20 Jahre Wikipedia
Wer früher zu einem bestimmten Schlagwort Informationen suchte, der schaute im Brockhaus, im Meyer oder in Fischers Taschenlexikon nach. Heutzutage verstauben die Lexika in den Haushalten, bei der jungen Generation existiert überhaupt kein gedrucktes Lexikon mehr. Schließlich gibt es ja das Internet Lexikon „Wikipedia“.
Die Erfolgsgeschichte dieses Online-Nachschlagewerkes begann am 15. Januar 2001 mit dem Gruß von Wikipedia Gründer Jimmy Wales „Hello World“. Jimmy Wales dürfte sich damals nicht im Traum ausgemalt haben, dass heute insgesamt über 50 Millionen Artikel existieren, als er die Plattform zusammen mit seinem Kollegen Larry Sanger gründete. Wikipedia war gedacht auch mit dem Ziel, eine frei zugängliche Online-Enzyklopädie aufzubauen, die von jedermann kostenlos genutzt werden kann.
Dies ergibt sich auch aus dem Namen Wikipedia. Er setzt sich zusammen aus „wiki“, hawaiianisch für „schnell“ und „encyclopedia“. Wikipedia beruht auf dem Wiki-Prinzip. Dies bedeutet: Alle können und dürfen sich an Wikipedia beteiligen. Die Inhalte werden von Ehrenamtlichen zusammengetragen, aufbereitet und zur Verfügung gestellt.
Es schleichen sich auch immer mal wieder Fehler ein. So wurde erst nach Jahren entdeckt, dass der Rhein nicht wie hier verzeichnet 1320 Kilometer lang ist, sondern nur 1230 Kilometer. Allerdings stand der Zahlendreher zuvor auch in gedruckten Lexika.
Die Einträge werden von Tausenden Freiwilligen ständig überprüft und redigiert. Weltweit arbeiten über dreieinhalb Millionen Freiwillige für Wikipedia. Das ist gebündeltes Schwarmwissen. Die meisten Beiträge kommen allerdings von männlichen Autoren. Der Anteil der Frauen liegt nur bei circa 13 Prozent. So gibt es weniger umfangreiche Artikel über Frauen und über für Frauen wichtige Themen. Sue Gardner, Geschäftsführerin der Wikimedia Foundation, hat dies erkannt und unternimmt fortlaufend den Versuch, die Zahl der Redakteurinnen bei Wikipedia zu erhöhen.
Doch alle treibt die Idee an, an etwas Größerem mitzuarbeiten, auf das die ganze Welt Zugriff hat – ohne Urheberrechte, Werbung, Paywall oder Mitgliedsgebühren. Hinter dem Heer der Freiwilligen steht eine relativ kleine Organisation mit Hauptsitz in San Francisco. Die Wikimedia Foundation beschäftigt nur etwa 350 Angestellte und nimmt durch die jährlichen Spenden etwa 120 Millionen Dollar ein. Der deutsche Förderverein kommt auf 80.000 Mitglieder und verfügt über einen Jahresetat von 18 Millionen Euro.
Bis zum 31. Dezember 2020 wurden weit über 55 Millionen Artikel in annähernd 300 Sprachen verfasst. Allein die deutschsprachige Wikipedia umfasst inzwischen über 2,5 Millionen Einträge und belegt Platz vier aller Sprachausgaben. Als erste weitere Sprachausgabe ging sie zwei Monate nach der englischen Wikipedia im März 2001 an den Start. Die deutschsprachigen Seiten werden im Durchschnitt etwa 15 Millionen Mal täglich aufgerufen.
Es kommt immer wieder vor, dass einzelne Diktaturen gegen frei verfügbares Wissen vorgehen. So wurde Wikipedia in China und der Türkei mehrere Jahre blockiert. Im Iran wurde die kurdische Version blockiert, und auch die usbekische Version war eine Zeitlang nicht erreichbar.
In den Anfangsjahren von Wikipedia haben Google und Facebook Millionen aufgewandt, um eine Konkurrenz zu Wikipedia aufzubauen. Dennoch sind ihre Versuche gescheitert, weil ihre Unternehmen mit Werbung und Profit arbeiten. Sie haben keine Community, die das Projekt mit ehrenamtlicher Arbeit und Spenden tragen würde. Zwischenzeitlich unterstützen Google, Yahoo und auch Amazon sogar das Unternehmen mit Spenden in Millionenhöhe. Unzählige Spenden gehen jedoch auch von Privatpersonen ein.
Die Art und Weise wie Wikipedia entsteht, macht diese Enzyklopädie zu einem nie endenden Projekt, das ständig verbessert, erweitert und aktualisiert wird. Es schleichen sich aber auch immer wieder Fehler und Unwahrheiten ein, die nicht oder erst spät von den freiwilligen Kontrolleuren berichtigt werden. So sollte man sich für eine gute Recherche nicht unbedingt nur auf Wikipedia verlassen.
Gedruckte Lexika, die man konsultieren könnte, gibt es kaum noch. 2012 gab die “Encyclopedia Britannica” bekannt, fortan nur noch digital erscheinen zu wollen, und auch der im deutschsprachigen Raum bedeutsame “Brockhaus” zog 2014 ins Digitale um. Sie haben den Ruf, seriös zu sein, aber gegen den Giganten Wikipedia haben sie einen schweren Stand.
Von Gaby Goetting, Februar 2021
Schlagwörter: Moderne Welt