Jahreszeiten in der Musik
Die “Vier Jahreszeiten” op. 37a von Peter Tschaikowsky.
Eigentlich handelt es sich um zwölf Monate. In ihnen sieht Tschaikowsky das Symbol für den unaufhaltsamen Wandel der Zeiten, das ewige Werden und Vergehen. Jedes Stück besitzt ein literarisches Motto aus Gedichten russischer Lyriker. Tschaikowsky hat die typischen Stimmungen und Szenarien der jeweiligen Monate musikalisch umgesetzt. So gehört zum Beispiel der Januar “Am Kamin” den winterlichen Träumereien, während der März mit dem “Lied der Lerche” den Frühling ankündigt. Im Juni wird das “Venezianische Gondellied” zeitweise von dunklen Wellen untermalt, stellt aber eine schmeichelnde Melodie in den Vordergrund. Im September wird eine Jagd (“Jagdlied”) musikalisch dargestellt. Die “Troikafahrt” im November schildert die Sehnsucht und die Schwermut des Menschen aber auch gleichzeitig das winterliche Treiben. Mit Glöckchengeläut entfernt sich dann die Troika und es kommt im Dezember Vorfreude auf Weihnachten im Walzertakt auf.
“Die Jahreszeiten”, Joseph Haydns berühmtes Oratorium ist die Fortsetzung des wesentlich bekannteren Werkes “Die Schöpfung” und setzt den Jahreslauf des ländlichen Menschen und seine Tätigkeiten musikalisch in Szene. In einem Dorf aufgewachsen, kannte er die Natur und das einfache Bauernleben auf dem Land. Die Orchestereinleitung stellt den Übergang vom Winter zum Frühling dar. “Komm, holder Lenz”. Ensembles und Chöre preisen die erwachte Natur nach einem stürmischen Winter. “Sie steigt herauf, die Sonne … Der Aufgang der hellen Sonne geht über in einen schwülen Sommertag, der in einem bedrohlichen Gewitter endet, das vom Chor schon angekündigt wurde. Der Sturm ebbt ab, ”Die düstren Wolken trennen sich“ und am Ende liegt Frieden über der Landschaft.
Den Herbst bestimmen Jagd und Weinlese und das freudige Gefühl einer reichen Ernte. Der Chor stimmt in den Jubel der tanzenden Weinbauern ein “Juchhe, juchhe der Wein ist da”.
Der Winter wird eingeleitet mit der Arie “Nun senket sich das blasse Jahr“. Joseph Haydn zieht Parallelen zwischen dem Winter und dem Altern der Menschen. Zum Schluss bittet das Terzett mit dem Doppelchor um Mut und Stärke “dann bricht der große Morgen an”.
“Le quattro stagioni” von Antonio Vivaldi
Vivaldi, in Venedig wegen seiner roten Haare auch der “rote Priester” genannt, landete mit seiner wohl bekanntesten Komposition des Barock “die Vier Jahreszeiten” op. 8 den “Hit” schlechthin. Kein anderes Werk der Barockzeit wird so häufig gespielt und so unterschiedlich interpretiert, ob sinfonisch ausgerichtet mit Anne-Sophie Mutter und den Wiener Philharmonikern unter Herbert von Karajan oder eher kammermusikalisch auf historischen Instrumenten aber auch sehr eigenwillig und modern von Nigel Kennedy und dem English Chamber Orchestra.
Vivaldi schrieb seine Jahreszeiten nach Sonetten, in denen sich der Komponist einen Reim machte auf haarkleine Details typischer Naturerscheinungen im Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Meister der Affektmalerei und musikalischer Charakterisierungen imitiert Vivaldi in allen vier Konzerten Naturerscheinungen wie säuselnde Winde, heftige Stürme, Gewitter, Quellengemurmel oder Regenrauschen. Weitere typisierte musikalische Darstellungen finden sich bei der Jagd im “Herbst” (dritter Satz) mit ihrem von den Violinen nachempfundenen Klang der Jagdhörner. Sehr bildhaft sind auch die schnellen Figuren der Solovioline, die das fliehende Wild darstellt. Meisterhaft verdeutlicht Vivaldi in den Sturm-Szenen das An- und Abschwellen des Sturmes durch unruhige, wellenförmig auf- und absteigende Violinfiguren.
Vollendet ist die musikalische Darstellung des wilden Schwirrens der Fliegen und Mücken im “Sommer” (2. Satz) oder das Zähneklappern im “Winter” (1. Satz)
“Die Jahreszeiten” von Astor Piazzolla
Der argentinische Komponist Astor Piazzolla ließ sich von Vivaldis Werk so beeinflussen, dass er einen eigenen Jahreszeitenzyklus mit dem Titel “Las Estaciones Porteñas” komponierte. (Porteñas nennen sich die Einwohner von Buenos Aires). Piazzolla verarbeitete in seiner Suite den Tango Nuevo mit Einflüssen von Strawinski, Hindemith und Bartok und weitet die Stimmführung durch Jazzharmonien aus.
Von Petra Eissenbeiss, August 2021
Dossier Zeit, TS 147
Schlagwörter: Kultur