Die Bäume unseres Waldes – eine Auslese der Laubbäume
Der Ahorn
Der Ahorn gehört zu den knorrigsten und urigsten Gesellen des Bergwaldes. Uralten Bergahornstämme, die im Herbst mit ihren leuchtend gelben Blättern im Sonnenlicht aus den Mischwäldern lachen. Die Nadelbäume unserer Bergwälder sind froh und dankbar für den Nachbarn Ahorn. Er ist in der Lage, so manche Einseitigkeit auszugleichen. Seine Blätter bilden in höheren Regionen, in denen die Buche nicht mehr hinaufwachsen mag, den kostbarsten Humus. Seine Wurzeln gleichen die flache Bewurzelung der Fichte aus, sie erschließen viel tiefere Erdschichten der Berghänge und die jungen, zuckerhaltigen Triebe sind für alle vierbeinigen Waldbewohner einer der größten Leckerbissen des Jahres.
Der Ahorn kann viele Jahrhunderte überdauern und bildet eines der kostbarsten und härtesten Hölzer. Seit vier Jahrhunderten wird der Ahorn für den Geigenbau genutzt. Schon der Geigenbauer Stradivari wusste die außerordentliche Qualität des Ahornholzes zu schätzen.
In Nordamerika wird der Zucker-Ahorn zur Gewinnung von Ahornsirup genutzt. Dafür schlägt man in die Rinde des Baumes eine kleine Schneise, um den auslaufenden Saft mit Schläuchen aufzufangen. Für Kanada stellt der Ahornbaum sogar ein nationales Symbol dar. Auf der Nationalflagge ist ein rotes Ahornblatt abgebildet, welches die weitläufige Natur Kanadas symbolisiert.
Die Eiche
Die Zahl der verschiedenen Eichenarten schwankt zwischen 600 und 1000. Auffallend ist ihr genial ausgeklügeltes Wurzelsystem. Eine flache Wurzelschicht, die knapp unter der Erdoberfläche verbreitet wird, nutzt im Frühjahr die erste Wärme und die Sauerstoffzufuhr. Darüber hinaus wird eine viel kräftigere Pfahlwurzel tief in das Erdreich hinabgetrieben. Dort unten gibt es auch in heißen, trockenen Klimaregionen im Sommer Feuchtigkeit. Dieses System nutzt die knappen Ressourcen bestens und ermöglicht das Wachstum mächtiger Baumriesen. 1000 Jahre alte Eichen sind zwar selten, aber nicht unüblich. Auch erdzeitgeschichtlich liegt die Eiche ganz vorne. Belegt sind Fossilfunde von mindestens 10 Millionen Jahren. Alles an diesem Baum wirkt dauerhaft und kraftvoll. Eigenschaften, aus denen wir Menschen Geduld und Kraft schöpfen können. Durch ihre majestätische Erscheinung wird sie auch als “Königin des Waldes” bezeichnet. Unter der Eiche wurden viele Jahrhunderte lang Urteile gesprochen. Die der Eiche zugesprochenen Eigenschaften sollten sich positiv auf die Gerechtigkeit der Urteile auswirken.
Die Eiche war bei den Kelten und Germanen ein heiliger Baum und auch die Plätze, an denen sie standen, galten als heilig. Die Germanen weihten den Baum dem Gott Thor. Die Griechen weihten die Eiche dem Zeus. Auch für die Römer war die Eiche bedeutsam, denn sie banden aus ihren Blättern die “corona civica”, die sogenannte Bürgerkrone, eine hohe Auszeichnung für militärische Dienste. Seit dem 18. Jahrhundert gilt die Eiche als der deutsche Nationalbaum.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870 – 1871) wurden überall in Deutschland Friedenseichen gepflanzt. Das geschah in der Hoffnung, dass der Frieden zwischen den Ländern so lange gewahrt bleiben möge, wie ein Eichenbaum lebt.
Im Herbst verliert sie ihre Blätter und ihre Früchte, die Eicheln, die von Wildschweinen geliebt und von Eichhörnchen und Wühlmausen als Wintervorrat gesammelt werden.
