Königin der Kriminalliteratur

Agatha Christie schuf ein Universum unvergesslicher Figuren
Wer kennt sie nicht, die etwas verschrobene, ältere, völlig uneitle Miss Marple und den gewitzten Hercules Poirot, die beide auf ihre eigene Art auch die verzwicktesten Kriminalfälle lösen und den Leser bis zum Schluss in Atem halten. Agatha Christie, die Schöpferin dieser Figuren, wäre am 15. September 130 Jahre alt geworden.
Sie wurde 1890 in Torquay im Südwesten Englands geboren. Als drittes Kind und Nesthäkchen genoss sie die besondere Aufmerksamkeit ihrer Eltern und wurde in jungen Jahren zu Hause von ihrem Vater unterrichtet. Schon früh entdeckte man ihr Talent zum Schreiben, als sie mit 11 Jahren ein Gedicht in der Lokalzeitung veröffentlichte. Als ihr Vater unerwartet starb, geriet die Familie in Geldnot, es reichte jedoch noch zum Besuch verschiedener Mädchenpensionate.
Einige Jahre später begann Agatha ein Musikstudium in Paris. Dieses brach sie aber zu Beginn des ersten Weltkriegs ab. Sie wechselte zum britischen Roten Kreuz und arbeitete später in einer Apotheke. Hier lernte sie viel über Medikamente und Gifte. Dieses Wissen fand man später auch in ihren zahlreichen Werken wieder.
Agatha Christie selbst äußerte sich nie über die Beweggründe ihres mysteriösen Untertauchens, auch nicht in ihren Memoiren.Im Jahre 1914 heiratete sie Archibald Christie, einen Piloten der Luftwaffe. Fünf Jahre später bekamen sie ihre Tochter Rosalind. Im Jahre 1920 veröffentlichte Agatha Christie dann ihren ersten Kriminalroman, 1926 folgte der zweite. Im selben Jahr starb ihre Mutter. Zudem betrog ihr Mann sie mit seiner Golfpartnerin. Nach einem heftigen Ehestreit verschwand sie spurlos. Polizei und Öffentlichkeit suchten sie. Man fand ihr Auto abgestellt an einem See und sie selbst nach 11 Tagen in einem Hotel in Harrogate, wo sie unter dem Namen der Geliebten ihres Mannes abgestiegen war.

Margaret Rutherford gab Miss Marple einen ganz besonderen Touch
Trotz mehrerer Versöhnungsversuche wurde die Ehe 1928 annulliert. Um diese Schicksalsschläge zu verarbeiten, entschloss sich Agatha Christie zu einer Reise in den Nahen Osten. Dort begegnete sie dem Archäologen Woolley, der ihre künftigen Werke inspirieren sollte.
Auf einer weiteren Reise lernte sie ihren zweiten, 14 Jahre jüngeren Mann, Max Mollowan, kennen, auch ein Archäologe, den sie häufig auf seinen Ausgrabungen begleitete. Sie war mittlerweile mit ihren Büchern so erfolgreich, dass sie die Expeditionen mitfinanzieren konnte. 1971 wurde sie von Königin Elizabeth II. in den Adelsstand erhoben und nannte sich fortan Lady Mollowan. Ein Jahr später erhielt sie eine weitere Auszeichnung der schwedischen Kriminalakademie. Posthum sollten noch viele Auszeichnungen folgen.
In den Jahren 1973 bis 1974 schrieb sie ihren letzten Roman: Alter schützt vor Scharfsinn nicht. Am 12. Januar 1976 verstarb sie im Alter von 86 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.
Mit mehr als 66 Kriminalromanen, Kurzgeschichten und Theaterstücken hat sie Millionen Menschen unzählige unterhaltsame Stunden bereitet. Ein Großteil ihrer Romane wurde auch verfilmt, und immer wieder gibt es neue Produktionen. Miss Marple und Hercules Poirot lösen auch heute noch in aller Welt in Fernsehserien ihre spannenden Fälle.
Ihr Stück Die Mausefalle, das bis 2020 täglich in London aufgeführt wurde, ist das am längsten ununterbrochen laufenden Theaterstück der Welt. Wegen der Coronakrise wurde der Rekord unterbrochen; die letzte Vorstellung fand bis auf weiteres am 16. März 2020 statt.
Es heißt, dass ihre Kriminalromane, Bühnenstücke und Kurzgeschichten die meistverkauften Werke nach der Bibel sind. Dies von einer Autorin, die von sich sagte, sie sei sehr gerne Hausfrau, die halt nebenher Krimis schreibe.
Von Gaby Götting, September 2020
Buchtipps:
Barbara Sichtermann, Agatha Christie: Biografie, Hamburg, Osburg Verlag, 2020;
Juan José Montijano Ruiz, El Universo de Agatha Christie, Diabolo Ediciones S.L., 2019
Schlagwörter: Biografisches, Literatur