetzungsprogramm gemacht wurden.
Dorothee Orf machte sich nach dem Studium als diplomierte Germanistin und Romanistin nach Barcelona auf, wo Deutsch als Übersetzungssprache sehr gesucht war. Sie rief uns in Erinnerung, wie es in der vordigitalen Zeit aussah: Kopieren war nur mit einem Fotokopierer möglich und für die Kommunikation über große Entfernungen gab es nur das Telefon und das Telex, später das Fax. Und natürlich Briefe. Für die Übersetzung nutzte sie physische Wörterbücher, auf die sie in Universitätsbibliotheken Zugriff hatte, dazu unzählige Handbücher, Broschüren und sogar Kataloge als eine wichtige Quelle für die Terminologie. Wenn es schnell gehen musste, wurden übersetze Texte oft persönlich zum Auftraggeber gebracht, auch wenn es nur um eine halbe Seite ging. Nach einigen Jahren Tätigkeit als selbstständige Übersetzerin und erfolgreicher Ablegung der Prüfung zur beeidigten Dolmetscherin wagte Dorothee Orf den Schritt zur Gründung ihres Unternehmens wo zunächst alles auf ihren eigenen Schultern lag. Übersetzen, Übersetzer für zusätzliche Sprachen finden, Qualität garantieren, Abrechnungen aufsetzen. Die Nachfrage nach Übersetzungen stieg, das Geschäft wurde erweitert und zusätzliche Aufgaben übernommen und Personal eingestellt.
Wie schafft man es, eine große Menge an Informationen in Rekordzeit zu übersetzen? Man braucht nicht nur Übersetzer*innen, sondern besonders Projektleiter, die sich um Vorbereitung, Übersetzung und Nachbereitung kümmern können. Sie kann sich inzwischen auf Hunderte von verlässlichen Freelancer*innen stützen, die sich bei der Zusammenarbeit für die verschiedenen linguistischen Sprachkombinationen und Fachgebiete bewährt haben. Die digitale Revolution bietet immer neue Möglichkeiten, die erlernt und angewandt werden wollen, verlangt aber auch immer schnellere Ergebnisse. Inzwischen werden häufig bekannte, computergestützte Übersetzungstools eingesetzt. Das kann eine große Hilfe sein. Ganze Datenbanken werden wie in anderen Berufen angelegt, damit verwandte Jobs schneller erledigt werden können. Die Qualität solch einer Übersetzung wird am besten gewährleistet, wenn die Texte im Anschluss auch lektoriert werden. Dies gilt speziell auch für die maschinelle Übersetzung, die für bestimmte Textarten eingesetzt, aber trotz einer ständigen Verbesserung dieser Technologien immer noch lektoriert bzw. posteditiert werden muss. Für kreative Texte ist sie immer noch nicht geeignet, denn Maschinen verstehen Metaphern und Bilder nur bedingt.
Auf Dorothees Frage, wie viele aktive Sprachen es heute gibt, hatten wir keine Antwort: Darauf, dass es zwischen 6500 und 7000 sind, sind wir nicht gekommen. Allein bei den 24 Sprachen der Europäischen Union ergeben sich 552 Sprachkombinationen. In unserer globalisierten Welt wird es immer wichtiger, Sprachbarrieren abzubauen. Der Beruf des Übersetzens hat sich in den letzten Jahrzehnten von einer kaum geschätzten akademischen Aufgabe zu einer der treibenden Kräfte der Internationalisierung und Globalisierung entwickelt.
Von Ina Laiadhi, Dezember 2022
Im kommenden Januar machen wir weiter mit unserem Klub. Moderatorin und Datum werden rechtzeitig bekannt gegeben.
Goethe Institut
Carrer de Roger de Flor, 224,
Barcelona.
Schlagwörter: Frauen, Klub Hannah in Barcelona