Das Holz der Eiche ist ein wertvolles Nutzholz und wird gerne für Möbel und Parkettböden verwendet. Auch verrottet Eichenholz nicht, solange es ohne Sauerstoff dauerhaft unter Wasser gehalten wird. So sind zum Beispiel in der niederländischen Stadt Amsterdam die Häuser entlang der historischen Grachten komplett auf Eichenpfählen errichtet. Auch die Hamburger Speicherstadt wurde auf Hunderten von Pfählen aus Eichenholz erbaut. Eichenholz ist auch für Flüssigkeiten dicht, aber gleichzeitig atmungsaktiv. Deshalb reifen Wein, Whisky und Cognac am besten in Eichenfässern.
Eine der ältesten Eichen in Europa steht in Bad Blumau in der österreichischen Steiermark. Ihr Alter wird auf über 1200 Jahre geschätzt. In dem Ort Granit in Bulgarien steht eine weitere Eiche, die mit angegebenen 1640 Jahren wohl als ältester Laubbaum Europas und als älteste Eiche der Welt gilt.
Als älteste Eiche von Deutschland gilt die sogenannte Femeiche, die in Erle im Kreis Borken in der Nähe der Pfarrkirche zu finden ist. Ihr Alter liegt zwischen 600 und 850 Jahren. Bis zum 16. Jahrhundert wurden unter ihr die Femegerichte abgehalten.
Die Buche
Sie wird wegen des rötlichen Holzes auch Rotbuche genannt. Ihrem Namen “Mutter des Waldes” macht sie alle Ehre. Buchenlaub ist ein Wundermittel für karge Böden. Die Buche sorgt für gute Humusbildung und gründet tiefe, nährstoffreiche Böden für den ganzen Wald. Ihre mächtigen Herzwurzeln dringen in tiefe Erdschichten vor und schützen mit ihrer festen Verankerung auch die flachwurzelnden Fichten vor der Gewalt des Sturmes. Buchen verdunsten an heißen Tagen unglaubliche Wassermengen, bis zu 500 Liter pro Tag und Baum, und können so das ganze Waldklima ausgleichen und verbessern.
Eine 150-jährige Buche zum Beispiel produziert täglich rund 11.000 Liter Sauerstoff, das entspricht etwa dem Tagesbedarf von 26 Menschen. Die Buche zählt zu den größten Energiebäumen der Europäischen Wälder.
Eine Besonderheit der Buche ist die Tatsache, dass das Laub im Herbst nicht abfällt. Es vertrocknet zwar, bleibt aber oft bis zum Austrieb der neuen Blätter am Baum hängen.
Die Buche war bei den Germanen der Baum der Göttin Frigg, Gemahlin Odins, Trägerin des Lebens und Beschützerin der Ehe. Buchenwälder waren zur Zeit der Kelten und Germanen weit verbreitet. Ihnen scheinen die nach der Christianisierung entstandenen Kathedralen nachempfunden zu sein. Der Buchenwald mit seinen gewölbten Kronen, seiner Stille und dem gedämpften Licht war ein heiliger Ort. Im Rauschen der Blätter vermeinten die Weisen das Raunen der Götter zu vernehmen. Und was die Götter verkündeten, das ritzten sie mit Runen in die Rinde der Buche oder in Buchenstäbe. Darauf ist unser Wort Buchstabe zurückzuführen. Ein Druide warf eine Hand voll Buchenstäbe auf ein Tuch, nahm drei der Stäbe heraus und deutete sie. Auf diese Weise verrieten die Buchen Verborgenes und wurden zum Verkünder des göttlichen Willens. Die Bedeutung der Buche muss einst in der Bevölkerung groß gewesen sein, denn noch heute gibt es rund 1500 Ortsnamen, die auf die Buche zurückzuführen sind.
Die Früchte der Buche, die Bucheckern bereicherten in Notzeiten den Speiseplan der Menschen. Die gerösteten Samen wurden zu Mehl gemahlen oder als Kaffeeersatz verwendet.
Sie enthalten viel Öl, so wurde Buchenöl auch zum Kochen verwendet oder auch als Lampenöl genutzt.
