Ei, Ei, Ei – und der Osterhase
Ei-gentlich stand am Anfang meiner Überlegungen die Frage, warum ausgerechnet ei-n Hase die Oster-eier bringt. Es ist leicht ei-nsehbar, dass Ei-er das Zeichen für neues Leben sind und für Christen sind sie daher das Symbol für die Auferstehung Jesu von den Toten. Aber Ei-er sind viel mehr als das!
Nehmen wir das Überraschungs-Ei. Die piemontesische Firma Ferrero produzierte schon vor 1972 für den einheimischen italienischen Markt Riesenschokoladeneier für das Osterfest, die mit “Überraschungen” gefüllt waren. Diese Eier waren sehr groß und wunderschön dekoriert. Dank William Salice, einem der engsten Mitarbeiter von Unternehmensinhaber Michele Ferrero, wurde die Produktion auf das ganze Jahr ausgedehnt, um „ganzjährig Ostern feiern zu können“.
Ab 1972 wurden die Überraschungseier in der bekannten wesentlich kleineren Form in Italien und ab 1974 auch in Deutschland angeboten. Die “Überraschung” im Inneren des Schokoladeneis besteht aus einer meist handbemalten Figur oder zusammenbaubaren Spielzeugen. Die erste handbemal-te fortlaufende Figuren-Serie war zwischen 1981 und 1983 die Schlumpf-Serie: „Erkennst du deinen Schlumpf“. Davor gab es bereits andere Hartplastikfiguren, die ebenfalls hand-bemalt ins Ei kamen, so beispielsweise Figuren von Robin Hood, Alice im Wunderland und weitere Walt-Disney-Serien.
Ähnlich wie bei Briefmarken gibt es bei den Überraschungseiern Preiskataloge, die jährlich aktualisiert werden. Manche Sammlerstücke erreichen schon die 6500-Euro-Marke! Und viermal im Jahr gibt es eine Überraschungseier-Börse in Dreieich in der Nähe von Frankfurt.
Das italienische Überraschungsei hat allerdings einen Vorgänger, nämlich das Fabergé-Ei des russischen Zarenhofes. Der entsprechende Wikipedia-Artikel listet 63 kaiserliche Überraschungseier auf, die nach dem Modell der Matrioschka-Figur gestaltet waren: Im größeren äußeren Ei war ein kleineres versteckt, in diesem ein noch kleineres usw. Alle Eier und “Überraschungen” waren aus wertvollsten Materialien, Gold, Diamanten, Rubinen usw.
Da es in Russland Tradition war, sich zu Ostern, dem wichtigsten Fest der orthodoxen Kirche, geschmückte Eier und drei Küsse zu schenken, entwickelte sich der Brauch, je nach Wohlstand der jeweiligen Familie an Stelle von gewöhnlichen Hühnereiern symbolische Eier aus kostbaren Materialien zu verschenken. 1885 schenkte Zar Alexander III. seiner Gattin Maria Fjodorowna (Dagmar von Dänemark) das erste Ei, das er bei seinem Hofschmied Fabergé in Auftrag gegeben hatte, und fortan jedes Jahr ein weiteres Ei aus Fabergés Atelier.
Mit der Oktoberrevolution 1917 war diese Serie beendet. Das erste Fabergé-Ei, das seitdem jemals wieder im Moskauer Kreml Einzug hielt, war 1991 das „Gorbatschow-Friedens-Ei“, das dem ehemaligen Präsidenten der Sowjetunion anlässlich seiner Verleihung des Friedensnobelpreises überreicht wurde, zu sehen im Schwabacher Eier-Museum (bei Nürnberg).
Apropos: Ein weiteres überraschendes Ei ist das sogenannte Nürnberger Ei, eine Taschenuhr mit Federwerk in einer ovalen Hülle. In Nürnberg arbeiteten im Mittelalter die weltweit besten Handwerker und Feinschmiede. Oft wird die Erfindung dieser Uhr dem Nürnberger Feinmechaniker Peter Henlein zugeschrieben, welcher allerdings kugelförmige Uhren baute und keine ei-förmigen.
In der griechischen Mythologie spielen Eier ebenfalls eine wichtige Rolle. Zeus schwängerte die Königstochter Leda. Doch auch Ledas Mann schlief in dieser Nacht mit ihr. Sie gebar zwei Eier mit vier Kindern: Von Zeus Helena – die schönste Frau der antiken Welt – und Polydeukes (Pollux), von ihrem Mann Tyndareos Klytamnästra und Kastor. Zeus’ Kinder waren unsterblich, die anderen dagegen sterblich. In einigen Versionen ist es nur Helena, die aus einem Ei schlüpft, in anderen werden Kastor und Polydeukes aus demselben Ei geboren und gelten deshalb als unzertrennlich.
Ostereier-Museen gibt es übrigens außer in Schwabach auch in Wangen (im Allgäu) und im sorbischen Elsterheide. Die sorbischen Ostereier werden besonders sorgfältig an-gemalt, ebenso wie die Eier in anderen slawischen Ländern. In meiner Heimat Oberfranken hingegen sieht man um diese Jahreszeit in allen Dörfern Osterbrunnen. Mit Tausenden von ausgeblasenen und bemalten Ostereiern wird jeweils der größte Brunnen eines Ortes geschmückt und der schöns-te in einem Wettbewerb gekürt.
Ach ja, das Eigentümlichste hätte ich fast vergessen: Insbesondere bei deutschen Frauen, die im Ausland leben, ist der Eierlikör sehr beliebt. Warum eigentlich? Ausgerechnet dieses Oma-Likörchen! Um erläuternde Zuschriften wird gebeten.
Und warum nun der Hase? Früher durften die Menschen in der Fastenzeit keine Eier essen, sodass sie sich während des Frühjahrs ansammelten. Die katholische Kirche weihte diese Eier und sie wurden zum Zeichen ihrer Weihe eingefärbt. Protestantische Familien aus Frankreich (Hugenotten) begannen im 16. Jahrhundert die Eier zu verstecken, damit sie sie essen konnten, denn im Protestantismus war Fasten freiwillig und die Eierweihe nicht bekannt. Um dennoch erklären zu können, woher die Eier kamen, dachten sich die Familien den Hasen aus. In manchen Regionen waren es allerdings der Fuchs, der Hahn, der Kuckuck oder sogar fliegende Kirchenglocken, die die Eier brachten. 1682 beschrieb der protestantische Arzt Johannes Richier aus Frankfurt in seiner Doktorarbeit den süddeutschen und elsässischen Brauch, dass ein Osterhase die Eier lege und verstecke, woraufhin die Kinder sie suchen müssten. (Er fand das natürlich lächerlich!) Der Osterhase wurde im 19. Jahrhundert schließlich der Favorit in Kinderbüchern und Familienzeitschriften – vermutlich aufgrund seines schnuckeligen Aussehens und der Käfighaltung der Kaninchen.
Den Müttern aller Eier muss schließlich mit den Worten von Joachim Ringelnatz gedankt werden: Ach, ich könnte alle Hennen küssen / Die so langgezogene Kugeln legen.
Von Katharina Städtler, März 2024
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Schlagwörter: Frauen Europa, Kultur, Traditionen