Wasser in der Musik
Wasser ist ein faszinierendes Element, sei es nun die Quelle, das kleine Bächlein, der reißende Fluss oder das offene, weite Meer. Fast zu jedem Gewässer gibt es passende musikalische Kompositionen.
Das wohl bekannteste “Wasserwerk” komponierte Georg Friedrich Händel mit den drei Suiten HWV 348, 349 und 350, die “Wassermusik”. An einem warmen Sommerabend im Juli des Jahres 1717 besteigen der englische König George I. und einige Staatsgäste eine Barke auf der Londoner Themse. Es geht flussaufwärts in Richtung Chelsea. Auf einem weiteren Boot befinden sich etwa 50 Musiker mitsamt ihren Instrumenten, die den sommerlichen Bootstrip musikalisch begleiten. Sie spielen die eigens für diesen Anlass komponierte “Wassermusik” von Georg Friedrich Händel (1685-1759).
Das Plätschern eines Baches oder ein gewaltiges Gewitter sind Erlebnisse, die sich musikalisch in Ludwig van Beethovens 6. Sinfonie, der ”Pastorale” (Szene am Bach) widerspiegeln.
Besonders produktiv haben die Romantiker auf das Wasser reagiert. Im Wasser haben sie die unergründliche, ewig sich wandelnde Seele gespiegelt gesehen. Nicht selten haben sie das Element mit Nixen bevölkert. Der bekanntesten Wasserfrau “Undine” widmete Carl Reinecke (1824-1910) seine gleichnamige Sonate e-moll für Flöte und Klavier, op. 167. Der Wunsch der Nixe Undine nach einer menschlichen Seele vermischt sich auf typisch romantische Weise mit ihrer Liebe zum Ritter Huldbrand, der sie zugunsten einer Menschenfrau verlässt und ihr damit Glück und Seele raubt.
“In einem Bächlein helle …”
Die Forelle (op. 32 / D 550) ist eines der bekanntesten Kunstlieder von Franz Schubert (1797-1828). Schon die ersten Takte lassen uns das Plätschern des Baches hören, besonders die Klavierbegleitung charakterisiert die Schattierungen der Wellenläufe des Baches. Variationen über sein “Forellenlied” verarbeitete Schubert in seinem Quintett, dem “Forellenquintett”, A-Dur, D667 für Klavier, Violine, Violoncello und Kontrabass. Er ließ den traurigen Moll-Teil weg und gab der Forelle die Freiheit. Das ganze Quintett drückt unbeschwerte Musizierfreude aus, zu der auch der lichte, helle Klang beiträgt. Durch das unbegrenzte Umspielen und Dekorieren des Themas entsteht eine ständige kontrastreiche Abwechslung und macht das Stück zu einem Meisterwerk Schuberts.
Frédéric Chopin (1810-1849) und George Sand verbrachten zur Jahreswende 1838/39 einen gemeinsamen Winteraufenthalt in der Kartause Valdemosa auf Mallorca , um die Lungenkrankheit Chopins auszukurieren. Dort soll das “Regentropfen-Prélude” op.28 entstanden sein. Die Töne imitieren die Regentropfen während eines Unwetters, die auf die Dachziegel der Kartause prasseln.
Barkarolen /Gondellieder
Chopins “Barcarolle” mit dem schaukelnden Rhythmus und der gesanglichen Melodie lässt uns unwillkürlich an Wasser, Ruderbewegungen und Gondolieri denken. Barkarolen, Lieder der venezianischen Gondolieri, meist im 6/8-Takt, wurden von vielen Komponisten aufgegriffen. Gabriel Fauré hat allein 13 Barkarolen komponiert. Bekannt sind die Gondellieder von Felix Mendelssohn-Bartholdy und seiner Schwester Fanny Hensel. Eine der schönsten und berühmtesten ist Jacques Offenbachs “Barcarole” aus “Hoffmanns Erzählungen”. Für viele ist sie das Venedig-Stück an sich.
“Die Moldau”
Meisterhaft beschreibt Friedrich Smetana (1824-1884) mit Tönen das Wasser, den Lauf des Flusses, angefangen mit den beiden Quellen der Moldau, ihren Lauf durch die böhmische Landschaft, das tosende Wasser der Stromschnellen, den breiten Fluss, der majestätisch an der Burg Vyšehrad in Prag vorbeifließt, und der dann in die Elbe mündet.
Franz Liszt (1811-1886), ein Meister farbenreicher Klavierstücke, ließ sich auf seinen vielen Reisen von der Natur und der Kraft des Wassers inspirieren. Zusammen mit der Gräfin Marie d’Agoult besuchte er die Schweiz und am Ufer des Wallenstädter Sees schrieb er für seine Geliebte eine melancholische Harmonie, in der das Seufzen der Wellen und die Kadenz der Ruder imitiert werden: “Au lac de Wallenstadt” aus dem Klavierzyklus “Années de pèlerinage”, première année Suisse. Auf seinen Italienreisen verliebte sich Franz Liszt in die Villa d’Este in Tivoli bei Rom, den Park mit den vielen Springbrunnen und Wasserspielen und den uralten Zypressen. Bei seinen mehrfachen Aufenthalten dort versuchte er, die Stimmungen und Eindrücke, die er empfand, in Klänge auszudrücken. “Les jeux d’eaux à la Villa d’Este” ist eines der bekanntesten Liszt-Stücke, ein musikalischer Springbrunnen und Vorbote des faszinierenden Impressionismus.
Die Partitur enthält ein interessantes Jesus-Zitat aus dem Johannes-Evangelium, mit dem der Komponist das Thema Wasser in religiöse Gefilde rückt: “Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten …“
Von den Wasserspielen von Versailles angeregt wurde Maurice Ravel (1875-1937) zu seinen “Jeux d’eaux” (Wasserspiele), einem der anspruchsvollsten Klavierstücke der Musikliteratur. Er überschrieb sein Werk mit einem Zitat ”Ein Flussgott, der lacht, weil ihn das Wasser kitzelt”. Claude Debussy (1862-1918) hat das Wasser als zentrales Motiv in die impressionistische Musik eingeführt. In “Reflets dans l’eau” (“Images” 1) ist das Licht in eine Wolke von vergoldeten Spiegelungen aufgelöst wie ein halb abstraktes Aquarell. “Die Musik lebt in der Bewegung des Wassers, im Wellenspiel wechselnder Winde, nichts ist musikalischer als ein Sonnenuntergang“. Als Claude Debussy diese Worte aussprach, hatte er bereits die Idee seiner sinfonischen Skizzen über das Meer “La Mer”. Es ist eines der wichtigsten Orchesterwerke des 20. Jahrhunderts, die drei Sätze “Von der Morgendämmerung bis zum Mittag auf dem Meer”, “Spiel der Wellen” und “Dialog zwischen Wind und Meer”. Es herrscht ein scheinbar unendliches Auf und Ab der Klänge, ein Schieben und Zurückweichen der Wellen. Das Stück schließt turbulent mit einem dröhnenden Paukenschlag.
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