Die Esche
Mit ihrer Fähigkeit, Extreme zu verbinden, ist die Esche ein Symbol für starke Willenskraft. Für das Wachstum der Esche ist der Wassergehalt des Bodens entscheidend. Nur mit ausreichender Versorgung gedeiht der Laubbaum. Weiterhin kann sie ihr Wachstum alleinstehend besser entfalten, da die Buche ihr als Nachbar das nötige Sonnenlicht sowie viele Nährstoffe aus dem Boden raubt. Die Esche zählt mit der Wuchshöhe von bis zu 40 Metern und mehr zu den größten Bäumen Europas. Die Blütezeit der Esche stellt eine Besonderheit dar. Sie erfolgt noch vor dem Blattaustrieb. Somit blüht der Laubbaum schon recht früh von März bis Mai.
Eschenholz ist sehr wertvoll und war für die Möbelindustrie schon seit Jahrhunderten ein wichtiges Holz, denn es ist besonders elastisch und biegsam, gleichzeitig aber sehr hart.
Im Mittelalter wurde es aufgrund seiner Eigenschaften gerne für Lanzen, Speere und
landwirtschaftliches Gerät verwendet. Heute stellt man Sportgeräte wie Bögen daraus her, die eine besondere Biegsamkeit erfordern oder verarbeitet es zu hochwertigen Möbeln und Bodenbelägen.
Die getrockneten Blätter der Esche können außerdem als Tee bei Rheuma und Gicht, Blasen- und Nierenleiden sowie Fieber verabreicht werden.
In der nordischen Mythologie spielt die Esche als Weltenbaum eine zentrale Rolle. Diese immergrüne Esche, deren Krone bis weit in den Himmel ragt und deren Wurzeln tief unter die Erde eindringen erhielt den Namen “Yggdrasil”, die Weltenesche, die Himmel und Erde verbindet und als Symbol für das Leben gilt.
Die Birke, der Pionierbaum
Die Birke ist mit ihren herabhängenden Zweigen ein schöner, anmutiger und eleganter Baum und ist leicht an ihrer typisch schwarz-weißen Rinde zu erkennen. Das Wort Birke stammt von dem indogermanischen Wort “bherek“ ab, das so viel wie hell und glänzend bedeutet und sich auf die weiße Rinde bezieht. Weil Birken nicht über Insekten, sondern ausschließlich über den Wind bestäubt werden, geben sie im Vergleich zu anderen Bäumen große Mengen an Pollen frei. Sowohl diese effektive Vermehrung als auch die geringen Bedürfnisse, die eine Birke an ihre Umwelt stellt, sind die Gründe weshalb Birken als Pionierpflanzen gelten. Beim Besiedeln neuer Lebensräume sind junge Birken unersetzlich.
Die Birke ist der Baum der Fantasie. Bei den Germanen war sie ein heiliger Baum, der den Frühling und die Jugend symbolisiert. Schon damals holten die Menschen im Frühling eine Birke aus dem Wald und stellten sie mitten im Dorf auf. Daraus entstand auch das Brauchtum der Maibäume, die noch heute in West- und Süddeutschland, begleitet von einem großen Fest, auf einem zentralen Platz in Dörfern oder Städten aufgestellt werden.
Die Tradition der Liebesmaien ist ebenfalls in etlichen Regionen sehr beliebt.
So werden kleine junge Birken oder Birkenzweige, bunt geschmückt, in der Nacht zum 1. Mai von unverheirateten Männern vor die Häuser ihrer Angebeteten gestellt.
Das Holz der Birke verströmt im Innenausbau das Flair von skandinavischer Lebensfreude.
Die Extrakte aus den Blättern und der Rinde der Birke sind wertvolle Pflanzenstoffe, die in der Kosmetik zur Pflege von Haut und Haar eingesetzt werden. Medizinisch können sie entzündungshemmend wirken, und bei Entgiftungskuren ist der Birkenblättertee unersetzlich.
Von Petra Eissenbeiss
Schlagwörter: Europa, Gesundheit, Umwelt