Spaniens erste anerkannte Medizinerin
Dolors Aleu i Riera
Vor 110 Jahren, am 19. Februar 1913 verstarb in Barcelona Dolors Aleu i Riera, die als erste Frau in Spanien einen Abschluss (mit Auszeichnung) in Me-dizin machte und als zweite Frau den Doktortitel er-hielt.
Zunächst bekam sie keine Erlaubnis zur Approbationsprüfung und musste 3 Jahre darauf warten. Doch am 8. Oktober 1882 promovierte sie in Madrid, vier Tage nach einer anderen Katalanin, Martina Castells Ballespí (Lleida 1852-Reus 1884), die leider früh verstarb. Unter den ersten Frauen, die Medi-zin studierten, war auch María Elena Maseras (Vilaseca, Tarragona 1853-Mahón, 1905), die sich später jedoch nur dem Unterrichten widmete.
So war Dolors Aleu i Riera die Einzige, die auch als Medizine-rin arbeitete. Sie hatte mehr als 25 Jahre ihre eigene Praxis, zunächst in der Rambla del Liceu und dann in der Rambla Catalunya 31. Zusätzlich arbeitete sie unentgeltlich als Allge-meinmedizinerin in Barcelonas Armenhaus, der Casa de la Caritat. Sie spezialisierte sich auf Gynäkologie und Kinder-heilkunde. Zu ihren Patientinnen gehörten nicht nur Mitglie-der der Bourgeoisie, der sie selbst angehörte. Auch arme Frauen bis hin zu Prostituierten wurden von ihr behandelt.
1885 gründete sie zusammen mit Clotilde Cerdà die „Acadèmia per a la il·lustració de la dona”, wo sie als Profes-sorin Haushaltshygiene lehrte und sich von dort aus maßgeb-lich für die Rechte der Frauen einsetzte. Sie verfasste auch Schriften, die darauf abzielten, die Lebensqualität von Frauen zu verbessern, insbesondere im Bereich der Mutterschaft. Sie gab Ratschläge über Erziehung, Sauberkeit, Kleidung und Bewegung und warnte zudem vor den Gefahren sexuell übertragbarer Krankheiten. Bereits in ihrer Doktorarbeit prangerte sie das Korsett der Frau an, das die Atmung und den Kreislauf erschwere sowie zu Ohnmachtsanfällen führen würde.
Dolors Aleu i Riera wurde am 7. April 1857 in Barcelona ge-boren und war das einzige Kind des Generalgouverneurs von Katalonien, Joan Aleu i Vendrell und Eulàlia Riera i Planas. Sie wuchs in einem privilegierten Umfeld auf und wurde von Privatlehrern unterrichtet. Ihr Vater förderte und unterstütz-te sie. Während ihres Studiums an der medizinischen Fakultät in Barcelona bezahlte er ihr sogar zwei Personen, die sie bei ihren Studien begleiteten und beschützten.
1883 heiratete sie Camil Cuyás Martí, der aus einer bürgerli-chen Familie in Barcelona stammte und von Beruf Börsen-makler war. Sie bekamen zwei Söhne, von denen der jüngere in die Fußstapfen der Mutter trat und auch Medizin studier-te. Als junger Assistenzarzt infizierte er sich im Hospital Clinic mit Tuberkulose und verstarb im Alter von nur 21 Jahren.
Dolors Aleu i Riera verkraftete es nicht, dass sie ihrem Sohn nicht helfen konnte. Sie kehrte nie wieder in ihre Praxis zurück, verschloss sich in ihrem Haus in Gràcia, wo sie wenige Jahre später 1913 im Alter von 55 Jahren starb. Es sind nicht viele Aufzeichnungen, Briefe und Fotos von Dolors Aleu i Riera erhalten geblieben, da ihr Mann nach ihrem Tode all diese Unterlagen verbrannt hat. Der Grund dafür ist leider nicht bekannt. Dolors Aleu i Riera ist aber nicht vergessen. Ihre Ur-Ur-Enkelin Núria Cuyàs hat über ihre Geschichte, ihren Kampf gegen das Korsett und für die Selbstbestimmung der Frau das Theaterstück „Barbes de balena“ geschrieben.
Von Gaby Götting, April 2023
Schlagwörter: Frauen, Gesundheit